Naturschutz im Landkreis Ludwigsburg Diese heimischen Tiere sind bedroht

Von Bigna Fink
Wildkatzen gibt es nur noch wenige in der Region. Foto: Martin Kalb

Am 3. März ist der internationale Tag des Artenschutzes.  Viele Tierarten sind bedroht oder sterben gar aus. Hier in der waldarmen, hochindustriellen Region hat es die Fauna besonders schwer.

Vor 50 Jahren wurde der Tag des Artenschutzes eingeführt: Durch das am 3. März 1973 unterzeichnete Washingtoner Abkommen sollen wild lebende Tier- und Pflanzenarten geschützt werden. Welche Tierarten sind im Landkreis Ludwigsburg bedroht und warum? Was wird für den Artenschutz im waldärmsten Kreis Baden-Württembergs getan? Die BZ hat bei Experten nachgefragt.

Noch gibt es Wildkatzen

Es gibt noch Wildkatzen im Naturpark Stromberg-Heuchelberg. Die heimischen Tiere sind laut Michael Zerrweck, Wildtierbeauftragter des Landratsamts Ludwigsburg, „sehr gefährdet“. Auf der Roten Liste der Wirbeltiere in Deutschland wird die Wildkatze als „gefährdet“ gestuft.

Um herauszufinden, wie viele Wildkatzen hier ungefähr leben, findet durch den Naturpark Stromberg-Heuchelberg seit Januar eine Lockstockaktion statt. Im Naturpark wurden Stöcke mit dem Lockstoff Baldrian aufgestellt, an denen sich die Tiere reiben. „Anhand der Haarwurzeln können wir feststellen, ob es sich um eine Wild- oder Hauskatze oder einen Mischling handelt und ihre Hybridisierung analysieren“, so Zerrweck. Die Haupttodesursache der seltenen Raubtiere sei laut Dr. Rolf Gastel von der Unteren Naturschutzbehörde der Straßenverkehr.

Seltener Ruf der Rebhühner

„Das Rebhuhn ist bei uns in den vergangenen Jahrzehnten um bis zu 90 Prozent zurückgegangen“, beobachtet Christoph Kaup. Der Eichwald in Sachsenheim war, so erzählt der Vorsitzende des NABU-Ortsverbands Sachsenheim, ein „bedeutendes Rebhuhngebiet“. Durch den „riesigen Gewerbepark mit Umgehungsstraße“ fänden sich dort kaum noch Exemplare der laut Roter Liste „stark gefährdeten“ Vogelart. „Das Rebhuhn ist wie die Feldlerche und Schafstelze ein heimischer Vogel auf offener Flur, der vom Aussterben bedroht ist“, sagt Rolf Gastel. So sind laut dem Biologen seit etwa 25 Jahren die Vogelarten Kiebitz und Grauammer in der Region ausgestorben. Der Zustand von heimischen Offenlandarten, auch bekanntlich der des Feldhasen, ist allgemein schlecht, da „sowohl das Nahrungsangebot als auch die geeigneten Lebensräume durch intensivierte Landnutzung und gesteigerten Flächenverbrauch verloren gingen“, berichtet der Wildtierbeauftragte Michael Zerrweck. Besonders Rebhuhnküken, die auf die Eiweißquellen der Insekten angewiesen sind, verhungerten oft in den ersten 14 Tagen, berichtet der Biologe. Am Donnerstagabend hat ein Rebhuhn-Monitoring der Wildforschungsstelle Aulendorf in Bönnigheim und Steinheim begonnen, berichtet Zerrweck. Um Bönnigheim-Hofen herum wird mit einem Lautsprecher der Ruf des Rebhuhns nachgeahmt. Ein echter Rebhahn antwortet dann mit seinem typischen Revierruf, um vermeintliche Eindringlinge zu vertreiben.

Not bei Insekten und Amphibien

„Die fehlenden Fliegen und Mücken an den Windschutzscheiben nach einer Autofahrt sind eines der für jeden bemerkbaren Zeichen für den sehr dramatischen Insektenrückgang “, sagt der ehrenamtliche Naturschützer und langjährige Kartierer Christoph Kaup.

