Neckarwestheim So sieht es im GKN in Block II jetzt aus

Von Claudia Mocek
Andre Knapp, Leiter der Anlagen der Atomkraftwerke Neckarwestheim, steht im Reaktorgebäude von Block II neben dem Abklingbecken. Dort lagern die 193 verbrauchten Brennelemente, die zuvor im benachbarten Reaktordruckbehälter eingesetzt waren. Außerdem sind dort weitere 472 verbrauchte Brennelemente aus früheren Betriebszyklen untergebracht. Foto: dpa/Marijan Murat

Seit Mitte April wird auch Block II des Atomkraftwerks Neckarwestheim zurückgebaut. Wie es im Inneren der Gebäude aussieht? Die EnBW hat am Montag zu einem Ortstermin eingeladen. Denn die meisten Arbeiten finden im Inneren der Gebäude statt, von außen gibt es kaum etwas zu sehen.

Wir sind jetzt auch offiziell mit GKN II im Rückbau“, sagt der Kernkraftchef der Energie Baden-Württemberg (EnBW), Jörg Michels. Bei einer Presseführung hat der Betreiber am Montag über den Stand des Rückbaus informiert, denn: „Man sieht nichts vom Rückbau, er findet im Inneren statt.“ Im Zentrum stehen dabei zunächst die technischen Einrichtungen und Leitungen, die Gebäude bleiben erst einmal erhalten.

Im Reaktorgebäude, das nur über eine Schleuse betreten werden kann, ist es 27 Grad Celsius warm. Das gereinigte Wasser in dem Becken leuchtet topasblau. Dort sind die 193 verbrauchten Brennelemente gelagert, die bis Mitte April im benachbarten Reaktordruckbehälter eingesetzt waren. Außerdem lagern dort weitere 472 Brennelemente aus früheren Betriebszyklen. Mit weißen Überschuhen, grünen Kitteln und gelben Helmen ausgestattet, schauen sich die Besucher um.

Der Druckwasserreaktor von Block II mit einer installierten elektrischen Leistung von 1400 Megawatt war im Januar 1989 in Betrieb gegangen. Nach 34 Jahren Leistungsbetrieb war er am 15. April 2023 gegen 23:59 Uhr vom Netz gegangen. Als es soweit war, hätten die Mitarbeiter „schon kurz geschluckt“, sagt Andre Knapp, Leiter der Anlagen der Atomkraftwerke: „Aber es war für uns klar.“ Der 48-Jährige will nicht in die Vergangenheit schauen, sondern nach vorn: „Wir gestalten etwas.“ Ihm ist wichtig, dass der Leistungsbetrieb über Jahre sicher gelaufen sei und so wollten die rund 600 Mitarbeiter am Standort auch den Rückbau umsetzen. Von einem besonderen Moment spricht auch Michels. Die Geschäftsführung habe sich im Hintergrund gehalten, es sei beim Abschalten vor allem um den reibungslosen Ablauf gegangen. Die Brennelemente wurden dann aus dem Reaktordruckbehälter entfernt und in das benachbarte Lagerbecken überführt. Dort lagern sie nun drei bis vier Jahre. Der Vorgang sei Routine gewesen, der Unterschied zum Leistungsbetrieb: Es wurden keine neuen Brennelemente mehr installiert.

Von Atomaufsicht überwacht

„Der Rückbau ist komplett genehmigt und für uns nichts Neues“, sagt Michels, alle fünf Kernkraftwerke der EnBW befinden sich im Rückbau. Damit sei das Unternehmen bundesweit führend, betont er. Das erfahrene Personal werde weiter für die Planung, Umsetzung und Qualitätssicherung gebraucht. Rund 20 Jahre dauert der Rückbau vor Ort, der unter anderem von der Atomaufsicht überwacht wird. Daher hätten auch die Beschäftigten am Standort, die im Schnitt 50 Jahre alt seien, eine berufliche Perspektive.

„Robuste Werkzeuge“

Nun wird die Dekontamination der nuklearen Systeme vorbereitet. 99 Prozent der radioaktiven Strahlung stecken in den Brennstäben, ein Prozent im Primärkreislauf. Dieser werde so weit wie möglich von radioaktiven Partikeln befreit. Anschließend werden die Einbauten des Reaktordruckbehälters zerlegt – mit „ganz normalen, robusten Werkzeugen“ wie Seilsägen, Fräsen und Bandsägen. Dann folgt die Demontage der Hauptkühlmittelleitung.

„Nicht kontaminiert, bitte durchgehen.“ Die eine Tür des Ganzkörpermonitors im Reaktorgebäude von Block II öffnet sich, der Dosimeter zeigt Null an. Befreit von Überschuhen und Kitteln geht es vorbei an Postern von Marilyn Monroe, Charlie Chaplin und Humphrey Bogart ins kühlere Maschinenhaus. Hier sind die Hoch- und Niederdruckturbinen, der Generator sowie die Kondensatoren untergebracht. Mit weiß-roten Absperrbändern gesichert lagern Ventile und andere große Metallelemente auf dem Boden. Musste man im Leistungsbetrieb hier Gehörschutz tragen, weil zwei Tonnen Dampf pro Sekunde produziert wurden, ist es nun auffällig still. Bis auf ein gelegentliches Zischen und das Surren der Lüftung ist nichts zu hören. Die Anlagen werden nicht nach Frankreich verkauft, wo viele AKWs im vergangenen Jahr abgeschaltet werden mussten, versichert Michels. Sie werden eingeschmolzen, der Wertstoff wiederverwendet.

Wie es im Maschinenhaus bald aussehen wird, zeigt ein Blick in das obere Geschoss des Maschinenhauses von Block I, der sich bereits seit April 2017 im Rückbau befindet: Die riesige Halle ist leer, von den Turbinen keine Spur mehr. Nur die Leuchtstoffröhren surren leise und die große Uhr an der Wand zeigt 15.55 Uhr.

Ein „herausragendes Thema ist die Logistik“, sagt Michels. Denn der Rückbau gehe weit über die Demontage hinaus. Das Material muss kategorisiert und die Lagerung, Entsorgung und Wiederverwertung organisiert werden. Das Ziel: „Möglichst wenig Endlagervolume“.

Radioaktiver Abfall

Die Gesellschaft für Zwischenlagerung des Bundes betreibt auf dem Gelände von Neckarwestheim zwei Tunnelröhren in einem Felsen. Darin stehen Transport- und Lagerbehälter für radioaktive Abfälle bereit. Wo diese einmal endgültig gelagert werden, weiß heute noch niemand.

In Neckarwestheim werden die Gebäude erst nach dem Abschluss des nuklearen Rückbaus aus dem Atomrecht entlassen. Dann können sie abgerissen oder neu genutzt werden. „Bisher gibt es dazu aber noch keine konkreten Pläne“, sagt Michels.

 
 
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