Ludwigsburg Mangel macht zu schaffen

Von Jörg Palitzsch
Der Maler- und Lackierermeister Sven Männer auf der Baustelle. Er beklagt Materialmangel bei Dämmstoffen sowie Farben und rechnet auch künftig mit höheren Preisen.  ⇥/ Foto: Helmut Pangerl

Es fehlt nicht nur an Holz. Auch Maler, Sanitär- und Heizungsbauer, Fließenleger, Dachdecker sowie Zweiradmechaniker müssen den Mangel verwalten.

Im Handwerk gab es in Bezug auf das Material jahrelang eine feste Regel: Heute liefern, morgen verbrauchen, übermorgen zahlen. Mittlerweile gibt es Materialengpässe, die Handwerksbetrieben stark zu schaffen machen. Nicht nur weil die Verzögerungen der Lieferungen zu Unsicherheiten bei der Planung und Ausführung der Gewerke führen, sondern auch bei der Finanzierung und Abrechnung. Es herrsche „Management by Zufall“, so Gerd Kistenfeger, Pressesprecher der Handwerkskammer Region Stuttgart.

Das Thema Materialmangel werde bei den Handwerkern und den Innungen derzeit heftig diskutiert. Besonders eng sei es für Zimmerei- und Baubetriebe, die kaum noch Schnittholz bekommen, welches in unterschiedlichen Schnittarten als Balken, Bretter und Latten verwendet wird. Bislang sei dieses Holz auf Tagesbasis und zu kalkulierbaren Preisen abrufbar gewesen. „Jetzt ist nichts mehr verfügbar und die Preise nicht mehr festzumachen“, so Kistenfeger. Fazit: So könne man die Angebote nicht mehr abarbeiten. Der Grund für das Ausbleiben von genügend Holzlieferungen sind  große Lieferanten aus dem Schwarzwald, dem Bayerischen Wald und europäische Betriebe, die ihr Material  nach China schicken, von wo aus es  teilweise weiter auf den amerikanischen Markt geht, wo die hohen Preise ebenfalls bezahlt werden. Kistenfeger fordert deshalb die Politik auf, für eine Regulierung der Transportwege zu sorgen, damit die heimische Wirtschaft über genügend Material verfügen könne.

Aber nicht nur Holz ist Mangelware, so Kistenfeger weiter. Materialengpässe gibt es auch im Sanitär- und Heizungshandwerk, hier fehlt es an Rohren, bei Fliesenlegern, weil Fliesen aus Italien nicht geliefert werden, bei den Dachdeckern und im Malerhandwerk.

Wie schwierig die Materialbeschaffung ist, erlebt derzeit Maler- und Lackierermeister Sven Männer. Das Hauptproblem sei die Beschaffung von Dämmstoffen. Die Lieferzeit habe bislang vier Wochen betragen, „jetzt sind es zwölf Wochen“, so der Geschäftsführer des Kleiningersheimer Betriebes Maler Männer.

Schwierig sei es auch bei Gipskartonplatten, „große Mengen zu bestellen ist schwierig“. Ebenso bei Farbe. Früher habe man morgens bestellt, mittags sei das Material vor der Tür gestanden. Heute dauert es länger als eine Woche, die tatsächliche Liefermenge sei ungewiss und Auftragsbestätigungen gibt es mit geschätzten Lieferterminen.  Und die Preiserhöhungen flattern ergänzend dazu ins Haus. Bei Gips, so Männer, gibt es einen Aufschlag von sieben Prozent, bei Profilen 30 Prozent.

Die höheren  Materialaufwendungen  an die Kunden weiterzugeben sei schwierig. So gibt  eine Stoffpreisklausel, die angewendet wird, wenn ein Unternehmen als Auftragnehmer keinen Einfluss auf die Entwicklung der Einkaufspreise für Stoffe hat. Besonders bei längeren Bauzeiten kann das der Fall sein.

Diese Klausel anzuwenden, sei aber nicht so einfach, sagt Sven Männer, der glaubt, die Preispolitik der Hersteller habe mittlerweile System und es werde wohl auch künftig weiter kräftig an der Preisschraube gedreht.

An dieser Stelle hakt auch Gerd Kistenfeger von  der Handwerkskammer Stuttgart ein. Eine Preisgleitklausel sollte zumindest bei öffentlichen Auftragsvergaben an Handwerker gelten.

Kistenfeger nennt dann auch noch einen weiteren Betriebszweig, der unter Materialmangel leide – die Zweiradmechaniker. Fahrradfahren boomt, nur mit der Ersatzbeschaffung, etwa für eine Fahrradkette  oder einen Akku für das E-Bike, hapert es gewaltig. Solche Teile werden in Taiwan und China produziert und gehen sofort in den Verkauf für Neuprodukte. Diese Knappheit mache sich extrem bemerkbar,  Seriosität gegenüber den Kunden sei  so nicht mehr möglich, sagt  Gerd Kistenfeger, der  auf die Lagerhaltung aufmerksam macht.

Diese Kapazitäten zur Materialvorhaltung habe man früher gescheut, weil sie Geld bindet. Auch im Handwerk laufe vieles Just-in-Time, wohl dem, der heute ein gut gefülltes Lager habe.

 
 
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