„Live am Viadukt“ Ganz Pur: Hits und Hymnen

Von Jörg Palitzsch
Pur gaben auf der Bühne bei „Live am Viadukt“ am Freitagabend alles. Ihre Fans dankten es ihnen mit viel Applaus und Energie. Foto: /Oliver Bürkle

Mit einem musikalischen Querschnitt aus den letzten vier Jahrzehnten beschert die Popband Pur 15.000 Fans unter dem Viadukt kollektive Glücksgefühle.

Nach der ausverkauften Hallentour im letzten Jahr setzt Pur unter dem Motto „Persönlich – Unter freiem Himmel“ mit über weiteren 20 Terminen zur Open-Air-Tour an. Die Tour führt unter anderem auf die Insel Norderney, nach Berlin, München und Füssen. Bietigheim-Bissingen stand am Freitag nach Emmendingen mit am Anfang der Tournee.

Praktisch ein Heimspiel, bei dem die Band auf dem Festplatz am Viadukt vor 15.000 Fans bekannte Hits und Hymnen bot. Das Konzert war, wie sollte es anders sein, schnell ausverkauft.

Mehr als nur „Best of“

In Stimmung gebracht von der Musikerin Franziska Kleinert, die unter anderem für die Musikschule Bietigheim-Bissingen im Rahmen von „Bibi Pop“ ein Musical geschrieben hat, sowie dem A-cappella-Quintett „Füenf“, die bereits 2016, 2019 und 2022 als Pur-Support dabei waren, bot die Speerspitze der deutschsprachigen Popmusik allerdings nicht nur einen nostalgischen Best-Of-Abend. Zudem muss man Frontmann Hartmut Engler und seinen Musikern zugestehen, keinerlei Anlaufschwierigkeiten zu haben. Der Motor einer der dienstältesten Bands im Ländle stottert nicht und läuft, dank hochprofessioneller Arbeit im Hintergrund und auch bestens ausgeleuchtet vom ersten Track an wie geschmiert.

Während man bei der letztjährigen Hallentour zum Auftakt mit dem Song „Keiner will alleine sein“ noch einmal die Widrigkeiten der Corona-Pandemie in den Blick nahm, eröffnete die Band am Freitag Punkt 20.45 Uhr mit dem selbstbewussten Opener „Wir sind immer noch da“.

Neben den aktuellen Songs wie „Persönlich“, „Laune“ und „Voll sein“ wurden im ersten Teil vor allem Hits wie „Freunde“, „Seiltänzertraum“ und „Hör gut zu“ vom Publikum frenetisch gefeiert. „Bitte lieber Gott“ zelebrierte Engler als Friedenslied, während Matthias Ulmer dabei seine Herkunft von Anyone’s Daughter nicht verleugnen konnte.

In einem Medley setzte Pur mit dem Klassiker „Bis der Wind sich dreht“, veröffentlicht 1987, ein aktuelles politisches Zeichen. Und auch „Indianer“ musste sein – trotz aller Diskussionen um diesen Begriff, weil der Song zum umfangreichen Songbook der Band gehört. Im zweiten Teil dann die ganz großen Hits wie „Funkelperlenaugen“, „Ich lieb dich“, zum Beginn auf Bietigheim-Bissingen gemünzt, und „Hab mich wieder mal an dir betrunken“, Vom Publikum lautstark und voller Hingabe mitgesungen sowie mit Überraschungsgast Ingo Reidl am Klavier.

Songs gewinnen an Kraft

Die Songs gewinnen durch die Livesituation viel an Kraft, es wird deutlich spontaner gespielt und damit ein anderes Feeling erzeugt. Aktuelle Stücke und die Hits aus der langen Bandgeschichte hielten den ganzen Abend zusammen und bescherten jedem Fan ein warmes Glücksgefühl, welches viel weiter trägt, als die Frage nach dem Geschmack. Pur kann süß wie Zuckerwatte sein, dann wieder tiefgründig, ernsthaft bitter und oft zum Weinen schön.

Die Band vermittelt immer noch den Glauben an Freundschaft, an bedingungslose Liebe und damit an eine bessere Zukunft. Pur haben auch unter dem Viadukt ganz persönlich in ihre musikalische Welt eingeladen, die sich im Lauf der letzten 40 Jahre zwar immer wieder verändert hat, vor der sie aber kontinuierlich Neues zu erzählen wissen.

Dreh- und Angelpunkt auf der Bühne war und ist Frontmann Hartmut Engler, der die 15.000 stets fest im Griff hatte, seine Arthrose-Erkrankung zeigte sich nur, weil er immer wieder auf einem Hocker Platz nahm. Wie das Alter und Krankheiten allerdings an einem nagen können, zeigte er kurz zusammen mit Ingo Reidl bei dem Song „Ein graues Haar“, beide gingen am Stock auf der Bühne. Beiden zur Seite stehen Joe Crawford am Bass und Schlagzeuger Frank Dapper, die stets am stabilen Fundament des Pur-Sounds arbeiten. Matthias Ulmer an den Tasten stattet das Repertoire der Band mit vielen melodiösen Farben aus, während Rudi Buttas und Severin von Sydow für den Doppel-Gitarren-Sound stehen. Ebenfalls dabei: Cherry Gehring, der Unterstützung am Mikrofon und am Keyboard lieferte.

Fester Platz in der Popszene

Gegen Ende ganz großes Pur-Kino. „Drachen sollen fliegen“ erfüllte den Festplatz, Engler wurde von Franziska Kleinert im Duett unterstützt. Die „Füenf“ flankierten den Song „Zu Ende träumen“ mit der Textzeile, die den Zusammenhalt zwischen Band und Publikum beschwor: „Wir halten zusammen, im Lächeln und im Weinen“. Mit der Hymne „Lena“ endete schließlich ein Konzert, mit dem Pur ihre starke Präsenz im Pop-Musik-Zirkus erneut gefestigt haben.

 
 
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