Ludwigsburg Frauenhandball-Länderspiele: Zwei gute Gradmesser

Von bz
Markus Gaugisch (rechts) trägt zum ersten Mal bei einem Länderspiel in Deutschland die Verantwortung für die deutsche Auswahl – und dann gleich in der Region, in der er täglich arbeitet. Foto: /Marco Wolf

Die deutsche Nationalmannschaft startet mit Länderspielen gegen Ungarn in Ludwigsburg und Polen in Heidelberg ins WM-Jahr. Bundestrainer Gaugisch freut sich doppelt auf die Partien.

Im vergangenen Sommer hat Markus Gaugisch die deutsche Frauenhandball-Nationalmannschaft als Trainer übernommen. Nun feiert er seine nächste Premiere: zum ersten Mal finden Länderspiele mit ihm in der Verantwortung an der Seitenlinie in Deutschland statt – und dann gleich noch in seiner Heimatregion im Südwesten. Die Deutschen treffen am Freitag (19.30 Uhr/Sportdeutschland.tv) in der Ludwigsburger MHP-Arena auf Ungarn und zwei Tage darauf am Sonntag (15 Uhr/Sportdeutschland.tv) im Heidelberger SNP-Dome auf Polen. „Das ist Heimspiel im Quadrat. Wir spielen nicht nur erstmals in Deutschland mit mir als Trainer, sondern dann auch in der Region, in der ich tagtäglich arbeite und in der ich aufgewachsen bin“, erklärt Gaugisch. „Diese besondere Situation gibt den besonderen Kick.“

Volle Konzentration auf Spiele

Groß Zeit, seinen Spielerinnen die Schönheiten der Region zu zeigen, hat der Bundestrainer allerdings nicht. „Für die schöne Region – und das ist sie – gibt es leider wenig Zeit. Der Tagesablauf ist voll mit Handball“, erklärt Gaugisch. Täglich stehen zwei Trainingseinheiten „mit hoher Intensität“ auf dem Programm. Dazwischen ist viel Pflege angesagt. „Da wir so selten zusammen sind, führen wir auch viele Gespräche, in denen wir uns taktische Ideen miteinander anschauen und uns untereinander abstimmen, wie wir final spielen wollen“, berichtet der Coach.

Der Bundestrainer hat allerdings auch das Gefühl, dass seine Spielerinnen voll konzentriert am Montag zum Kurzlehrgang vor den Länderspielen nach Ludwigsburg angereist sind. „Jede Minute, die wir bisher im Training oder in Besprechungen hatten, war aktiv. Ich habe das Gefühl, dass alle mit dem Vorsatz hier angekommen sind, Vollgas zu geben“, berichtet Gaugisch.

Denn vor dem Nationalteam liegt noch viel Arbeit. „Basierend auf der guten Deckung, die im Vorfeld auf die EM im Fokus stand, wollen wir nun unser Offensivspiel verbreitern“, erklärt Gaugisch. Bisher konzentrierten sich die Deutschen viel auf Isolationen und nutzten da ihre Stärken. „Nun wollen wir alle Positionen mit einbeziehen, um schwerer ausrechenbar zu sein und die Verantwortung auf mehrere Schultern zu verteilen“, erzählt der Coach. Denn: „Wir sind sowohl individuell als auch mannschaftlich noch lange nicht am Limit sind. Es gibt noch viele Bereiche, in denen wir uns verbessern können“, ergänzt Gaugisch.

Der Gradmesser sind die besten Handball-Nationen. „Die Top vier – Schweden, Norwegen, Dänemark und Frankreich – sind in der Lage, ihr Spielsystem je nach Anforderungsprofil in den 60 Minuten zu verändern und unterschiedliche Deckungsformationen zu spielen. Vor allem die Französinnen haben da unfassbare Qualität – stellen einen immer wieder vor neue Aufgaben“, analysiert der Bundestrainer. „Und alle Teams sind offensiv fähig, unterschiedliche Impulse zu setzen – sowohl kreativ auf Durchbruch zu setzen als auch mit anderer Besetzung mehr gebundenes Spiel zu zeigen und Rückraumaktionen zu generieren.“

Die großen Ziele sind zunächst die Weltmeisterschaft anfang Dezember dieses Jahres in Dänemark, Norwegen sowie Schweden, für die sich Deutschland in einem Playoff-Hin- und Rückspiel gegen Außenseiter Griechenland Anfang April noch qualifizieren muss, und dann die Olympischen Spiele 2024 in Paris. „Wir haben alle großen Hunger auf Olympia, wo die Frauen zuletzt ein paar Mal nur zuschauen durften“, erklärt Axel Kromer, Vorstand Sport beim Deutschen Handball-Bund (DHB). „Dafür gilt es, sich sowohl im Training als auch in den Liga- und Pokalspielen weiterzuentwickeln und Wettkampfhärte zu bekommen. Und mit guten Auftritten wollen wir auch als Nationalmannschaft, aber auch individuell weiterkommen.“

Teams mit guten Rückraumreihen

Eine erste sehr gute Standortbestimmung sind die beiden Länderspiele gegen Ungarn und gegen Polen im Rahmen eines Drei-Länder-Turniers. „Das sind Spiele, die uns weiterbringen. Wir müssen an unsere Leistungsgrenze, um erfolgreich zu sein“, berichtet Gaugisch. „Es geht darum, dass wir die Wucht, die Ungarn aus dem Rückraum im Normalfall entwickelt, stoppen können. Das ist ein guter Einstieg, um die Basics in der Verteidigung wieder aufzubauen. Und mit Polen treffen wir auf einen Gegner, der sehr gefährlich ist. Die Polinnen sind flexibel – sieben gegen sechs, normales Spiel – und agieren sehr körperlich betont. Dazu haben sie gute Rückraumreihen.“

Aktuelles DHB-Aufgebot für die beiden Länderspiele

Tor: Katharina Filter (Kopenhagen Handbold/Dänemark), Isabell Roch (SC Ramnicu Valcea/Rumänien), Sarah Wachter (Sport-Union Neckarsulm).

Außen: Amelie Berger (HSG Bensheim/Auerbach Flames), Jenny Behrend, Antje Döll (beide SG BBM Bietigheim), Johanna Stockschläder (Thüringer HC).

Kreis: Meike Schmelzer (HC Dunarea Braila/Rumänien), Maxi Mühlner (Buxtehuder SV), Lisa Antl (Borussia Dortmund).

Rückraum: Emily Bölk, Alicia Stolle (beide Ferencvaros Budapest/Ungarn), Xenia Smits, Julia Maidhof (beide SG BBM Bietigheim), Mia Zschocke (Storhamar Elite/Norwegen), Alina Grijseels (Borussia Dortmund), Annika Lott (Thüringer HC), Marie Michalczik (HSG Blomberg-Lippe), Viola Leuchter (TSV Bayer 04 Leverkusen).

 
 
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