Wir beschreiben Lösungen, wo andere nur Probleme sehen“, sagt Tilman Wörtz. Gemeinsam mit Uschi Entenmann bildet er die Chefredaktion des Mut-Magazins, das ein Mal jährlich im Herbst erscheint. Das Heft ist eine Beilage, das von der Reportergemeinschaft Zeitenspiegel herausgegeben wird, die ihren Hauptsitz in Weinstadt, im Rems-Murr-Kreis hat (siehe Info-Box). Die neunte und damit neueste Ausgabe des Mut-Magazins „Lasst uns miteinander reden“ liegt am heutigen Samstag erstmals auch der Bietigheimer, Sachsenheimer und Bönnigheimer Zeitung bei.
Mut-Magazin als Beilage in der BZ „Mut“ zeigt Lösungen statt Probleme
Der BZ liegt erstmals das Mut-Magazin bei. Die beiden Chefredakteure des Magazins, Uschi Entenmann und Tilman Wörtz, erklären im Gespräch mit der BZ, warum es ihnen so wichtig ist, die Frage „Und was jetzt?“ zu stellen.
Nicht zuletzt ist die Nähe zum Kreis Ludwigsburg Grund genug für die BZ, den beiden Herausgebern des Magazins einen Besuch abzustatten in der „Villa Zeitenspiegel“, wie sie ihren Hauptsitz, ein umgebautes altes Bauernhaus, gern nennen.
Den Finger in die Wunde legen
Als leidenschaftliche Journalisten möchten sie „den Finger in die Wunde legen“, das sei schließlich die Aufgabe eines jeden Journalisten, sagen die beiden. „Viele Medien schießen jedoch über’s Ziel hinaus“, sagt Wörtz. Immer nur negative Schlagzeilen zu bringen, „weil man auf negative Nachrichten eben stärker reagiert“, halte er für den falschen Weg. Das Mut-Magazin möchte mit konstruktivem, also lösungsorientiertem Journalismus ermutigende Beispiele zeigen, von Menschen die Probleme anpacken. „Wir wollen aber auch keine Heldengeschichten erzählen, sondern stets kritisch hinterfragen“, ergänzt Uschi Entenmann. Konstruktiver Journalismus sei eine Reaktion auf die Müdigkeit der Menschen, mit immer mehr schlimmen Nachrichten bombardiert zu werden. Das wiederum führe nicht zuletzt zur Politikverdrossenheit. „Mit der Zusatzfrage ‚Und was jetzt?’ sind wir auf viele spannende Geschichten gestoßen“, so Wörtz.
Viele Verbesserungen in Afrika
Ein gutes Beispiel sei die dritte Mut-Publikation „Afrika anders“ von 2018, sagt Entenmann. Verfolge man die Nachrichten, könne der Eindruck entstehen, dass alles schlecht sei auf dem Kontinent. „Es gibt aber viele Verbesserungen und viel Positives in der Entwicklung der unterschiedlichen Länder in Afrika“, sagt sie. Oft gebe es in der Berichterstattung jedoch nur ein kleines Zeitfenster für Nachrichten aus Afrika, das dann einen der schlimmen Konflikte zeige. „Das führt zu einer strukturellen Verzerrung der Wirklichkeit“, ergänzt Wörtz, weil man eben nur die negativen Entwicklungen in Afrika sehe.
Konstruktivem Journalismus, der Positivbeispiele erzählt, werde oft der Vorwurf der Schönfärberei gemacht. „Aber das sind die tatsächlichen Fakten“, sagt Wörtz. Es passiere eben nicht nur Schlechtes, es gehe durch engagierte Menschen durchaus voran – auch in Afrika.
Auf die Themen des Magazins komme das Reporter-Team vor allem über das Stellen von Fragen sowie die eigene Neugier, manchmal auch über Themen, an denen man derzeit in anderen Zusammenhängen arbeite, berichten Entenmann und Wörtz. Das Thema der aktuellen Ausgabe „Lasst uns miteinander reden“ fuße auf den Entwicklungen innerhalb der Politik Deutschlands, dem Erstarken der AfD. Eine aktuelle Forsa-Studie des Deutschen Beamtenbundes ergab, dass 70 Prozent der Befragten meinen, der deutsche Staat sei überfordert und versage. „Wir haben uns die Frage gestellt, ob die Vorstellung von Demokratie und was vom Staat geleistet wird, so stimmt“, sagt Entenmann. Diese Idee wurde auf sechs Themen heruntergebrochen. Erzählt werden Geschichten über Menschen, die für den Staat arbeiten. Menschen, die alles geben, um einen guten Job zu machen. Menschen, die die theoretische Arbeit des Staats somit vor Ort praktisch umsetzen. „Es ist furchtbar irrational, wie über Probleme geredet wird. Natürlich ist nicht alles toll in Deutschland. Aber anderswo ist es noch schlimmer“, sagt Wörtz.
Auch kritische Stimmen
Wie die Reaktionen auf das Mut-Magazin mit seiner anderen Herangehensweise ausfallen? „Größtenteils bekommen wir positives Feedback“, sagt Entenmann und schätzt, das auf vier positive eine negative Meldung komme. Hin und wieder ereile sie der Vorwurf der „herausgeschmissenen Steuergelder“. Das jedoch weisen die Chefredakteure entschieden zurück: „Wir finanzieren uns ausschließlich über Spenden und Anzeigen.“ Unter anderem schaltet das Bietigheimer Unternehmen Olymp Anzeigen im aktuellen Mut-Magazin, ebenso die Wiedeking Stiftung, die ihren Sitz ebenfalls in Bietigheim-Bissingen hat.
Womit sich die nächste Ausgabe des Hefts thematisch beschäftigt, könne noch nicht prophezeit werden, die Überlegungen gingen jetzt erst los, sagt Entenmann. Soviel stehe aber fest: Es werden Erzählungen über Beispiele für das erfolgreiche Beantworten schwieriger Fragestellungen sein.
Zeitenspiegel, Mut-Magazin und Biografisches zu Uschi Entenmann & Tilman Wörtz
Das Mut-Magazin ist eine unabhängige Beilage für 20 Tageszeitungen, unter anderem die Badische Zeitung, die Frankfurter Neue Presse, die Gießener Allgemeine und seit diesem Jahr auch die BZ. Das Mut-Magazin erscheint seit 2016 und hat eine Auflage von 800.000 Exemplaren.