Markt der Möglichkeiten Interessen und Netzwerke sind im Alter wichtig

Von Von Uwe Deecke
Quartiersmanagerin Anika Haas, Referentin Ulla Reyle von der WIT-Universität Tübingen und Heike Eckert-Maier von der Stadt Besigheim (von links) gestalteten den Markt der Möglichkeiten der Lokalen Agenda am vergangenen Sonntag in Besigheim maßgeblich mit. ⇥ Foto: Helmut Pangerl

Beim Markt der Möglichkeiten zum Thema „Endlich Rente und jetzt?“ in der Alten Kelter wurde deutlich: Es gibt viele Chancen für Ältere.

Die Lokale Allianz in Besigheim ist breit aufgestellt: Außer der Stadt gehören unter anderem die Evangelische Heimstiftung, die Tagesbetreuung der Mobilen Dienste, die örtliche Diakonie- und Sozialstation, der Verein Begegnungsstätte der Stadt Besigheim, die Sportvereinigung, die Friedrich-Schelling-Schule, das Amtsgericht Besigheim, die Kirchengemeinden, die örtliche Vertretung des Sozialverbands VdK sowie das Rote Kreuz der Initiative an, darüber hinaus auch interessierte Bürger, die an den Netzwerktreffen teilnehmen, die viermal im Jahr stattfinden.

In der gut besuchten Alten Kelter waren am Sonntag die Themeninseln aufgebaut, an denen sich die Besucher beim Markt der Möglichkeiten zum Thema „Endlich Rente und jetzt?“ informieren konnten. Der Büchertisch der Lokalen Allianz hatte ausgewählte Bücher und Broschüren. Das Thema Pilgern stand im Zentrum eines Angebots der beiden Kirchen, die Chorgemeinschaft 1839 war vor Ort, und die Sportvereinigung wie auch die Heimstiftung informierten über das eigene Angebot. Der VdK gab Auskunft über Rechte von Menschen, die Beratungsbedarf bei Pflegegrad oder Rentenfragen hatten und hatte Infomaterial dabei.

Einmal im Monat gebe es die Sprechstunde im Rathausanbau nach telefonischer Anmeldung, erklärte Anwältin Margrit Mandel, die hier mithilft. „Es kommen Menschen, wenn sie Probleme mit dem Sozialvertrag haben oder wenn es um den Grad der Behinderung geht“, so Mandel. Im Büro ist auch Quartiersmanagerin Anika Haas für die „Drehscheibe“ beratend tätig. Sie hat den „Markt der Möglichkeiten“ seit Sommer konzipiert. „Es ist ein wachsendes Netzwerk“, so Haas bei der Begrüßung über die neue Lokale Allianz. Über allem stehe heute die Frage, wie ein zukunftsfähiges Miteinander gelinge, wie Menschen zukunftsfähig würden nach der beruflichen Lebenszeit und wie man das lange letzte Drittel des Lebens nutzen könne.

Dieses Drittel war Thema des Vortrags von der Tübinger Gerontologin und Supervisorin Ulla Reyle, die sich verschiedenen Fragen widmete: Wie geht man damit um, wenn Menschen aus dem Beruf in die Rente kommen? Welche Bedeutung haben Netzwerke und soziale Kontakte? Wie kann man sich vorbereiten, wenn man alleine lebt und zum Pflegefall zu werden droht? Das Drittel sei  „eine historisch lange Erfahrung, das hat es so noch nie gegeben“, machte Reyle deutlich. Noch nie wurden die Menschen so alt wie heute in einer lernenden Gesellschaft, in der man anders als früher mit 60 nicht alt sei. Frauen hätten bei den wichtigen Netzwerken, die für Männer nur im Beruf lagen, einen entscheidenden Vorteil: „Die Ressource der Frauen sind die Frauenfreundschaften“, so Reyle. Sie machten viele leichter im Alter, wenn es darum gehe, wie man auf Veränderungen reagiere. Bei Männern, die in die Rente kommen, sehe es anders aus: „Männer kommen heim ins Reich der Frauen“, erinnerte sie an Loriots „Pappa ante Portas“, „und da sind schon alle Stellen besetzt.“

Kein Erfolg vorm Fernseher

In den Studien, die sie vorstellte, zeigt sich, wie wichtig die Teilhabe mit den eigenen Fähigkeiten ist, das Gefühl der Verbundenheit und die Selbstfürsorge im Lebensstil. „Wer die Zeit vor dem Fernseher verbringt, wird wenig Erfolg haben“, prognostizierte die Tübingerin. Es sei wichtig, sich einzubringen, etwa im Ehrenamt, das den eigenen Interessen folgen sollte. Die Erfahrung, in der Gruppe anderen zu helfen, sei auch eine Hilfe für einen selbst.

Im eigenen Bereich sollte man dafür sorgen, dass die Wohnung an das neue Leben angepasst ist, in der „Caring Community“ auch Nachbarschaft zu pflegen und sich mit Kindern abzusprechen, was im Pflegefall geschehen soll, und diese nicht mit der Entscheidung alleine zu lassen. Dinge wie eine Vorsorgevollmacht oder eine Patientenverfügung gehören dazu, so die Gerontologin nach ihrem Vortrag. Mit zwei Stücken rundete die Chorgemeinschaft den Nachmittag ab, bevor die Besucher an den Themeninseln noch kompetente Ansprechpartner fanden.

 
 
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