„Mein Leibgericht – Kochen mit den Profis“: Dritter Teil mit Horst Ahner Eine Mühe, die sich lohnt

Von Jürgen Kunz
Das kernige Senfsößle von Horst Ahner (links) ist gelungen, so das einhellige Urteil beim Probieren von Koch und Küchenhelfer. ⇥ Foto: Helmut Pangerl

„Zupfde Spatza“ sind für Horst Ahner vom „Grünen Baum“ mehr als nur eine Beilage. Sie sind das besondere Schmankerl, das er mit Stielkotelett und körnigem Senfsößle für die BZ-Leser kocht.

Mehr als 400 Jahre alt ist das prächtige Fachwerkhaus an prominenter Stelle in Erligheim, in der dritten Generation ist der inzwischen 63 Jahre alte Horst Ahner der Chef in der Küche. Bei viele Familienfesten – Hochzeit, Taufen und Konfirmationen – feierten wir im „Bom“, doch zum ersten Mal stehe ich gemeinsam mit Horst (wir sind natürlich per Du, da wir uns seit fast fünf Jahrzehnte kennen), an seinem Herd, der aus Platzmangel tatsächlich nur sechs Flammen hat. Was, wie im Laufe des gemeinsamen Kochens deutlich wird, durchaus eine Herausforderung darstellt, die aber der Profi seit vielen Jahrzehnten perfekt beherrscht. Für mich ist es eine besondere Freude, mit ihm über die Geschichte des Landgasthofs, über Geschichten, die sich beliebig aneinanderreihen lassen und über seine ungebrochene Leidenschaft fürs Kochen zu plaudern.

Traditionen sind dem 63-Jährigen wichtig, das zeigt sich nicht nur darin, dass er sich vor Jahren auf die mühevolle Suche nach einer Erligheimer Tracht gemacht hat, und sich nach dem Studium etlicher Quellen eine solche maßschneidern ließ. Die schwäbische Mundart hat für den bekennenden Schwaben einen ebenso hohen Stellenwert, sie ist ihm eine Herzensangelegenheit. Im „Grünen Baum“ wird nicht nur Dialekt geschwätzt, er findet natürlich seinen Niederschlag auf Speisekarten, auf der Internet-Homepage, bei Werbeanzeigen und ganz selbstverständlich bei seinem Rezept, mit dem er die BZ-Leser zum Nachkochen einlädt (siehe Infokasten).

 

Seit 47 Jahren kocht er – nach seiner Lehre im Königshof in Stuttgart – und ein wenig Bedauern ist ihm anzumerken, wenn er von den Gästen gewünschten Veränderungen in der Gastronomie erzählt. Aufschnittplatte, Tartar oder Ripple sind alle von der Speisekarte verschwunden, „wobei letztere tatsächlich mein Leibgericht sind“. Was aber geblieben ist, das ist eine „gute, kräftige Soße“, so Horst Ahner, und eine solche wird am Ende des Nachmittags in seiner Küche das Stielkotelett und vor allem die „Zupfde Spatza“ prächtig umschmeicheln.

So ist es jetzt Zeit für mich als Küchenhelfer, diese ungewöhnlich kernige Beilage mit viel Mühe vorzubereiten. Aus Spätzlesmehl, zwei Eiern, etwas weniger als halben Liter Wasser sowie Salz, Muskatnuss und einer Prise weißem Pfeffer hat der Küchenchef einen kompakten Teig geknetet. Seinen Küchenhelfer hat er eingewiesen, und so werden mit bemehlten Fingern mundgerechte „Spatzen“ gezupft. Zugegeben, die erste Portion, die auf die mit Mehl bestäubte Platte kommen, erfüllte noch nicht ganz die hohen Ansprüche von Profi und Helfer, aber spätestens bei der dritten Platte geht die durchaus mühevolle Tätigkeit formvollendet von der Hand.

Die Begeisterung für das Kochen ist auch nach fast 50
Jahren am Herd nach wie vor vorhanden.

Durchaus mit berechtigtem Stolz erzählt Horst Ahner davon, dass er nicht nur seinen legendären „Eisguglhupf“ von seinen Wanderjahren in die hiesige Gastronomie mitgebracht hat. Auch die „Buabaspitzle“ (Schupfnudeln) hat er etabliert, ein Rezept, das er in seiner Zeit im Brielhof am Fuße der Burg Hohenzollern kennengelernt hat. Ein Jahr war der Erligheimer dort, und eher beiläufig erzählt er, wie er dabei mit dem deutschen Hochadel zusammentraf: In der Küche des Brielhofs gab es einen großen Esstisch, an dem die Küchenmannschaft ihre Mahlzeiten zu sich nahm. Doch nicht nur Köche und Küchenhilfen saßen dort, regelmäßig nahm auch der Chef des Hauses Hohenzollern, Prinz Louis Ferdinand, Platz. Der direkte Nachfolger des letzten deutschen Kaisers, gönnte sich dort in der Küche etwas Zeit abseits des öffentlichen Interesses an seiner Person. Und er gab sich dabei recht leutselig. Dem jungen Koch aus Erligheim stellte er sich vor und merkte mit einem Augenzwinkern an: „Du kannst mich einfach Kaiser nennen.“

