Landkreis Ludwigsburg Vor 50 Jahren: Aus für LEO und VAI

Von Uwe Mollenkopf
  Foto: Werner Kuhnle

Am 1. Januar 1973 entstand der Landkreis Ludwigsburg in seiner heutigen Form. Nachbarkreise wurden dazu aufgelöst. Kreischef wurde Ulrich Hartmann, zunächst noch als Amtsverweser.

Vor 50 Jahren wurden die Grenzen im Land neu gezogen. Mit dem Inkrafttreten der Verwaltungsreform am 1. Januar 1973 verschwanden auch in der hiesigen Region mehrere Landkreise, während der Landkreis Ludwigsburg zur heutigen Größe anwuchs und rund 100 000 Einwohner zusätzlich erhielt. Zuvor hatten die Vertreter der aufgelösten Altkreise vergeblich um den Erhalt ihrer Eigenständigkeit gekämpft. Zusammen mit der Gemeindereform von 1971/72 habe die Kreisreform die Verwaltungsstruktur stärker verändert und modernisiert „als jede Verwaltungsreform früherer Jahrzehnte beziehungsweise Jahrhunderte“, stellt Wolfgang Schmierer im Buch „Der Landkreis Ludwigsburg“ von 1994 fest.

Der Landkreis Ludwigsburg vor der Reform war in der NS-Zeit entstanden. 1934 waren in Württemberg die vorherigen Oberämter in Kreise umbenannt worden, 1938 war deren Zahl von 61 auf 34 Landkreise sowie drei Stadtkreise reduziert worden. Die überwiegenden Teile der Kreise Besigheim, Marbach und Ludwigsburg gingen im Landkreis Ludwigsburg auf.

Altkreise werden aufgeteilt

Die Reform Anfang der 70er-Jahre war das Werk der Großen Koalition aus CDU und SPD, die von Dezember 1966 bis Juni 1972 unter Hans Filbinger (CDU) als Ministerpräsident und Walter Krause (SPD) als Innenminister regierte. Nach vorausgegangenen kontroversen Diskussionen sah das am 26. Juli 1971 beschlossene Kreisreformgesetz für die hiesige Region vor, dass die bisherigen Nachbarkreise Ludwigsburgs, Vaihingen/Enz und Leonberg, aufgelöst und ihre Städte und Gemeinden teilweise dem Kreis Ludwigsburg zugeschlagen werden sollten.

Aus dem Kreis Vaihingen waren dies die Stadt Vaihingen selbst sowie Sersheim, Oberriexingen, Eberdingen und die Gemeinden im Kirbachtal, die mit der Stadt Sachsenheim vereinigt wurden. Aus Leonberg kamen Hemmingen, Korntal-Münchingen, Ditzingen und Gerlingen hinzu. Außerdem gab es kleinere Gebietsabrundungen, indem Gronau (aus dem Kreis Heilbronn) zu Oberstenfeld und Rielingshausen (aus dem ebenfalls aufgelösten Kreis Backnang) zu Marbach kamen und damit ebenfalls Teil des Landkreises Ludwigsburg wurden. Vormals dem Kreis Backnang zugehörig war auch Affalterbach.

In den Altkreisen gab es dagegen heftigen Widerstand, auch deshalb, weil sie durch die Neuordnung zerstückelt wurden. Vom Landkreis Vaihingen (Autokennzeichen VAI) etwa kam der westliche Teil zum neugebildeten Enzkreis, der östliche Teil zu Ludwigsburg. Der Altkreis Leonberg (LEO) wurde zwischen Böblingen und Ludwigsburg aufgeteilt. „LEO darf nicht sterben“ lautete damals ein weit verbreiteter Slogan. Die Befürworter hingegen argumentierten, angesichts einer wachsenden Bevölkerung und wachsenden Aufgaben für die Verwaltung seien größere und schlagkräftigere Einheiten nötig, wenn es um die Durchführung von überörtlichen Aufgaben auf den Gebieten Abfall, Verkehr, Schulen oder Krankenhäuser gehe. Verwaltungswissenschaftler hatten Mindestgrößen errechnet, nach dem Schema: 7000 Einwohner für ein Kopiergerät.

