Lesekompetenz auf dem Prüfstand Zurück zum gedruckten Buch

Von Gabriele Szczegulski
Die Schulbibliothek der Ellental-Gymnasien ist eine Außenstelle der Otto-Rombach-Bücherei Bietigheim-Bissingen und wird von Bibliothekarin Astrid Vetter (links) geleitet. Schulsozialarbeiterin Elfriede Steinwand unterstützt sie.⇥ Foto: Helmut Pangerl

Die Schulbücherei der Ellental-Gymnasien ist die einzige im Landkreis, die von der Stadt betreiben wird. Bibliothekarin Astrid Vetter will die Lesekompetenz fördern.

Wenn das Homeschooling und der Lockdown vorbei sind, müssen wir zurück zum gedruckten Buch“, sagt Bibliothekarin Astrid Vetter, die die Schulbibliothek der Ellental-Gymnasien als Zweigstelle der Bietigheimer Otto-Rombach-Bücherei leitet. Und Vetter hat gute Gründe, warum das Buchlesen dem Online-Lesen vorgezogen werden soll. Eine ganz neue Studie zu „Lesekompetenzen in einer digitalen Welt“ haben deutschlandspezifische Ergebnisse des Pisaberichts „Lesen im 21. Jahrhundert“ ergeben, dass Druckbücherleser mehr Lesekompetenz haben sowie eine größere Merkfähigkeit.

Online lesen ist wie selten lesen

Die Studie fand heraus, dass in Deutschland systematische Leistungsunterschiede zwischen Schülerinnen und Schülern, die Bücher lesen und denen, die digital dasselbe lesen, bestehen. Schüler, die hauptsächlich am Computer oder E-Book lesen, haben, so die Studie, genauso wenig Lesekompetenz als Schüler, die selten oder nie Bücher lesen. Deswegen empfiehlt die Studie, diese Lesekompetenz im Unterricht wieder gezielt zu fördern – und zwar mit dem Lesen von gedruckten Büchern. Buchleser haben mehr Aufmerksamkeitsbewusstsein, können sich mehr merken, Rückschlüsse ziehen, Querverbindungen erkennen.

„Das ist eine der größten Aufgaben in der Nach-Corona-Zeit, dass wir die Schülerinnen und Schüler wieder zurück zum gedruckten Buch führen, dass ihnen automatisch mehr Grundkompetenzen in der Sprache, Wortschatz, Wissen und Merkfähigkeit gibt“, sagt Vetter. Um dieses „Zurück zum gedruckten Buch“ zu bewerkstelligen denkt die Bibliothekarin sich schon jetzt gemeinsam mit Schulsozialarbeiterin Elfriede Steinwand Strategien für die Zeit nach Corona aus.

Die Schulbibliothek in den Ellental-Gymnasien ist seit 2013 eine Zweigestelle der städtischen Otto-Rombach-Bücherei, Astrid Vetter deren Leiterin. Damit ist die Schulbücherei der Ellental-Gymnasien die einzige im Landkreis, die professionell durch eine Bibliothekarin geführt wird und mit eigenem Medienetat der Kommune ausgestattet ist, sowie durch den Verbund mit einer großen Bücherei viel besser agieren kann. „Das gibt einige Vorteile für den Bestand der Schulbibliothek, die dadurch immer sehr aktuell ausgestattet ist sowie auf Schüler- und Lehrerwünsche eingehen kann“, sagt Vetter.

Vor allem aber ist sie täglich geöffnet und somit für die Schüler ein „niederschwelliges Angebot“, so Vetter. „Die Schüler haben während der Öffnungszeiten von 7.30 bis 16. 30 Uhr immer einen Ansprechpartner.“ Vetter selbst hat nur eine Halbtagsstelle, aber sie wird von den Jugendbetreuern der Ganztagsbetreuung unterstützt und von Sozialarbeiterin Elfriede Steinwand.

Aktionen nach dem Lockdown

Um vor allem nach dem Lockdown die Schüler wieder ans Lesen eines gedruckten Buches zu bekommen, nachdem sie seit Monaten auf den Computer angewiesen sind, überlegt das Büchereiteam sich schon jetzt Strategien. „Es geht vor allem auch darum, mit den Lehrern eng zusamenzuarbeiten und den Schülern zu zeigen, was wir alles für Bücher dahaben“, sagt Vetter. Und Steinwand erklärt, dass die Bücherei jede Menge Bücher zu ihren Präventionskonzepten bereithalte. Büchertische zu speziellen Themen, Kursen, Prüfungsaufgaben oder Informationen zum Studium werden aufgebaut. In jeder Klassenstufe macht Vetter Kurse und Workshops auch zu Themen wie „Kindersuchmaschinen“, Wie google ich richtig?“, Wikipedia“ und „Fake News“. Dabei, so Vetter, „zeige ich aber auch die passenden Bücher, denn oft wird man da schneller und besser fündig“.

Zudem sollen Bücherlisten von lesenswerten Büchern den Kindern Geschmack aufs Lesen und für den Unterricht geben, und so hat die Schulbibliothek auch immer angesagte Buchreihen parat, wie derzeit die „Warrior Cats“, zu denen es auch eine Verlosung von Devotionalien gab. „Alles, was die Schüler dazu bringt, Bücher zu lesen, ist gut“, sagt Vetter, die auch auf einer Schulplattform Bücher vorstellt.

Aktiv auf die Schüler zugehen

„Wir müssen auch aktiv auf die Schüler zugehen“, sagt Elfriede Steinwand. Ideen für Aktionen nach dem Lockdown gebe es viele, sagt sie, wie einen Büchergarten, Ausstellungen zu Büchern oder Lesungen. Es sei nicht so, dass sie die Online-Recherche verteufele, so Vetter, aber Schülerinnen und Schüler würden laut der Studie durchs Internet abgelenkt, schweiften ab, überlesen vieles, lesen nur die Hälfte oder weniger.

Mit den Lehrern sei sie in engem Kontakt, empfehle ihnen gemeinsames Lesen, Vorlesen lassen und Lesekisten für den Unterricht mit Büchern aufzustellen. Wenn sie daran denke, dass in vielen Schulen die Büchereien eher stiefmütterlich behandelt werden, mache sie sich Sorgen um. „Wir könnten uns viel besser vernetzen, ich berate auch gerne andere Schulen, fachliche Kompetenz ist sehr wichtig, wenn die Kinder zum Bücher lesen gebracht werden sollen“, so Vetter.

 
 
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