Ludwigsburg Pfand für Luxusartikel

Von Yannik Schuster
Seit 2009 betreibt Jozef Handermander das Pfandleihhaus Ludwigsburg. Spezialisiert ist er dabei auf Gold- und Schmuckgegenstände. Foto: /Oliver Bürkle

Das Pfandleihhaus von Jozef Handermander konnte durch die hohe Inflation eine gesteigerte Nachfrage feststellen.

Wenn am Ende des Monats das Geld zur Neige geht, obwohl noch Rechnungen bezahlt werden müssen, dann tritt Jozef Handermander in Erscheinung. Er betreibt seit 2009 das erste und einzige Pfandleihhaus im Landkreis.

In Zeiten hoher Inflation und Energiepreise ist er dabei gefragt wie nie zuvor, wenn es darum geht, kurzzeitige finanzielle Engpässe zu überbrücken. Einen Zuwachs von 30 bis 40 Prozent könne er verzeichnen. Vor Festen und im Januar, wenn Kunden ihre Versicherungen bezahlen müssen, laufe das Geschäft erfahrungsgemäß besonders gut. Angesichts sinkender Energiepreise, merke er jedoch, dass sich auch die Nachfrage derzeit wieder normalisiere.

Das Ludwigsburger Pfandleihhaus ist spezialisiert auf Schmuck, Edelsteine, Diamanten, edle Metalle und Zahngold. Meistens kommen die Leute mit ganz alltäglichem Schmuck zu ihm, sagt Handermander. Halsketten, Armbänder, Broschen, Ohrringe, Anstecker, Manschettenknöpfe – eben die volle Bandbreite. Zu seinen Kunden gehören dabei sowohl der Arbeiter und Angestellte aus der Mittelschicht, als auch Menschen aus wohlhabenderen Verhältnissen.

Vorsicht vor Fälschungen

Beliehen wird nur der Materialwert. Dieser wird durch ein Gutachten vor Ort ermittelt. Hierfür habe man sich extra ein teures Röntgengerät angeschafft, mit dem jedes Objekt untersucht wird. Rund zehn Prozent aller Gegenstände stellen sich dabei als Fälschungen heraus – in der Regel, weil es die Kunden nicht besser wissen. Dann rät Handermander, den betroffenen Schmuck niemandem anzubieten, dabei mache man sich nämlich strafbar.

Ist der Schmuck echt, dann gibt es Geld bar auf die Hand. Das durchschnittliche Pfand liege bei etwa 800 Euro. Der Prozess ist dabei unbürokratischer als ein Bankkredit. Pfandleihhäuser fordern keine Schufa- und Einkommensauskunft und keine Bonitätsprüfung. Lediglich ein Personalausweis, der die Volljährigkeit belegt, ist nötig.

Gegenstände werden zunächst für vier Monate hinterlegt. Kunden können den Zeitraum jedoch verlängern, sofern die monatlichen Zinsen und Gebühren bezahlt werden. Die Abholquote liege bei 96 Prozent, sagt Handermander, wohl auch aufgrund des derzeit hohen Goldpreises. Nicht ausgelöste Objekte werden öffentlich versteigert. Wird dabei ein Mehrerlös generiert, hat der Kunde darauf drei Jahre lang Anspruch. Bleibt die Versteigerung erfolglos, geht der Schmuck in den Besitz Handermanders über, der diesen einschmilzt, weil er selbst keinen Schmuck verkauft.

Fabergé-Ei und Brillanten

Ein Highlight seiner Laufbahn sei die Beleihung eines Fabergé-Eis gewesen. Diese prunkvollen, mit Diamanten und Juwelen bestückten, eiförmigen Schmuckgegenstände wurden zwischen 1885 und 1917 vom russischen Goldschmied Peter Carl Fabergé gefertigt. Produziert wurden dabei nur 63 Stück, die meisten davon im Auftrag des Zaren. Beliehen wurde das Ei mit rund 50 000 Euro. Auch große Brillanten habe er bereits mit bis zu 40 000 Euro beliehen.

Oft muss sich Handermander die Leidensgeschichten seiner Kunden anhören. Vor allem in seinen Anfangstagen habe ihn das schwer beschäftigt. „Das wollte einen einfach nicht loslassen. Es ging mir ewig im Kopf rum.“ Heute erlebe er das nicht mehr so stark, dennoch sagt er: „Es berührt einen immer wieder. Wenn da jemand steht und weint, dann geht das unter die Haut.“

 
 
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