Landrat als Amtsverweser

Im Kreis Ludwigsburg wurde zur Umsetzung der Reform im Vorfeld ein Koordinierungsausschuss gebildet, der drei Mal tagte. Im September 1972 fand dann die konstituierende Sitzung des neuen, erweiterten Kreistags im Ludwigsburger Ratskellersaal statt. Dieser hatte noch vorläufigen Charakter, indem alle Kreisverordneten aus den neu hinzugekommenen Gemeinden, die bisher ein Mandat innehatten, übergangsweise mit Stimmrecht vertreten waren. Die Zahl der Kreisräte erhöhte sich dadurch von 78 auf 111. Erst im Frühjahr 1973 sollte dann der neue Kreistag für den „Großkreis“ gewählt werden. So lange amtierte Dr. Ulrich Hartmann, der Landrat des Altkreises Ludwigsburg, auch nur als Amtsverweser, zu dem ihn die konstituierende Sitzung im September 1972 mit einer Mehrheit von 75 zu 15 Stimmen bei 15 Enthaltungen und einer anderen Namensnennung bestimmte.

In der Sitzung sagte Karl-Heinz Lüth, Bürgermeister von Sachsenheim und Chef der SPD-Fraktion, man habe mit Bewunderung und Respekt den Einsatz der Abgeordneten aus den Nachbarkreisen zur Erhaltung ihrer Landkreise verfolgt. Er hoffe, dass sie auch im neuen Kreis mit dieser Vehemenz an die Arbeit gehen würden.

Ulrich Hartmann meinte, der Kampf der Kreise Leonberg und Vaihingen „um den Fortbestand dieser wohlsituierten und gut arbeitenden Gebietskörperschaften werde seine Nachwehen noch haben“. Gleichwohl werde die Zeit die Wunden heilen, Kreisgrenzen seien letzten Endes nur Formalien.

Krankenhäuser im Fokus

Hauptanstrengung des bisherigen Kreises Ludwigsburg habe der Krankenversorgung gegolten, sagte Hartmann. Der erste Bauabschnitt des Ludwigsburger Krankenhauses war 1969 fertiggestellt worden, der Grundstein für den zweiten Abschnitt war im April 1972 gelegt worden. Verhältnismäßig neu sei die Berufsschulträgerschaft. Mit Blick auf die neuen Gebiete gelte es, Leistungen und Lasten gerecht zu verteilen.

Rückblickend erklärte der gebürtige Ditzinger Günther Oettinger 1993 bei seinem Ausscheiden aus dem Ludwigsburger Kreistag, obwohl seine Heimatgemeinde als Teil des Altkreises Leonberg unter der Verwaltungsreform gelitten habe, könne man inzwischen sagen, dass der neue Kreis Ludwigsburg eine intakte Gemeinschaft geworden sei, in der die Interessen aller Kreisbürger angemessen vertreten würden.

Kennzeichen kehren zurück

Und ein kleines Stück der einstigen Identität in den Altkreisen kam dann vor einiger Zeit wieder zurück, indem die früheren Autokennzeichen VAI (2014) und LEO (2013) wieder zugelassen wurden. Für viele gehe damit ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung, sagte der damalige Vaihinger Oberbürgermeister und Kreisrat Gerd Maisch nach der Abstimmung über die Zulassung von VAI im Kreistagsausschuss.

Gefeiert wird an drei Tagen im Juni

Sitz
 des Ludwigsburger Landratsamtes war ab März 1957 das neu erbaute Gebäude in der Stuttgarter Straße 53 (heute Agentur für Arbeit). In dem mit Datum vom 1. Januar 1973 geschaffenen „Großkreis“ wurde bald auch ein größeres Gebäude nötig. Es entstand in der Hindenburgstraße 40 und wurde 1982 bezogen. Später folgten Erweiterungen.

Sein 50-jähriges
Bestehen in heutiger Form feiert derLandkreis Ludwigsburg im Jahr 2023 laut Pressesprecher Dr. Andreas Fritz mit einem Tag der offenen Tür im Kreishaus und „Jubiläumsfeschd“ im Park des Gesundheitsdezernats am 23. Juni (mit der Band „Die Höhner“) und am 24. Juni sowie einem „Klimafest“ am 25. Juni. Die Öffentlichkeit sei dazu eingeladen. um

 
 
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