Ludwigsburger Serie reißt nach 18 Siegen Merlins entzaubern Riesen

Von Andreas Eberle
Desi Rodriguez beißt sich an der Crailsheimer Defensive fest. Hier stoppen Elias Lasisi (links) und Fabian Bleck das Riesen-Kraftpaket mit vereinten Kräften. Yorman Polas Bartolo (rechts) beobachtet den Dreikampf aus nächster Nähe. ⇥ Foto: Hansjürgen Britsch via www.imago-images.de

Der Ludwigsburger Siegeszug endet im Derby gegen Crailsheim. Eine miserable Trefferquote wird dem Spitzenreiter beim 58:68 zum Verhängnis.

Go. Fight. Win.“ („Auf. Kämpft. Siegt“). Diese drei Worte hatte „Hutini“ – ein kegelförmiger blauer Zauberhut, in dem ein Stimmungsmacher steckt – auf seinem mitgebrachten Plakat stehen. Die Aufforderung galt den Hakro Merlins Crailsheim im Derby gegen die MHP Riesen Ludwigsburg. Der Playoff-Kandidat aus Hohenlohe nahm sich die Worte seines Maskottchens zu Herzen und entzauberte keinen Geringeren als den Dauersieger der Basketball-Bundesliga: Mit 68:58 (40:26) setzten sich die Merlins durch und beendeten nicht nur die eigene Flaute mit drei Pleiten hintereinander, sondern auch die Ludwigsburger Rekordserie von 18 Siegen am Stück. Zuletzt hatte der Spitzenreiter am 22. November 2020 beim FC Bayern München Federn gelassen.

Doch selbst beim damaligen 70:93 an der Isar war die Angriffsleistung der Riesen besser gewesen als am Sonntagnachmittag in der Arena Hohenlohe in Ilshofen. Die 58 Zähler und eine Trefferquote aus dem Feld von 29 Prozent waren ihre bisher mit Abstand schlechteste Ausbeute in dieser Runde. Selbst die Dreier, normal eine Stärke der Barockstädter, fielen nur sporadisch: Lediglich sieben der 33 Fernwürfe (21 Prozent) saßen. Immerhin viermal war Jordan Hulls erfolgreich, der mit 17 Zählern auch zum Topscorer  avancierte. Zweitbester Werfer war mit zehn Punkten sein Guard-Kollege Jaleen Smith – obwohl der MVP-Kandidat einen Katastrophentag erwischt hatte und 16 seiner 18 Würfe aus dem Feld versemmelte. Der Rest der Mannschaft macht es nicht viel besser, kein Akteur fand zu seiner Normalform. Von einem „Wake-up-Call“ sprach Trainer John Patrick nach der zweiten Saisonniederlage und hofft nun auf einen heilsamen Effekt: „Vielleicht war es gut, dass wir diesen Schlag bekommen haben, damit wir aufwachen.“

Möglicherweise hatte sich aber auch der Coach selbst diesmal verzockt, indem er gegenüber dem Kantererfolg am Dienstag gegen Chemnitz eine Position im Team veränderte und damit die eigene Offensive schwächte: Barry Brown – ein Basketballer, der mit seiner individuellen Klasse und genialen Einzelaktionen auch Impulse setzen kann, wenn es mal nicht so läuft –, flog aus dem Kader. Dafür rückte mit Jonah Radebaugh ein Abwehrspezialist in die Rotation, der als Shooter bisher kaum in Erscheinung getreten ist. „Wir wussten, dass es ein physisches und defensivorientiertes Spiel wird“, erklärte Patrick später und wies darauf hin, dass Brown nach seinen Rückenverletzung noch nicht wieder der Alte ist: „Wenn er bei 100 Prozent ist, kann er uns helfen. Am Dienstag war das nicht der Fall. Wir werden sehen, wie er sich im Training präsentiert.“

Nur acht Zähler in Viertel zwei

Auch ohne Brown lief für den Favoriten zunächst alles nach Wunsch. Mit 18:14 ging das erste Viertel an Ludwigsburg. Noch deutete nichts auf eine Überraschung hin. Der Einbruch folgte im zweiten Durchgang. Nur acht Punkte brachten die Riesen da zustande. Crailsheim nutzte das bisher schwächste Viertel der Gäste in der laufenden Saison gnadenlos aus und erkämpfte sich mit einem 26:8 eine 40:26-Führung zur Pause. Vor allem Maurice Stuckey machte seiner Nummer drei alle Ehre und versenkte in dieser Phase gleich vier Dreier.

In der zweiten Halbzeit lag das Patrick-Team sogar schon mit 31:49 hinten – eine völlig ungewohnte Situation für Smith und Co. (25.). Die Merlins und selbst ihr Star Trae Bell-Haynes trafen fortan zwar genauso wenig wie die Gäste. Doch machten sie dem Riesen-Angriff das Leben weiterhin zur Hölle, indem sie ungemein intensiv und aggressiv verteidigten, stets nah an den Gegenspielern dran waren und so den Riesen letztlich den Schneid abkauften. Weil Ludwigsburg mit viel Einsatz und Aufwand dagegenhielt, entwickelte sich ein Kampf auf Biegen und Brechen.

Im Schlussviertel kam der Tabellenführer noch zweimal auf sechs Zähler heran, eine Wende blieb allerdings aus. Einen bitteren Tag erlebte speziell Desi Rodriguez, der in der 37. Minute nach seinem zweiten unsportlichen Foul gegen Bell-Haynes die Halle verlassen musste. Der Ausschluss passte zu der aufgeladenen Derby-Atmosphäre auf dem Feld und zum Teil auch auf den Rängen. „Es war laut, viele Crailsheimer Unterstützer waren hier – viel mehr als bei unseren Heimspielen“, meinte Patrick angesprochen auf die für ein Geisterspiel recht stimmungsvolle Kulisse. Auch mit dem einen oder anderen Schiedsrichterpfiff war der Coach nicht einverstanden, aber als Entschuldigung wollte er das nicht gelten lassen: „Wenn man in der Offensive nur 58 Punkte macht, darf man nicht meckern.“

 
 
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