Musikerin JISKA in Bietigheim-Bissingen „Weibliche Vorbilder sind wichtig“

Von Heidi Vogelhuber
Jana Franziska Binder auf der Halfpipe am Jugendhaus im Buch. Der Wald „Brandholz“ ist ihr Lieblingsort in Bietigheim. ⇥ Foto: Martin Kalb

Die Musikerin JISKA lebte drei Jahre in Bietigheim-Bissingen. Mit der BZ redete sie über Spaziergänge durch den Bietigheimer Wald, fehlende weibliche Vorbilder im Musikbusiness und musikalische Schubladen, die zu Schänken werden können.

Während ich in Bietigheim gewohnt habe, war ich oft hier im Wald und auf den nahegelegenen Feldern. Die Natur ist meine Inspirationsquelle“, sagt Jana Franziska Binder im Gespräch mit der BZ im Brandholz. Den Wald, der ans Bietigheimer Wohngebiet Buch angrenzt, hat die heute 23-Jährige intensiv genutzt. Drei Jahre wohnte sie in Bietigheim-Bissingen und absolvierte ihre Ausbildung zur Logopädin. Mittlerweile wohnt sie in der Landeshauptstadt und behandelt dort Patienten mit Sprach-, Sprech- oder Stimmstörungen – allerdings nur zu 50 Prozent. Denn als JISKA frönt die junge Frau ihrer großen Leidenschaft: der Musik.

Erste Band mit elf Jahren

„Die Musik dürfte auch beruflich gerne noch mehr werden“, sagt sie gegenüber der BZ. Schon immer habe sie sich für Musik interessiert, mit elf Jahren bereits in einer Band gespielt. Eine fast logische Entwicklung, sagt sie rückblickend. Denn die 23-Jährge kommt aus einer absoluten Musikerfamilie. „Meine Mutter ist Sängerin. Als Kind hat sie mich oft auf Tour mitgenommen.“ Ihr Opa sei Schlagzeuger, ihr Vater und ihre beiden Brüder spielen ebenfalls Instrumente. „Musik habe ich wie eine Sprache gelernt“, sagt sie. Es seien schon immer viele Instrumente im Wohnzimmer gestanden, sie sei immerzu von Musik umgeben gewesen.

Warum sie dann nicht Musik studiert oder von vornherein alles auf die eine Karte gesetzt habe? „Ich will Musik machen, wie es mir Spaß macht“, erklärt sie. Sie habe nicht für irgendwen das „Side-Woman“ sein wollen und auch keine Musik spielen wollen, die ihr nicht tauge, nur um über die Runden zu kommen. „Ich wollte nicht Musik machen, weil ich es muss.“ Mittlerweile jedoch würde sie es wagen, sagt sie. „Ich würde nicht mehr auf einen Plan B setzen. Die Bühne fühlt sich für mich nach Wohlfühl-Situation an.“

Das komme einerseits durch ihre bisherigen Erfahrungen im Musikbusiness und andererseits durch ihre Coachings, die sie an der Popakademie Mannheim absolvierte. Dort habe sie auch viel über Businessstrukturen, aber auch Medienrecht und Social Media gelernt. Das habe erst einmal nicht so viel mit Musik zu tun, sei aber enorm wichtig, um beruflich Musik machen zu können.

„Auch der Austausch mit anderen Musikern ist so wichtig“, gerade nach der Corona-Zeit, in der sie niemanden kennenlernen, sich mit niemandem zusammentun konnte, erklärt sie. Denn neben der Natur seien Menschen und der Austausch mit anderen Künstlern eine wichtige Quelle der Inspiration für die Musikerin. Sie singe als Erinnerung Melodien ins Handy ein. Im Studio werden diese dann zu Songs ausgebaut. „Als ich in Bietigheim gewohnt habe, wohnte auch mein Gitarrist hier. Wir hatten uns ein kleines Studio eingerichtet.“ Mittlerweile nutzt Binder ein Studio in Stuttgart nahe des Hauptbahnhofs und arbeitet mit einem Produzenten zusammen. Dieser gebe ihr viel Raum zur Entfaltung, „eine Ellbogen-Mentalität ist da nicht nötig“, sagt sie.

Angefangen hat Binder mit der Musikrichtung Ska/Reggae. „Als Elfjährige hatte ich richtig Bock auf eine Band“, erinnert sie sich. Da noch keiner in ihrer Familie Bass spielte, suchte sie sich dieses Instrument aus. Sie brachte sich später selbst noch das Gitarre- und Klavierspielen bei. Selbiges gilt für den Gesang, auf dem mittlerweile ihr Fokus liegt, „das hat sich organisch so ergeben“, sagt sie.

Auch die Musikrichtung hat sich über die Jahre verändert. Auf die Reggaetöne folgte viel Pop. Im Jazz und Soul sei der Bass wichtig, daher habe sie diesen musikalischen Weg eingeschlagen. „Ich habe viel rumprobiert und verschiedene Songs geschrieben. Einerseits funky-soulig, andererseits elektronisch.“ Mit ihrer Debut-EP „Wild Blue Yonder“, die am 1. Juli veröffentlicht wird, habe sie sich jetzt jedoch für eine Richtung entschieden: „Souliger Indie-Pop, der trotzdem groovig ist“, beschreibt sie. Sie habe sich diese Nische ausgesucht, trotzdem bleibe Experimentieren möglich. „Aus einer Schublade kann ein großer Schrank werden“, sagt sie und lacht.

Am 27. Mai erscheint ihre neueste Single „Girl next door“ von der EP, auf der auch die erste Singleauskopplung „Wings“ zu hören sein wird. Die EP umfasst sechs Songs. Ihr persönliches Highlight? „Für den Song ‚Girl next door’ habe ich mir einen Traum erfüllt und ein Streicherquartett ins Studio eingeladen. Das war wirklich überwältigend.“

Viel Unterstützung erfahren

Ohne die viele Unterstürzung von Familie, aber auch von Freunden, wäre es sehr schwer gewesen, Musik zu machen, erklärt die Sängerin und Bassistin. Aus ihrem Freundeskreis heraus habe sich ihre feste Band gebildet, mit der sie oft spontan auf Konzerten und Festivals auftritt sowie als Vorband für den Musiker Betterov ihre erste Tour bestritten hat. Auch Tontechnik, Fotografie und Video ergeben sich aus ihrem Freundeskreis heraus. „Ich liebe mein Umfeld einfach. Es fühlt sich gar nicht an wie ein Soloprojekt.“ Und doch hat sie auch kritische Worte gegenüber der Branche: „Das Thema Frauen im Musikbusiness ist immer noch sehr unterrepräsentiert“, kritisiert die Musikerin. Wenn man auf Festivalbühnen schaue, seien Frauen rar. „Es sollte mehr eine Kultur werden, in der alle Platz haben.“ Dafür setze sie sich auch ein. Beispielsweise gebe sie Bass-Workshops für Jugendliche. Von Jahr zu Jahr würden auch mehr Mädchen teilnehmen. „Weibliche Vorbilder sind wichtig, dann trauen sich auch mehr Frauen, Musik zu machen.“

 
 
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