Klavier zu sechs Händen? Wo gibts denn das? An der Musikschule Besigheim im dafür optimal eingerichteten Steinhaus. Hier treffen sich noch bis Sonntag junge Leute ab zehn Jahren, die Klavier oder Geige spielen und studieren, ambitionierte Laien und fortgeschrittene Schüler zum mehrtägigen Meisterkurs. Manche wollen sich hier für den Wettbewerb „Jugend musiziert“ vorbereiten. Es ist ein Intensivkurs für all die, die Berufsmusiker werden möchten. Dozenten wie Professor Tomislav Baynov von der Hochschule in Trossingen leiten diesen Meisterkurs. Baynov gilt in der Fachwelt als Experte für das Klavierspiel zu sechs Händen.
Musikschule Besigheim Dozenten ganz nah beim Meisterkurs
Für den letzten Schliff vor dem Wettbewerb: Meisterkurs mit Hochschulniveau an der Musikschule Besigheim
Initiatorin der Kurse ist heute die bulgarische Pianistin Sirma Velichkova. Sie unterrichtet seit 2014 an der Besigheimer Musikschule und arbeitet auch als Dozentin an der Musikhochschule in Trossingen. Die zündende Idee, Meisterkurse im malerischen Steinhaus von Besigheim in den Räumen der Musikschule abzuhalten, stammt von ihrer Vorgängerin, der Pianistin Julia Michel-Egerer. „Mir fiel auf, dass die Räume im Steinhaus von der Ausstattung her und vom Ambiente optimal sind für Kurse dieser Art“, erzählt Julia Michel-Egerer. Ursprünglich waren die Meisterkurse gedacht für Pianisten, die das sechshändige Klavierspiel etablieren wollen. Neben den mehrhändigen Kursen, kommen aber auch Schüler und Studenten, die sich hier, angeleitet von Dozenten, für Prüfungen perfektionieren wollen. „Wir haben Studenten, die bald ihren Abschluss an der Hochschule machen wollen und einfach noch mehr Unterricht brauchen“, erklärt Sirma Velichkova.
Mehr Unterricht als an der Hochschule
Beim Meisterkurs haben die Teilnehmer von Donnerstag bis Samstag jeden Tag Unterricht anstatt , wie es an der Hochschule leider oft der Fall ist, nur einmal in der Woche. Manchmal müssen sie sich sogar mit 14-tägigem Unterricht begnügen, weil der Dozent vielleicht erst anreisen muss. Beim Kurs haben alle vier Tage lang die Chance auf intensiven Austausch mit dem Dozenten und auf konzentriertes Arbeiten von hoher Intensität. Sirma Velichkova: „Für Pianisten an den Hochschulen ist es oft schon ein Kampf, sich irgendwo ein Instrument zu reservieren, um üben zu können. Hier in der Musikschule sind die Bedingungen optimal“, erklärt sie.
Zum Auftakt geben am Donnerstagabend die Dozenten Tomislav Baynov (Klavier), Hristofor Marinov (Violine) und Ting Yuan (Klavier) ein Dozentenkonzert im Steinhaus von Besigheim, um Kennern und Liebhabern einen Vorgeschmack zu geben. Zu hören sind Charakterwerke von Joseph Haydn, Franz Schubert, Peter Tschaikowski, Sergei Rachmaninow und zeitgenössischen Komponisten wie Georgi Slatew-Tscherkin. Am Ende lässt Pianist Baynov eine Eigenkomposition als Punkt auf dem „i“ hören. In der ersten Reihe sitzen die jüngsten Kursteilnehmer, ein Pianistentrio aus dem Schwarzwald. Alle drei sind zehn Jahre alt und spielen Klavier zu sechs Händen. Sie sind ganz Ohr als Baynov in die Tasten greift. Allein sein Anschlag lässt aufhorchen.
Geringe Teilnehmerzahl – Große Wirkung
Dieses Mal nehmen acht Pianisten und zwei Geiger am Meisterkurs in Besigheim teil.
„Jeder kann dabei sein. Wir haben zum Beispiel zwei Ärztinnen aus dem Kreis Ludwigsburg unter den Teilnehmern. Beide spielen ihr Leben lang Geige und wollen durch den Meisterkurs noch mehr Feinschliff bekommen in der Interpretation“, erklärt Sirma Velichkova. Durch die recht kleine Zahl können sich Dozenten ausgiebig Zeit nehmen. Velichkova stemmt die Organisation des Kurses. Den Unterricht übernehmen ausschließlich die Professoren der Musikhochschulen. Am Sonntag nach Ende des Kurses konzertieren Dozenten und Schüler beim Abschlusskonzert um 11.30 Uhr im kleinen Saal der Musikschule Besigheim.
Susanne Yvette Walter