Milchbauern im Landkreis „Eine Kuh lässt sich nicht ausbeuten“

Von Jürgen Kunz
Die Freiberger Milchbauern Fritz und Walter Bäßler (von links) im Offenstall zwischen ihren zurzeit 143 Milchkühen Foto: /Oliver Bürkle

Walter und Fritz Bäßler aus Freiberg, Tobias Geiger aus Bissingen sowie Erich und David Weiberle vom Kirbachhof sind Bauern. Alle drei Familien betreiben Milchwirtschaft, zwar in unterschiedlicher Ausprägung. Was alle drei allerdings gemein haben, sie kümmern sich um ihr Vieh – 365 Tage im Jahr. Sie haben die BZ-Redaktion eingeladen, sich in ihren Ställen ein Bild von der Wirklichkeit einer bäuerlichen Viehhaltung zu machen.

Walter und Fritz Bäßler aus Freiberg, Tobias Geiger aus Bissingen sowie Erich und David Weiberle vom Kirbachhof sind Bauern. Alle drei Familien betreiben Milchwirtschaft, zwar in unterschiedlicher Ausprägung, was alle drei allerdings gemein haben, sie kümmern sich um ihr Vieh – 365 Tage im Jahr. Bäßler, Geiger und Weiberle haben sich nicht nur mächtig geärgert, über, nach ihrer Einschätzung unreflektierten Vorwürfen, die jetzt durch den Öffentlichen-Rechtlichen Rundfunk und die Gazetten waberten, sondern sie haben die BZ-Redaktion eingeladen, sich in ihren Ställen ein Bild von der Wirklichkeit einer bäuerlichen Viehhaltung zu machen.

„Investitionen in das Tierwohl wirken sich direkt auf die Milchleistung aus.“

Wenn es um das Tierwohl von Milchkühen geht, ist eine Beurteilung eigentlich ganz einfach, wie der Freiberger Landwirt Fritz Bäßler zusammen mit seinem Vater Walter erklärt. In der Mitte ihrer 143 Kühen, die mindestens einmal gekalbt haben und damit zu den Milchkühen zählen, sagt Fritz Bäßler: „Weil es ihnen sehr gut geht, geben sie auch viel Milch.“ Bei der Milchviehhaltung wirkten sich die Investitionen in das Tierwohl direkt auf die Milchleistung aus. „Man kann eine Kuh nicht ausbeuten“, betont der Landwirt. Inzwischen sind in ihrem Freiberger Offenstall drei Melkroboter im Einsatz mit dem Ziel, dass pro Melkung etwa zehn bis zwölf Liter abgepumpt werden. Durch diese moderne Technik, könne jede Kuh nach ihrem eigenen Rhythmus weitgehend selbst bestimmen, wann sie gemolken wird. „Kühe sind Gewohnheitstiere, sie brauchen ihren Rhythmus“, merkt Walter Bäßler an, und durch diese Technik würden die Rahmenbedingungen für gleichbleibende (Tages)-Abläufe geschaffen.

Die Umstellung auf die moderne Bewirtschaftung seit 2016, unter anderem mit Melkrobotern, habe nachweislich einen höheren Milchertrag ergeben, erklärt der 31-jährige Tobias Geiger im technisierten Offenstall in Bissingen. So habe sich die durchschnittliche Leistung der Milchkühe seit dem Umzug vom alten in den neue Stall von rund 8000 auf 9000 Liter Milch erhöht. „Wir haben nichts verändert, auch nicht beim Futter, nur die Tatsache, dass es den Kühen noch besser ging“, sagt Geiger.

Sein Ziel sei es, die Milchkühe lange auf dem Hof zu halten. So strebe er an, den Altersdurchschnitt der Milchkühe jedes Jahr um 0,1 zu steigern. Inzwischen liege dieser Altersdurchschnitt seiner Milchherde bei 5,1 Jahren. „Die älteste Kuh ist kürzlich nach zwölf Jahren vom Hof gegangen“, betont der Bauer. 90 Kälber, jeweils hälftig weibliche und männliche Tiere, werden jedes Jahr auf seinem Hof geboren, die dann fünf Monate auf Stroh liegen. Von den 45 weiblichen Kälber wählt er 25 als künftige Milchkühe aus, die anderen kommen zusammen mit den Bullenkälbchen zum Mastbetrieb eines Kollegen in Freiberg.

„Unsere Rasse ist das Fleckvieh“, erklärt Geiger. Diese „Zwei-Nutzung-Rasse“ bringe zwar mit jährlich 9000 Litern Milch etwa 4000 Liter weniger als die „Holsteiner“. Allerdings bringe der Verkauf eines Holstein-Bullenkalbs gerade einmal 50 Euro, ein Fleckvieh-Bullenkalb dagegen zwischen 400 und 500 Euro. „Am Ende des Fleckviehs erwirtschaftet man fast die gleichen Einnahmen“, so Geiger, wie mit „Holsteiner“, die für die Fleischproduktion gemästet werden.

