Nebelschwaden über Neckarwestheim Der dickste Turm der Region

Von Michael Soltys
An kalten Wintertagen, an denen die Luft nur wenig Feuchtigkeit aufnehmen kann, sind die Dampfschwaden über dem Turm des Kernkraftwerks besonders gut ausgebildet.⇥ Foto: Werner Kuhnle

Der Nebelschweif über dem Kühlturm des Atomkraftwerks ist ein Orietierungspunkt in der Landschaft. Doch seine Tage sind gezählt.

Er ist der bekannteste Turm der Region, der dickste und schwerste und bei vielen Menschen nicht sonderlich beliebt: der Turm des Kernkraftwerks in Neckarwestheim. An vielen Tagen des Jahres bietet er im weitem Umkreis Orientierung, nicht weil er selbst so riesig wäre, sondern weil die Dampfwolke über ihm kilometerweit bis Heilbronn im Norden und Esslingen im Süden erkennbar ist.

Der zu Block II des Kernkraftwerks gehörende Kühlturm wurde von 1984 bis 1987 erbaut und im Januar 1989 in Betrieb genommen. Er hat eine Gesamthöhe von rund 51 Metern. Sein Durchmesser beträgt nach Angaben des Betreibers EnBW an der Basis rund 160 Meter, an der oberen Mündung rund 76 Meter. Der Kühlturm hat eine Masse von etwa 57 500 Tonnen Stahlbeton.

Viele Menschen halten es für Rauch, was dem Kühlturm entwiecht, doch es ist Wasserdampf, der bei der Erzeugung von Atomstrom anfällt.  Die im Kernkraftwerk erzeugte Wärme wandelt Wasser in Dampf um. Der Dampf wird im Produktionsprozess auf Turbinen geleitet, die einen Generator antreiben. Dieser wiederum wandelt die Bewegungsenergie in Strom um. Anschließend wird der Dampf wieder kondensiert und gibt dabei seine Restwärme an das Kühlwasser ab, das in einem separaten Kreislauf über den Kühlturm zirkuliert. Über den Kühlturm gibt das erwärmte Kühlwasser dann schließlich die Abwärme an die Luft ab.

Und warum sind die Dampfschwaden manchmal intensiv und dicht und an anderen Tagen nur schwach ausgebildet?  Die Intensität des Nebelschweifs sei stark von der Lufttemperatur und der relativen Luftfeuchtigkeit abhängig, erläutert EnBW. So kommt es bei warmem Wetter mit niedriger relativer Luftfeuchte zu einer geringen Schwadenbildung, bei kalten Temperaturen mit hoher relativer Luftfeuchtigkeit hingegen zu einer stärkeren Schwadenbildung. Das liegt daran, dass kalte Umgebungsluft nur noch wenig zusätzliche Feuchtigkeit aufnehmen kann. Die über den Kühlturm abgegebene Luft kondensiert und ist als Nebelschweif gut sichtbar.

Die Tage des Turms, der zum konventionellen Teil des Kraftwerks gehört und mit Radioaktivität nicht in Berührung kommt, sind allerdings gezählt. Mit Block II des Kernkraftwerks Neckarwestheim darf noch maximal bis Ende 2022 Strom produziert werden. Der Kühlturm wird also längstens bis Ende 2022 in Betrieb sein, danach soll er abgebrochen werden. Ein genauer Zeitpunkt steht noch nicht fest.

 
 
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