Neue Ausstellung im Hornmoldhaus in Bietigheim-Bissingen Einer der Urväter der Manga-Zeichnungen

Von Gabriele Szczegulski
Günter Beck sammelt die Holschnitte des japanischen Künstlers Kawanabe Kyosai, so wie es auch schon der Bietigheimer Erwin von Bälz im 19. Jahrhundert tat. Aus beiden Sammlungen sind Werke im Hornmoldhaus zu sehen.⇥ Foto: Martin Kalb

Erwin von Bälz nannte Kawanabe Kyosai den größten lebenden japanischen Künstler seiner Zeit. Das Stadtmuseum zeigt die Sammlung „Japanischer Künstler zwischen den Zeiten“ von Günter Beck.

Was haben der Bietigheimer Leibarzt des japanischen Kaisers, der im 19. Jahrhundert lebte, und der Pforzheimer Lithograf und Fotograf Günter Beck, der im 21. Jahrhundert lebt, gemeinsam? Beide haben eine Vorliebe für den japanischen Holzschnittkünstler und Maler Kawanabe Kyosai. Beide sammelten und sammeln dessen Werke. Die von von Bälz, vor allem Gemälde, sind im Besitz des Stadtmuseums Hornmoldhaus. Die von Beck sind nun in der neuen Ausstellung zu sehen, und dies sind vor allem Holzschnitte.

Für den Bietigheimer Arzt Erwin von Bälz, der fast 30 Jahre in Japan lebte und auch Kawanabe bis ans Sterbebett betreute, war der japanische Künstler „der beste seiner Zeit“ und so kaufte er viele Werke und brachte sie nach Bietigheim. Günter Beck, der noch nie in Japan war, wurde aus eher technischen Gründen und der Faszination am japanischen Holzschnitt zum Sammler und kauft hauptsächlich übers Internet.

Altmeister beeinflusst Manga

Eindrucksvoll zeigt sich in der neuen Ausstellung „Japanischer Künstler zwischen den Zeiten“, wie zeitlos Kawanabe Kyosais Werke sind. Vor allem beeinflusst der Altmeister bis heute künstlerisch die äußerst aktuelle und weltweite Manga-Bewegung, die gerade in Deutschland derzeit wieder ein Hoch erlebt. Carina Rosenlehner, Volontärin des Museums und Kuratorin der Ausstellung, folgt in dieser Einschätzung nicht nur Sammler Beck, sondern auch der derzeitigen Wertschätzung der Werke von Kawanabe.

Und sie zeigt die Einflüsse in den politischen, satirischen, aber auch einfach nur witzigen Werke: Da sind die vielen Bewegungslinien, also Linien, die eine Bewegung andeuten sollen. In dem Werk „Schlacht von Edo“ sieht man einen Strahlenkranz aus Linien, der eine Art Kanonenfeuer beschreiben soll. Eine Darstellung, wie sie heute in Mangas zu finden ist. Oder die reduzierte Zeichnung von Gesichtern und deren kantige Form.

Zudem, auch dafür zeigt die Ausstellung weitere Beweise, wie Kawanabe, der in einer Zeit des Umbruches des Shogunats hin zum Kaiserreich lebte, Mangas beeinflusste. Der Künstler hat in den 1870er-Jahren eine der ersten japanischen satirischen Zeitschriften gegründet, in der comicartig Ereignisse aufgearbeitet wurden. Zudem produzierte er Bücher oder Leporellos in Serie, wie auch der Manga in Japan eine Fortsetzungsgeschichte ist. Jeden Monat kommt die nächste Folge in einer Zeitschrift. Animés – Mangas verfilmt oder als Webtoon veröffnetlicht – machen diese Episodenserie auch. „Kawanabe kann also durchaus als einer der Urväter des Mangas angesehen werden, zumindest hat er diese Art, zu zeichnen, in Japan etabliert und es wurde eine Tradition daraus“, sagt Rosenlehner.

Kunst als Vorbild für Spiele

Dass japanische, klassische Kunst gerade bei jungen Künstlern wieder hoch im Trend liegt, zeigte sich auch am vergangenen Wochenende im ZKM in Karlsruhe. Dorthin waren Rosenlehner und Museumsleiterin Cataharina Raible gefahren, um zwei Leporellos aus der Sammlung von Bälz zu zeigen. Im ZKM trafen sich die Teilnehmer des Hackathons „Coding Da Vinci“, um sich kulturelle Vorlagen für ihre Gaming-Anwendungen auszusuchen, die ihnen unter anderem vom Landesmuseum, der Staatsgalerie und dem Hornmoldhaus zur Auswahl gestellt wurden. Teams aus Programmierer entwickeln daraus Prototypen für Apps, Webseiten, Spiele oder interaktive Installationen, die zeigen, wie Sammlungsobjekte von Institutionen auf neue Weisen genutzt werden können. „Mehrere Game-Entwickler haben sich unsere japanischen Kunstwerke ausgesucht“, so Raible. Die Faszination der Werke Kawanabes ist so groß wie selten zuvor. Bei Sothebys erreichte einer seiner Holzschnitte einen Preis von knapp 500 000 Euro.

 
 
- Anzeige -