„Es ist wichtig, dass eine Kuh gut altern kann“, sagt Fritz Bäßler, während ein Roboter das Silagefutter auf der Edelstahl-Futterrinne zu den Kühen kehrt. Diese Rinne sei im Übrigen für die Kühe sehr angenehm, da ihre Zunge ein wichtiges Tastorgan darstelle. Es dauere etwa zwei Jahre, die rund 2000 Euro kosten, bis aus einem Kälbchen eine Kuh wird, die dann Milch gibt. Wenn bei einer Kuh die erste Laktation gut funktioniere, dann wirke sich das auch auf die Lebensleistung des Tieres aus.

„Die älteste Kuh ist kürzlich nach zwölf Jahren vom Hof gegangen.“

„Solange eine Kuh trächtig wird, solange bleibt sie auf dem Hof“, bestätigt Tobias Geiger. Sein Ziel ist es, eine Erneuerung der Herde von jährlich etwa 20 Prozent, das entspricht 14 Tieren. „20 Prozent werden aufgezogen, dann entscheide ich, muss eine alte Kuh gehen oder kommt die junge Milchkuh auf eine Versteigerung“, merkt er an. Zurzeit ist Martina die älteste Kuh im Stall, geboren am 22. November 2010. Durchschnittlich gebe jede seiner Kühe 87 000 Liter Milch. Geiger. „Nur eine Kuh, die gesund ist, kann so lange so viel Milch geben.“

Was passiert mit einer Milchkuh, wenn sie keine Milch mehr gibt? „Die Burgerproduzenten in den großen Ketten sind unsere größten Abnehmer“, sagt Geiger. Doch dabei gebe es klare rechtliche Vorgaben, denn eine Kuh kann nur geschlachtet werden, wenn sie noch laufen kann. Ein gebrochenes Bein etwa, mache aus einer Kuh Sondermüll, „das wäre natürlich nicht nachhaltig“, betont der Landwirt.

„Als Landwirte müssen wir natürlich am Ende des Tages Geld verdienen“, sagt Fritz Bäßler. Man habe einen gesetzlich vorgegebenen Rahmen, den jeder Bauer einhalte. Durch die Förderrichtlinien entscheide die Politik über die Rahmenbedingungen, und beeinflusse damit die Wirtschaftlichkeit der landwirtschaftlichen Betriebe. Dem Vorwurf der „Massentierhaltung“, entgegnet Walter Bäßler, dass es diese zumindest in Süddeutschland nicht gebe. „Massentierhaltung bei Kälbern beginnt da, wenn der Bauer keine persönliche Beziehung zum einzelnen Tier hat“, so Bäßler und sein Sohn Fritz merkt an: „Wir sprechen von Nutztierhaltung, die einen Nutzen für die Ernährung der Menschen hat.“

„Ein Sinnbild der Gemütlichkeit“, sagt Erich Weiberle vom Kirbachhof inmitten seiner 35 Milchkühe auf der Weide. Die Weidetierhaltung habe eine 400 Jahre alte Tradition im Kirbachtal, dabei wurden und werden Flächen genutzt, die nicht anderweitig für die menschliche Nahrung verwendet werden können. So weit es die Witterung zulässt, sind seine Kühe auf der Weide, im Offenstall werden sie von ihm, seinem Sohn David und anderen Mitarbeitern morgen und abends im Melkstand gemolken.

Die rund zehn Kälber im Jahr werden alle auf dem Kirbachhof aufgezogen. „Entweder für Mast, das heißt die Fleischproduktion, sowie die weiblichen Kälber teilweise zum Milchvieh“, erklärt Weiberle. In der eigenen Hofmetzgerei werden die Masttiere geschlachtet, das Fleisch und die Wurst im Hofladen und auf Wochenmärkten in Bönnigheim und Kirchheim verkauft. „Kein Rind verlässt unseren Hof – außer über die Theke“, sagt Bauer Weiberle.

„Ein Rind verwertet Grass, was der menschliche Magen nicht kann“

Sie seien ein Gras-Standort, der nicht ackerfähig ist, deshalb betreibe man die Weidenbewirtschaftung. „Ein Rind verwertet Gras zu Milch und Fleisch, was der menschliche Magen nicht kann“, erklärt Weiberle, und der Mist sei natürlicher Dünger der somit Kunstdünger ersetze. Vieles werde heutzutage zu kurz gedacht, ohne die Auswirkungen zu bedenken, bemängelt der Landwirt, und nennt beispielsweise, das umfangreiche Gemüseangebot in den Supermärkten im Winter, dass von weit her transportiert werde.

 
 
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