„Mein Leibgericht“ mit dem Küchenchef der Alten Apotheke Eine runde Sache mit Siggi Egger

Von Jürgen Kunz
Siegfried Egger, zeigt, in Anlehnung an seine Tiroler Heimat, wie mit einfachen Zutaten ein delikates Essen mit dreierlei Knödel zubereitet wird.⇥ Foto: Helmut Pangerl

Siggi Egger, der seit 46 Jahren leidenschaftlich kocht und zusammen mit seiner Ehefrau Angela Pidutti die Alte Apotheke in Bönnigheim seit 2010 betreibt, wurde 1952 in Brixlegg – zwischen Innsbruck und Kufstein – geboren und wuchs im 400 Einwohner zählende Rattenberg, der kleinsten Stadt Österreichs, auf. So viel sei zu Beginn verraten, das gemeinsame Kochen im Rahmen der BZ-Reihe „Mein Leibgericht – Kochen mit den Profis“ soll ein überaus interessanter Nachmittag werden, mit durchaus handwerklichen Herausforderungen an den „Küchenhelfer“ und einem delikaten Ergebnis, das aus einfachen Zutaten entstanden ist.

„Es gibt viel zu schnippeln“, so begrüßt mich Siggi Egger in seiner kleinen Küche, die einen Blick auf die gemütliche Gartenterrasse der Alten Apotheke ermöglicht. Fürwahr, es gilt Zwiebeln zu schälen und ganz fein zu schneiden, ebenso den Peterling zu hacken und etwas später Knödel zu formen – nicht zu klein und nicht zu große, eben in der Größe, dass diese zwei Stunden später beim Anrichten in kleine Schälchen passen. So traut der Küchenchef seinem Helfer handwerklich auch etwas zu und fordert ihn.

Seit seiner Kindheit in der Tiroler Heimat kocht Siggi Egger, und so machte er Mitte der 1960er-Jahre im Jenbacher Hof fast zwangsläufig eine Ausbildung zum Koch. Wie in der professionellen Küche üblich, „habe ich mich klassisch ,rumgekocht’“, erzählt er. Viele Stationen in unterschiedlichen Restaurants, das bringt die nötig Erfahrungen für einen Koch. 20 Jahre betrieb er zwei eigene Restaurants in Berlin, dann traf er seine spätere Ehefrau Angela.

 

Kochen ist für mich keine
Arbeit, es ist Spaß und Liebe.

 

„Der Liebe wegen“, so Siggi Egger, zog es ihn in der Landkreis Ludwigsburg. Erst nach Ludwigsburg, dann nach Besigheim und dann ab 2005 nach Häfnerhaslach. „Fünf Jahre lang haben wir die ,Linde’ von den Öhlers übernommen“, erzählt er während er den originalen Tiroler Speck fein würfelt und Graukäse für die Knödel vorbereitet. „Das feine Aroma des Specks musst du unbedingt probieren“, so reicht er mir eine Scheibe Geräuchertes. Die geschmackliche Besonderheit entfaltet sich gerade prächtig auf der Zunge und am Gaumen, als Siggi Egger ein Stück des würzig-säuerlichen Sauermilchkäses abschneidet. „Entweder man mag ihn oder man hasst ihn“, sagt er über den Graukäse. Sicherlich, das gräulich-weiß schimmernde und recht kompakte Rohmilch-Produkt wird nicht mein Favorit unter den Käsen, doch zum Hassen schmeckt er tatsächlich zu gut.

2010 haben Siggi Egger und Angela Pidutti die Alte Apotheke in der Bönnigheimer Altstadt gefunden: „Wir bieten hier schwäbische Küche mit Tiroler Einschlag.“ Die Gäste schätzen, was er in der Küche zubereitet, und so sei er jetzt dort angekommen, wo er hinwollte: „Ich kann kochen was ich will und die Gäste nehmen es an.“

