Jedes Jahr vor Weihnachten schreibt Claire Beyer einen Weihnachtstext, den sie dutzendfach an ihre Familie, Freunde und Bekannte verschickt – die Adresse wird von ihr handgeschrieben. „Das ist mein Geschenk und ich weiß, ganz viele freuen sich jedes Jahr auf meinen Weihnachtstext“, sagt sie und weiß auch, dass viele Empfänger eine regelrechte Tradition aus dem Brief gemacht haben. „Manche lesen ihn am ersten Advent, manche in der Heiligen Nacht, die meisten bewahren die Briefe seit Jahren in einer schönen Schachtel auf und lesen sie in der Vorweihnachtszeit“, so Beyer.
Markgröningen „Ich erschreibe mir schöne Weihnachten“
28 Weihnachtsgeschichten der Markgröningerin Schriftstellerin Claire Beyer sind im Insel-Verlag erschienen.
Eine „Mordsarbeit“, die Geschichten auszuwählen
Die Markgröninger Autorin liebt es, Weihnachtsgeschichten zu schreiben. Unzählige von ihr sind in Zeitungen, Anthologien oder Sammlungen erschienen. Nun kam der Insel-Verlag auf sie zu, bot ihr an, Weihnachtsgeschichten auszuwählen und in einem Buch zu sammeln. „Das war eine Mordsarbeit, die Geschichten auszuwählen, ich wusste gar nicht, dass ich so viele geschrieben habe“, sagt Beyer. Zusätzlich schrieb sie noch ein paar neue.
„Alles ist festlich“ heißt das Buch, das vor Kurzem erschienen ist und nun schon in dritter Auflage gedruckt werden muss, so begehrt ist es. Weil ihre Weihnachtsgeschichten sich so gut verkaufen lassen, hat der Berliner Insel-Verlag ihr den Auftrag erteilt, 2026 einen Roman über Weihnachten zu schreiben.
Warum die Autorin, die durch ihre „R-Romane“- alle Buchtitel fangen mit einem R an – bekannt wurde und erst im vergangenen Jahr den siebten Roman „Regen“ veröffentlichte, so gerne über Weihnachten schreibt? „Ich habe eine Mangelerscheinung, was Wärme, Gefühle, Geborgenheit, das Märchenhafte an Weihnachten betrifft, also erschreibe ich mir meine schöne Weihnacht“, sagt sie. Ihr sei es wichtig, das Fest wieder zu seiner ursprünglichen Bedeutung zu bringen, die christlichen Werte zu betonen. „Weihnachten wird zu inflationär und zu kommerziell dargestellt, auch die Kirchen forcieren zu wenig die tatsächlichen Werte des Christentums, sie leben sie nicht vor“, sagt Beyer, die streng katholisch erzogen wurde – „zu streng“, wie sie hinzufügt. „Am Heiligen Abend in die Christmette zu gehen, ist mir wichtig“, sagt sie.
In der Weihnachtszeit kommt die Einsamkeit zum Vorschein
Ihre Weihnachtsgeschichten handeln oft von der Einsamkeit mancher Menschen. „Ich glaube, dass sehr viele Menschen an Weihnachten einsam sind“, sagt sie. Gerade in der Weihnachtszeit käme die Einsamkeit zum Vorschein. In ihren Geschichten bringe sie diese einsamen Menschen zusammen, um Hoffnung zu vermitteln.
Sie schreibt aber auch über die Erwartungen, die man für das Weihnachtsfest hat. Was passiert in einer Familie, der der Weihnachtsbaum gestohlen wird, der Mittelpunkt ihres Festes? Konflikte kommen auf, Fragen stellen sich. Aber „es gibt meist ein Happy End“, so Beyer. In manchen der Geschichten in „Alles ist festlich“ werden Dinge durch märchen- und zauberhafte Weise zusammengefügt. „Ich versuche, in meinen Geschichten wieder die Balance herzustellen“, sagt sie.
Im Moment sitzt sie an der geplanten Fortsetzung von „Regen“ (die BZ berichtete), dann soll der Weihnachtsroman geschrieben werden sowie eine weitere Auftragsarbeit des Insel-Verlags über einen verhaltensgestörten Elefanten. Zudem hat sie ein Libretto für ein Musical für das Markgröninger Helene-Lange-Gymnasium über die französische Bildhauerin Camille Claudel geschrieben, das derzeit vertont wird und bald aufgeführt werden soll. Im vergangenen Jahr schrieb sie für das Gymnasium das Theaterstück „Vermeer meets Spitzweg“, das die Schüler aufführten.
An Heiligabend alleine in den Wald, um die Stille zu genießen
Und wie feiert sie selbst Weihnachten? „In der Vorweihnachtszeit habe ich viele Verabredungen, ich versuche mich mit vielen Menschen zu treffen, an Weihnachten bin ich meist mit der Familie meines Sohnes zusammen“, sagt sie. An Heiligabend 2024 sei sie aber alleine in den Wald gegangen, habe die Stille genossen und den Frieden. „Vielleicht mache ich auch das wieder.“ Eine Idee sei auch, einmal Weihnachten in einem Kloster zu verbringen, um sich ganz auf den eigentlichen Sinn von Weihnachten einzulassen.
