Es ist eine breite Mischung von versierten Antiquaren mit langjähriger Berufserfahrung und jüngeren Einsteigern, die sich alljährlich bei der Antiquaria in der Ludwigsburger Musikhalle treffen, so auch am Wochenende. Bis heute gibt es kollegiale Offenheit und freundschaftlichen Umgang miteinander. „Wir wollten schon in den ersten Jahren neben dem Handel mit Büchern und Grafiken uns auch um den Erhalt der Buchkultur kümmern“, so Organisatorin Petra Bewer im BZ-Interview.
Ludwigsburg „Die Antiquaria ist ein großes Schaufenster“
Ein Interview mit Antiquaria-Organisatorin Petra Bewer über Sammler, Anforderungen, Erwartungen und die Zukunft der Antiquariatsmesse.
Wie hat sich die Ludwigsburger Büchermesse Antiquaria im Laufe der Jahre entwickelt, und was macht sie heute so besonders?
Petra Bewer: Die Antiquaria wurde vor 39 Jahren als Möglichkeit gegründet, auch als Nicht-Verbandsmitglied und ohne die dazu vorgeschriebenen drei Bürgen an einer Messe auszustellen. Es war anfangs ein Treffen von meist jungen, innovativen Antiquarinnen und Antiquaren – fast alle Quereinsteiger, auch „Aussteiger“ mit Ablehnung des Karrieredenkens ohne klassische Ausbildung in Antiquariaten. Wir galten als unkonventionell, unsere Preise waren moderat und das Angebot breiter. Im Laufe der Jahre sind die Ausstellenden älter geworden, neue hinzugekommen und eine jüngere Sammlerschicht hat die Antiquaria für sich entdeckt.
Was unterscheidet die Antiquaria von anderen Buchmessen?
Zunächst die Atmosphäre in der schönen Architektur der Musikhalle, verbunden mit dem individuellen Standaufbau, der jegliche Sterilität manch anderer Messen vermissen lässt. Es entsteht eine „Wohnzimmeratmosphäre“ zum Wohlfühlen, was auch zum unbefangenen Austausch beiträgt. Ebenso ist die Ausstellerzahl, im Gegensatz zu anderen Messen, stabil. Die Antiquaria ist meines Wissens die einzige Antiquariats-Messe mit einem Rahmenthema, das wir uns seit 2009 jährlich wechselnd geben. Und sicher auch die einzige Messe, die im Katalog alle Ausstellenden auf Porträtseiten zeigt.
Wie entscheiden Aussteller, welche Werke sie auf einer Messe wie der Antiquaria präsentieren?
Man versucht zum einen, auf die zu erwartenden Besucher abgestimmt, Bücher für sie mitzunehmen. Zum anderen hängt es auch vom Ankauf ab. Man wählt entsprechende interessante Objekte aus, für die man Käufer zu finden hofft: möglichst etwas Besonderes, Seltenes, Spannend-Interessantes. Und möglichst auch Angebote zum Rahmenthema.
Wie hat sich die Nachfrage nach antiquarischen Büchern in den letzten Jahren verändert?
Seit 1995 gibt es Internetplattformen für antiquarische Bücher, die bis Anfang unseres Jahrhunderts so riesig angewachsen sind, dass die Nachfrage nach antiquarischen Büchern vor allem dort stattfindet. Nach den seltenen Büchern wird dort eher weniger gesucht. Die Nachfrage außerhalb des Massen-Angebots auf den Plattformen geht schon längst hin zu Einzelstücken, Unikaten, etwa durch Widmung, und seltenen Titeln in sehr gutem Zustand.
Welche Art von Besucher zieht die Antiquaria typischerweise an?
Sammler und Sammlerinnen aus Deutschland, Europa und der Welt mit ihren Schwerpunkten, die aus ihren Gebieten neue Bücher entdecken wollen. Kollegen und Kolleginnen aus den verschiedensten Ländern, die für ihre Kunden „frische Ware“ finden möchten. Ebenso Bibliothekare und Bibliothekarinnen, die ihre Bestände ergänzen möchten und den Gesprächsaustausch mit den Antiquaren suchen.
Welche Rolle spielt die Ludwigsburger Antiquaria für die Erhaltung und Wertschätzung von Büchern als Kulturgut?
Durch das Verschwinden von Ladengeschäften hat die Antiquaria die besondere Aufgabe, das alte Buch, die alte Grafik in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu bringen. Hier können die Bücher angefasst werden, es ist ein lockerer und unbefangener Umgang mit antiquarischen Büchern. Nicht alles ist in Vitrinen „gefangen“, man kann und darf und soll „anfassen“. Die Antiquaria ist als ein großes Schaufenster dafür zu sehen – und mit der medialen Aufmerksamkeit kann dies in die Breite vermittelt und sichtbar werden.
Welche Trends oder Herausforderungen sehen Sie für die Zukunft des Antiquariatsmarkts und für Veranstaltungen wie die Antiquaria?
Wie sich das Sammlerverhalten und das Kaufverhalten entwickeln werden ist schwer vorherzusagen. Vieles hängt davon ab, welchen Stellenwert der Kultur im Allgemeinen zukünftig auch von Seiten der Politik beigemessen wird.
Gedrucktes ist nicht so leicht zu verändern, Fakten können in Büchern nicht so ohne weiteres verändert werden, auch Fehler bleiben sichtbar. Wichtig ist und bleibt: Sammlerinnen und Sammlern Hilfe und Unterstützung anbieten, ihr Sammelgebiet zu finden und zu festigen. Das ist für alle Seiten eine Bereicherung – und ist immer schon die Grundlage für die Erhaltung des Antiquariatsmarktes und vor allem der Messen.