Ein langer und umstrittener Prozess kam am Dienstag zu einem Ende: Mit zehn zu vier Stimmen bei zwei Enthaltungen verabschiedete der Besigheimer Gemeinderat den Bebauungsplan für die Luisenhöfe. Dem Baubeginn steht nun nichts mehr im Wege. Auf dem früheren Ziegelei-Areal entsteht ein verdichtetes Wohnquartier mit 259 Wohneinheiten, ausschließlich errichtet von der Besigheimer Wohnbaufirma Layher, der das gesamte Gelände gehört. Schon im Oktober werden die Erschließungsarbeiten beginnen, kündigte das Unternehmen gegenüber der BZ an. Ende des Jahres starten die Rohbauarbeiten, so der Zeitplan.
Luisenhöfe Besigheim Ende des Jahres geht es los
Der Gemeinderat hat den Bebauungsplan für das Ziegelei-Areal verabschiedet. Investor Layher steht in den Startlöchern, um mit dem Bau zu beginnen.
Projekt ist immer noch umstritten
Lange Diskussionen um Art und Ausmaß der Bebauung im Gemeinderat und in der Bevölkerung, das Verbot der Bebauung des hinteren Bereichs der früheren Ziegelei aus Naturschutzgründen, Verhandlungen über den städtebaulichen Vertrag zwischen dem Unternehmen und der Stadt, öffentliche Vorstellungen des Projekts – all das war dem Beschluss am Dienstag vorausgegangen. Wie umstritten das Projekt im Gemeinderat immer noch ist, wurde noch einmal in der Diskussion deutlich.
Für Bürgermeister Florian Bargmann steht fest: Das Wohnquartier ist eine Chance für die weitere Entwicklung Besigheims – „ein Schritt, der unsere Stadt attraktiver macht“, sagte er und warb damit um Zustimmung. Für die Wohnbaufirma fand er lobende Worte. Der Baubeginn erfolge in einer Zeit, „in der sich kaum noch ein Unternehmen traut, zu bauen“, sagt er. Der sparsame Umgang mit Grund und Boden sei ein Merkmal der Luisenhöfe, ebenso die Nähe zum Besigheimer Bahnhof und zu den Freizeiteinrichtungen an der Enz.
Für die Freien Wähler ist der Kompromiss, der in den Verhandlungen mit der Wohnbaufirma um die Gestaltung und die Verdichtung des Quartiers gefunden wurde „eine tragbare Lösung“, sagte ihr Sprecher Friedrich Köhler. Die Fraktion hatte im Laufe des Verfahrens erfolgreich den Antrag gestellt, die Bauhöhe entlang der Luisenstraße zu reduzieren, um damit den Anliegern ein Stück weit entgegenzukommen. Köhler erinnerte daran, dass der Flächennutzungsplan sogar ein Wohngebiet von sieben Hektar zugelassen hatte, dies jedoch aus Naturschutzgründen reduziert wurde. Die Verdichtung auf dem Rest der Fläche ist für Köhler eine Folge.
Stadt konnte sich nicht in vollem Umfang durchsetzen
In den Verhandlungen mit Layher war es nicht gelungen, die baulandpolitischen Grundsätze der Stadt in vollem Umfang durchzusetzen, wonach 20 Prozent der Wohnungen im neuen Quartier zu vergünstigten Preisen an Menschen mit mittlerem Einkommen vermietet werden sollen. Die Luisenhöfe selbst sind davon ausgenommen. Stattdessen wird die Firma vergünstigte Mietwohnungen in ihren Bestandswohnungen in Besigheim anbieten, wurde vereinbart. Mehr „war nicht mehr zu leisten in schwierigen Zeiten des Wohnbaus“, wertete Köhler diese Vereinbarung mit der Stadt.
Das sieht die BMU-Fraktion ganz anders, wie ihr Sprecher Thomas Pulli deutlich machte. Von Anfang an habe die Fraktion die hochverdichtete Bauweise als unverträglich kritisiert, im Bebauungsplan sei kein gangbarer Kompromiss gefunden worden. Die Kritik der Anwohner sei nicht berücksichtigt worden, ebenso wenig die Anregungen der BMU-Fraktion. Die baulandpolitischen Grundsätze der Stadt seien nur unzureichend umgesetzt worden. Seine Fraktion sehe weiterhin hohen Beratungsbedarf bei der Errichtung einer Kita. Sie ist nicht direkt im Wohngebiet vorgesehen, sondern soll im nahen Edeka-Gebäude entstehen.
Marianne Pop, die Vertreterin der Liste „Stadtimpulse“ wies darauf hin, dass immer mehr Menschen in Besigheim eine Wohnung suchten. „Man kann nicht immer nur in die Fläche bauen“, sagte sie. „Ich sehe nicht, dass das Wohngebiet überhaupt nicht zu Besigheim passt.“
Christian Herbst von der SPD erkannte an, dass in den Gesprächen mit dem Investor viele Kompromisse gefunden worden seien, doch ihm fehlen im Ergebnis „elementare Dinge“, wie er sagte, es sei „zu wenig, um Ja zu sagen“. Moderne Wohnquartiere seien mit einem Bäcker ausgestattet, mit Kita und einem Mehrgenerationenhaus. Die Bebauung sei zu dicht, „es wirkt gedrängt“. Die Verkehrsproblematik sei nicht zufriedenstellend gelöst. Damit sprach er Befürchtungen an, die Ein- und Ausfahrt an der Landesstraße nach Löchgau in die Marienstraße könne durch die neuen Bewohner überlastet werden.
Die CDU-Fraktion hält dagegen die Luisenhöfe für einen „idealen Standort“, sagte ihr Sprecher Ralf Luithle. Der Bebauungsplan „stellt in einem hohen Maß die Berücksichtigung jeder der einzelnen Interessen Artenschutz, Minimierung Flächenverbrauch und Schaffung von Wohnraum dar“, sagte er. Eine weitere Reduzierung der Geschosshöhe würde erhöhten Flächenverbrauch und tendenziell steigende Preise zur Folge haben. Ganz zufrieden mit der Umsetzung der baulandpolitischen Grundsätze der Stadt klang aber auch Luithle nicht. Es sei zu klären, inwieweit die Erkenntnisse aus den Verhandlungen einzuarbeiten seien.
Layher: Hohe Nachfrage nach Luisenhöfen
Nach dem Beschluss des Bebauungsplans wird die Firma Layher weitere Planungsleistungen beauftragen und Erdbau, Rohbau und Bauleitung ausschreiben, so das Unternehmen auf Nachfrage der BZ. Die Erschließungsarbeiten für die Luisenhöfe beginnen im Oktober. Beim Rohbau gibt es zwei Lose: einen Abschnitt mit 53 Wohnungen und einen Bauabschnitt mit 204 Wohnungen. Ab Ende 2024 sollen nahezu zeitgleich die beiden Abschnitte erstellt werden.
Laut Layher ist die Nachfrage nach Wohnungen in den Luisenhöfen sehr groß. Vor allem ältere Personen aus Besigheim wollten in eine barrierefreie Wohnung. Das Unternehmen äußerte sich insgesamt zufrieden über den Verkauf von Wohnungen seit Anfang 2024. Alle Projekte seien im Bau. Das Familienunternehmen baue nach wie vor nur mit Eigenkapital. Layher erwartet für die nächsten Jahre einen erheblichen Mangel an Neubauwohnungen.