Der Krefelder Studie 2017 zufolge ist die Biomasse an fliegenden Insekten um rund 80 Prozent in den vergangenen drei Jahrzehnten gesunken. Unter den heimischen gefährdeten Schmetterlingen sind etwa die Spanische Flagge, der Königskerzen-Mönch und der Helle Wiesenknopf-Ameisenbläuling. Die Gründe für das massive Insektensterben sind laut dem Hohenhaslacher Kaup vielfältig: Dazu zählen „der Einsatz von Insektiziden, die Ausräumung der Landschaft, die Trockenheit durch den Klimawandel, das Vernichten von Wildräumen und die Lichtverschmutzung.“

Auch um die Amphibien steht es in der Region laut den Experten nicht gut. Die Trockenheit der vergangenen Jahre und damit die Austrocknung von Teichen, Radspuren, Pfützen und Bächen macht den feuchtigkeitsliebenden Tieren zu schaffen. . Im Landkreis Ludwigsburg sind laut Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) 14 Amphibienarten nachgewiesen, wovon die folgenden Arten besonders gefährdet sind: Gelbbauchunke, Wechselkröte, Laubfrosch, kleiner Wasserfrosch, Grasfrosch, Kammmolch.

Massiv gefährdet ist laut Gastel auch der Steinkrebs im Naturpark Stromberg. Zusätzlich zur vom Amerikanischen Sumpfkrebs eingeschleppten Krebspest komme der heimische Steinkrebs durch Trockenheit in Bedrängnis.

Bei den Fischen kommt zum Beispiel der Strömer als stark gefährdete Art im Landkreis vor, heißt es von der LUBW.

Eine gute Nachricht hat der Biologe zum Schluss: Durch den Einsatz von Naturschutzgruppen sei etwa der Bestand an den Eulenarten Steinkauz und Uhu in den vergangenen Jahren im Landkreis gestiegen.

Wege, um sich für die Artenvielfalt einzusetzen

In den Ortsverbänden der Naturschutzorganisationen
wie dem NABU und BUND können sich Ehrenamtliche aktiv in Projekten für den Artenschutz vor der Haustüre einsetzen.

Auch wer einen naturnahen Garten oder Balkon hat, „erschafft ökologische Trittsteine“, rät Christoph Kaup vom NABU Sachsenheim. „Bürger können viel erreichen, wenn sie strukturreiche Gärten mit heimischen Pflanzenarten schaffen, Streuobstwiesen erhalten oder ihre Rasen deutlich seltener mähen, damit blühende Pflanzen und Tierarten dort entwickeln können“, heißt es von der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg.

Firmen wie die im Gewerbegebiet Sachsenheim mit enormer Gebäudebeleuchtung trügen nachts mit einem „kilometerweiten Lichtkegel“ zur Lichtverschmutzung bei, die Insekten an der Fortpflanzung hindere, warnt der Vorsitzende des NABU-Ortsverbands Sachsenheim. Es gebe alternative Sicherheitsvorkehrungen
und insektenfreundlichere Beleuchtungen.

Eine Vorreiterrolle
im kommunalen Naturschutz nehme Steinheim an der Murr ein, sagt Michael Zerrweck, Wildtierbeauftragter im Landratsamt Ludwigsburg. Die Stadt lasse im Vergleich zu anderen Kommunen im Kreis viel mehr Flächen und Hecken verwildern.

Daten und Fakten zu bedrohten Tierarten im Landkreis Ludwigsburg
: Nach den der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) verfügbaren Daten wurden seit dem Jahr 2000 rund 140 Arten aus verschiedenen Tierartengruppen wie Insekten, Vögel, Säugetiere sowie Fisch- und Krebsarten im Landkreis nachgewiesen, die laut Roter Liste in Baden-Württemberg besonders gefährdet sind. Darunter sind laut LUBW auch extrem seltene, landesweit vom Aussterben bedrohte Arten wie das Flammen-Adonisröschen, die Langkopf-Schmalbiene und die Schmetterlingsart Kaiserbär. Ursachen für die Gefährdung sieht die Landesanstalt in „Verlusten strukturreicher Lebensräume, zum Beispiel bei vielen Arten der Feucht- und Saumbiotope, der Magerstandorte sowie bei vielen Ackerwildkräutern“.

 
 
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