Beim Anrichten von Kotelett, „Spatzen“ und körnigem Sößle bestätigt Horst Ahner, dass die Begeisterung für das Kochen auch nach fast 50 Jahren am Herd immer noch vorhanden ist, schränkt aber ein: „Die Rahmenbedingungen als selbständiger Gastronom machen es aber auch manchmal schwer.“ Ohne eine von allen akzeptierten Hierarchie kann in einer professionellen Küche nicht gearbeitet werden. So ist es auch im „Grünen Baum“. Wie schon seine Mutter Emma, von deren schwäbischem Kartoffelsalat noch heute die Kenner schwärmen, ist auch Horst Ahner der Chef am Herd. Er weiß aber auch zu schätzen, dass es ohne seine Küchenmitarbeiter und vor allem den Service durch seine Ehefrau Uschi nicht möglich wäre, die Gäste zufrieden zu stellen.

„Im Grünen Baum sind wir schwäbisch-bodenständig mit einem Pfiff“, bringt Uschi Ahner am Ende des gemeinsamen Kochens das Selbstverständnis der Wirtsfamilie im Traditionsgasthaus auf den Punkt.

 

Gebratenes Stielkotelett mit körnigem Senfsößle an „Zupfde Spatza“

Horst Ahner ist auch als Wirt des Landgasthofs Grüner Baums in Erligheim ein bekennender Schwabe und so stellt er den BZ-Lesern sein Rezept „Gebratenes Stielkotelett vom Schwäbisch-Hällischen Landschwein im körnigen Senfsößle an ,Zupfde Spatza’ mit ra Speck-Zwiebel-Schemlze“ im Dialekt bereit.

Speck-Zwiebl-Schmelze: „I schreib’ dâ Schmelze – ond net Schmälze – weil mr koi Schweine-Schmalz meh’ nemmt“; erklärt Horst Ahner. Grauchtr Bauch erst en Scheiba schneida ond dann en feine Stroifa. Zwiebl genauso fei schneida ond boides en dr Pfann’ âganga lasse ond uff Seit’ stella.

„Zupfde Spatza“: ein Kilogramm Schbätzlesmehl, Salz, Muskat, bissle weißr Pfeffr. Zwoi ganze Eir em Messbechr mid Wasser zom ma halba Litr ufffilla. Älles en a Schüssl nei, den Deig kneta – schee fescht. En kloina Hafa mid Wassr uff dr Herd stella, kocha lassa, rondrdreha ond siada lassa. Jetzad vom Deig emmr a bissle en d’Hand nemma ond mit Dauma ond Zeigefengr an Bröckl, so groß wia a Zwei-Euro-Stückle abzupfa. Wenn mr älles zupfd hât ens Wassr nei, warta bis älle Spatza oba schwemmat, nâ abfischa ond ens kalte Wassr nei. Abtropfa ond en dr hoißa Pfann âbrâda. (Anmerkung: bei vier Personen bleiben natürlich bei einem Kilogramm Mehl von den „Zupfde Spatza“ einige übrig, die man am nächsten Tag etwa mit einige Eiern anbraten kann; mit Salat servieren - herrlich.)

S’körnige Senfsößle: Ein Liter Grand Jus (Grundsoß’, aus der macht mr viele Abwandloga, zom Beispiel Weivariationa), feine Zwiebeln leicht âgröst’, etwa 0,2 Litr Weißwei’, en Schuss Zitronasaft, a bissle Zuckr, zwoi Esslöffl voll körniga Senf ond ebbas Sahne. Älles uffkocha ond abschmecka.

Stielkotelett vom Schwäbisch-Hällischen Landschwein: Kottelet am Knocha leicht eiklopfa (dort dauert’s am längsta bis es fertig isch) ond mehliera. Des Floisch ens hoiße Fett (Öl odr Buttrschmalz, jeder nâch seim Gschmack) eilega. ond zwei bis drei Minuta von jedr Seit’ âbroda. Danâch uff a Platte en dr Ofa, zom voll durchzeiha.

Anrichten: „Zupfde Spatza“ âbrâta, mit Speck-Zwiebl-Schmelze ârichta, Kottelet uff dr Teller, Senfsöße druff – Guata Appetit.

 
 
- Anzeige -