„Hier entsteht ein neuer Löchgauer Nagel“, erklärte Jochen Haubold: Schon von weitem war das Hämmern aus der alten Dorfschmiede zu hören gewesen, die nächstes Jahr ihr 100-jähriges Bestehen feiert – „ausnahmsweise“, erklärte der Schmied, denn normalerweise müssen Schallschutztür und -fenster geschlossen bleiben.
Löchgau Besondere Schätze rund um das Rathaus
Beim Löchgauer Kunsthandwerkermarkt gab es ganz besondere Kunstwerke zu entdecken.
„Löchgau ist ein Dorf mit Nagelgeschichte“, erinnerte er, den Nagel in der Hand, in dessen Kopf er entsprechend ein „L*“ eingravierte. Auf einen anderen, eine Bestellung, kam eine „75“. An Hand der Nägel erklärte er den Besuchern des Kunsthandwerkermarktes die Schmiedetechniken: Strecken, Stauchen, Abschroten, Ausschmieden, Härten – insgesamt habe sich daran in den letzten 2000 Jahren auch wenig geändert, lacht Haubold.
Ein paar Meter weiter, vorbei an Armbrustschießen, Seifen und Dekorationsartikeln, stehen Bilder mit einer unebenen Oberfläche. Sie sind mit Wachs gemalt, eine relativ unbekannte Technik, erklärt Thomas Hartlieb. Encaustic, das Wachsmalen, sei von den Möglichkeiten her jedoch „ein Fass ohne Boden“, sagt der Künstler, der auch Kurse anbietet. Holz, Papier und Tapeten kommen als Materialien infrage, man kann mit Schablonen arbeiten. Er und seine Mitarbeiterin Martina Holler legen oft vor Beginn der Arbeit Technik und Bild fest – „und dann machen wir was ganz anderes“, lacht Hartlieb.
Seltene Technik
Nach dem Auftragen des erwärmten Wachses kommt das Maleisen zum Einsatz: es sieht aus wie ein Reisebügeleisen und erwärmt die Farbe – feinste Linien lassen sich so erzeugen, „eine seltene Technik“, so der Künstler.
Vorbei an furchterregenden Türwächter-Masken, Taschen und geröstetem Kaffee wurde „pflanzliches Elfenbein“ angeboten: Die Tagua-Nuss aus Ecuador wurde am Stand von Eva und Marcel Porta zu Schmuck verarbeitet. Hart aber leicht, ist sie ein vorzügliches Material: Große Perlen wiegen fast nichts. „Es gibt schon tolle Materialien“, stellt Marcel Porta fest und hält eine Kette hoch. Hier ist Seeigel verarbeitet. Daneben liegen Perlen aus Recyclingglas aus Ghana, die dort in kleinen Öfen aus Flaschen geschmolzen werden – keine zwei sahen gleich aus. Auch das leichte Lumbang-Holz und Buri-Samen verarbeiten die beiden – ausschließlich zu Unikaten, die an dem Stand angeboten wurden: „Wir versuchen, nicht das zu machen, was andere machen.“
Gitarren aus Zigarrenkisten
„Oma, kriege ich eine Gitarre, auch wenn ich nicht spielen kann?“, wurde am Stand von Roland Anger gefragt. Ganz besondere Gitarren gab es da, nämlich gefertigt aus Zigarrenkisten. Die Idee der Cigar-Box-Guitars (CBG) kommt aus den USA des 19. Jahrhunderts. Als dort um die Jahrhundertmitte die Armut grassierte verband man die Zigarrenkiste mit einem Stock und drei Saiten (bei mehr müsste man den Hals verstärken) – fertig war eine vollwertige Gitarre.
„Wenn man das richtig macht, kommt immer ein Ton raus“, erklärt Anger lachend. In der Great Depression lebten die Instrumente wieder auf, viele Blues-Größen griffen auf ihnen das erst mal in die Saiten. Und so kam auch Anger zu den CBG, der eigentlich auf Youtube nur nach einem Blues-Song gesucht hatte. Und dann hat er sich einfach selber eine gebaut, erzählt er. 2016 war das, seither hat er mehr als 50 hergestellt. Zwischen einem Tag und einer Woche braucht er dafür.
Ebenfalls handgearbeitet war das Karussell einen Stand weiter: eine Projektarbeit des CVJM Löchgau, das für den Markt extra umgesetzt wurde. Jonathan Lung