Metterzimmern und ein Relief mit Geschichte Die Sage vom kopflosen Fuhrmann

Von Rena Weiss
Im Treppenhaus des Kirchturms in Metterzimmern steht ein Relief. Einer Legende nach zeigt es den Kopf und Arm des kopflosen Fuhrmanns.⇥ Foto: Martin Kalb

Im Treppenhaus des Turms der Michaelskirche in Metterzimmern steht ein archaischer Kopf. Um diesen Kopf hat sich eine Legende gebildet.

In wenigen Tagen ist Halloween, die Nacht der Unruhe und des Gruselns. Für den Abend vor Allerheiligen gibt es viele Bräuche, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreichen. Ein Brauch ist es, sich als gruselige Figur zu verkleiden, ob als Kind oder Erwachsener. Eine beliebte Figur, die bereits im Hollywood-Film Sleepy Hollow für schlaflose Nächte sorgte, ist der kopflose Reiter. Vor allem im Rheinland verbreiteten sich Sagen um diesen lebenden Leichnam, der zur nächtlichen Stunde auftauchte. Doch weder ins Rheinland noch nach Los Angeles muss man reisen, um einen Kopflosen zu treffen. Denn Bietigheim-Bissingens Stadtteil Metterzimmern hat einen ganz eigenen Kopflosen.

Im Treppenhaus des Turms

Dabei gibt es in beiden Sagen so manche Überschneidungen. Auch der kopflose Fuhrmann aus Metterzimmern erschien den Bewohnern immer wieder um Mitternacht, heißt es im Buch „Metterzimmern – Geschichte und Geschichten aus unserem Dorf“ von Andreas Walter, das mithilfe von Hans Huber 2016 veröffentlicht wurde. Der originale archaische Kopf befindet sich noch heute im Treppenhaus des Turms der Michaelskirche in Metterzimmern. „Was es mit diesem überhaupt auf sich hat, ist völlig unklar“, schreibt jedoch Walter. Das Rheinland ist nicht weit weg, möglich, dass es die Sage vom kopflosen Reiter in Form eines Reliefs nach Metterzimmern schaffte.

Aus der Fantasie heraus entstand jedoch die Legende vom kopflosen Fuhrmann. Andreas Walter hat sie niedergeschrieben: „Vor langer Zeit lebte einmal ein Fuhrmann, der mit seinem Pferdegespann regelmäßig durchs Dorf kam.“ Ein Fuhrmann transportierte verschiedene Waren, aber auch Personen beispielsweise mit einem Pferde- oder Ochsenkarren. Der Legende nach endete die Arbeit des Fuhrmanns jedoch in Metterzimmern. „Wegen einer Verfehlung wurde er geköpft. Seitdem soll er den Bewohnern immer wieder um Mitternacht mit seinem Fuhrwerk erschienen sein.“ Auch hier lassen sich Parallelen zum rheinischen kopflosen Reiter ziehen. In einigen Sagen wird beschrieben, wie der Reiter auf seinem Pferd aus einem Grab oder einer Gruft heraus galoppiert. Während der Reiter jedoch durch Berührung mit der Hand tötet, beängstigte der Fuhrmann die Bürger Metterzimmerns anders: „Er knallte dabei mit seiner Peitsche und trug seinen Kopf unter dem Arm.“ Um ihn abzuwehren, wurde der steinerne „Kopf unterm Arm“ (der archaische Kopf) angefertigt und in die Kirchenwand eingemauert.

Unbekanntes Alter

Es wird gemunkelt, dass der Neidkopf der einzige Stein ist, der nach dem Blitzschlag in der alten Kirche in der neuen Platz fand. Es ist unbekannt, wann und durch wen Metterzimmern eine eigene Kirche erhielt. Hermann Roemer schreibt in seiner 2. Auflage des Buchs „Geschichte der Stadt Bietigheim an der Enz“, dass die Kirche um 1379 erbaut worden sein muss, da in diesem Jahr sechs Morgen „hinder der Kirche“ verkauft worden sind. Der Turm der Kirche stand an der Ostseite über einem kreuzgewölbten Chor. „Romanische Teile am Untergeschoss, ein Rundbogen über dem Eingang und ein im Turm eingemauerter romanischer Christuskopf wiesen auf ein hohes Alter zurück, die Jahreszahl 1437 auf einen späteren Ausbau“, schrieb Roemer. Der Christuskopf hat jedoch nichts mit dem kopflosen Fuhrmann zu tun.

Seit 1428 ist die Vorgängerkirche unter dem Namen Sankt Michaelskirche bekannt. „Neben dem Erzengel Michael wurden noch Maria und die Märtyrer Vitus und Modestus als Kirchenheilige geehrt“, schreibt Andreas Walter. Doch 1905 wurde die Kirche vom Blitz getroffen und so sehr beschädigt, dass ein Abbruch die letzte Option war. Eine gewisse Ironie ist darin verborgen, denn laut Roemer war Vitus der Patron gegen Blitz und Feuer.

Dennoch hatte der Blitzschlag etwas Gutes, denn er beendete einen jahrelangen Streit um einen Neubau der Kirche. Im selben Jahr entstanden die Pläne, die als Vorbild die Kirche in Lehrensteinsfeld hatten. Innerhalb eines Jahres wurde die neue Kirche von Heinrich Dolmetsch gebaut und am 6. Dezember 1906 eingeweiht, wie Ulrich Gräf und Dieter Petri in „Michaelskirche in Metterzimmern“, Bietigheim 2006 schreiben.

 
 
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