„Was bedeutet kochen für dich?“ Dies sei naturgemäß schwer zu beantworten, immerhin bekennt Siggi Egger, „kochen ist für mich keine Arbeit, es ist Spaß und Liebe“. 46 Jahre am Herd, dies sei eine sehr lange Zeit, in der er viel erlebt habe, auch mit den rund 60 Mitarbeitern in Berlin. „Selbstständig bedeutet schließlich ,selbst’ und ,ständig’“, betont er und das gelinge nur, wenn man bereit dazu ist durchzuhalten, auch mit Blick auf die zurückliegenden monatelangen massiven Einschränkungen für die Gastronomie. „In der Coronazeit haben wir nur einen Mitarbeiter verloren. Die Mitarbeiter, aber auch die Gäste halten zu mir“, freut sich der 69-Jährige. Jetzt kämen wieder alle, und das gebe ihm ein tolles Gefühl.

Es ist Zeit anzurichten: Pressknödel in der Kalbssuppe, Speckknödel auf Rahmkraut und Semmelknödel auf Schwammerlgulasch. Mit dem gemeinsamen Essen an einem sommerlichen Spätnachmittag auf der Terrasse endet das „Kochen mit dem Profi“, und mit dem Resümee von Siggi Egger: „Ich bin mit mir im Reinen, zufrieden mit der Situation. Das hängt natürlich mit dem Erfolg zusammen, dass die Gäste zufrieden sind und das Angebotene schätzen.“


Variation mit dreierlei Tiroler Knödel

Tiroler Pressknödel in einer Kalbssuppe, Speckknödel mit Rahmkraut und Semmelknödel mit Schwammerl-Gulasch hat der Chef Siggi Egger, der Alten Apotheke in Bönnigheim, als „Leibgericht“ zubereitet. „Bei mir Zuhause in Tirol gibt es eine einfache Küche. Außer am Schlachttag wurde in meiner Kindheit kein Fleisch gegessen“, erklärt der 69-Jährige. Knödelbrot, lauwarme Milch, kleingehackte und angedünstete Zwiebeln, Eier, Salz, Pfeffer und Peterling werden gut durchgemischt, bis sich eine zusammenhängende Masse bildet. Diese Grundmasse wir dreigeteilt.

Pressknödel: In ein Drittel der Knödelmasse kommen feingeschnittener Schnittlauch und zerbröselter junger Tiroler Graukäse, ein würzig-säuerlich Sauermilchkäse, der mit zunehmender Reife immer schärfer wird. Alles gut miteinander vermengen und daraus mit Wasser benetzten Händen mittelgroße Knödel formen und plattdrücken. In reichliche Butterschmalz werden die Pressknödel aus ausgebacken. Serviert werden sie in einer klaren Kalbssuppe: Kalbfleisch in Wasser ansetzen und einmal aufkochen. Das Wasser abschütten und das Fleisch abwaschen und frisch mit kaltem Wasser mit Liebstöckel, gelben Rüben, Sellerie sowie Salz, Pfeffer und Muskatnuss ganz leicht köcheln lassen. So erhält man eine wunderbare klare Brühe.

Speckknödel: In das zweiten Drittel der Knödelmasse wird feingewürfelterTiroler Speck eingearbeitet und daraus mittelgroße Knödel geformt. Bei schwacher Hitze werden die Knödel im leicht gesalzenen Wasser je nach Größe zwischen 15 und 20 Minuten gegart. Dazu gibt es Sauerkraut, das in einem trockenen Weißwein bei mittlerer Hitze gegart wird. In einen Einmal-Teebeutel werden Piment, Wacholderbeeren, Lorbeerblatt und zwei Gewürznelken mitgekocht. Wenn das Kraut weich, aber noch mit Biss ist, wird der Teebeutel herausgenommen und mit Sahne abgelöscht. Mit frisch geriebenem Parmesankäse wird das Rahmkraut verfeinert.

Semmelknödel werden mit Schwammerlgulasch serviert: Zwiebeln und Knoblauch anschwitzen, dann geputzte (ohne Wasser) Pfifferlinge hinzugeben. Mit Salz und Pfeffer würzen, mit Sahne ablöschen und reichlich kleingeschnittenen Peterling hinzugeben und bei kleiner Flamme etwas reduzieren lassen. Guten Appetit wünscht Siggi Egger von der Alten Apotheke.

 
 
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