Neue Ausstellung Niederländische Expressionisten in Bietigheim-Bissingen

Von Gabriele Szczegulski
Petra Lanfermann, stellvertretende Leiterin der Städtischen Galerie, hat die Ausstellung mit expressionistischen Werken der niederländischen Künstlergruppe De Ploug konzipiert. Foto: /Martin Kalb

Die Städtische Galerie Bietigheim-Bissingen präsentiert die erste große Ausstellung der Künstlergruppe De Ploeg in Deutschland und den einzigen Katalog auf Deutsch.

Niederländische Expressionisten hatten und haben es schwer: Die Konkurrenz durch die holländischen Meister der letzten Jahrhunderte wie Rembrandt, van Gogh und Konsorten ist zu übermächtig. Der niederländische Expressionismus kam nach dem Ersten Weltkrieg zu wenig Ehren. Aber da gibt es die Stadt Groningen, sozusagen ein gallisches Dorf. Aus diesem kommen die Werke, mit der die neue Ausstellung „Die expressionistische Künstlergruppe De Ploeg“ in der Städtischen Galerie Bietigheim-Bissingen bestückt ist.

In Groningen gibt es ein Museum, das 2000 Werke der Künstlergruppe De Ploeg besitzt und deren expressionistische Künstler immer wieder in Ausstellungen präsentiert. Und so wurde aus den um Anerkennung ringenden Künstlern mittlerweile ein „Nationalheiligtum“, so Galerieleiterin Isabell Schenk-Weininger.

Größte Ausstellungaußerhalb der Niederlande

Ab 1918 war Groningen auch das Mekka der niederländischen Expressionisten. Rund um vier Gründungsmitglieder entstand eine zu Hochzeiten 30 Künstler umfassende Gruppe, die sich den Expressionismus zur Aufgabe machte. Und vor allem mit zahlreichen Werken, Druckerzeugnissen, Ausstellungen und anderen Aktionen den Expressionismus in den Niederlanden öffentlich machte.

Die Städtische Galerie richtet die erste große Ausstellung mit den Werken der Künstlergruppe außerhalb der Niederlande aus. Zudem bietet sie auch den ersten Katalog in deutscher Sprache über die niederländischen Expressionisten an, der im Verlag der BZ gedruckt wurde. Das Groningen Museum und die Museen in Ahlen, Erfurt und Itzehoe, wo die Ausstellung auch gezeigt wird, werden ihn anbieten.

Im Foyer der Galerie sind Porträts der Künstlermitglieder präsent, die sie gegenseitig von sich machten. Fotos zeigen eine homogene Gruppe, der es auch um die Gemeinschaft, das sich gegenseitige Unterstützen, Inspirieren und Helfen ging.

Vier Gründungsmitglieder kreierten die Gruppe und diesen ist jeweils ein Kabinett gewidmet: Jan Altink, der Pflüger genannt, weil er, so erklärt Kuratorin Petra Lanfermann, stellvertretende Leiterin der Bietigheim-Bissinger Galerie, „das Feld pflügen wollte, auf dem das Pflänzchen Expressionismus sprießen sollte“. Nach dem Pflüger ist die Künstlergruppe De Ploeg genannt – der Pflug. Altinks künstlerisches Verdienst, und dies sieht man in fast allen Werken der De-Ploeg-Künstler, ist es, typisch expressionistisch den Horizont nur sehr klein im Bild auftauchen zu lassen. Der Weg dahin ist für Altink viel, viel wichtiger.

Viele Ideen bekam Jan Wiegers durch Ernst Ludwig Kirchner

Jan Wiegers ist das zweite Gründungsmitglied. Er war mit zwei Werken schon einmal in Bietigheim-Bissingen vertreten, in der Ausstellung mit Werken von Ernst Ludwig Kirchner, den Wiegers in Davos traf und mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verband. Deshalb hängt auch eine Ansicht des Zuger Sees bei Davos in der Ausstellung. Wiegers gilt als Zeremonienmeister und Erneuerer in der Gruppe, da er viele neue, künstlerische Ideen, auch von Kirchner beeinflusst, einbrachte.

George Martens war der Städtemaler. Er lebte mit seiner Frau Alida Pott, ebenfalls Mitglied der Gruppe, mitten in Groningen. Vielfache Werke zeigen vor allem die Grachten der Stadt. Johan Dijkstra war als Vierter der Netzwerker und Chronist. Er sorgte für die Öffentlichkeitsarbeit mit Hunderten von Artikeln.

Die Ausstellung zeigt aber auch weitere Gruppenmitglieder, so den wohl bekanntesten auch außerhalb der Niederlande, Hendrik Werkman. Er war der Druckspezialist von De Ploeg, gestaltete Kalender, Plakate und erfand die sogenannten „Drücksel“. Mit alten Druckwerkzeugen oder Satzteilen „malte“ er seine Werke, die dadurch wie Gemälde aussehen, aber vollkommen expressionistisch anmuten.

Moderne ist nicht nur De Stijlund Pieter Mondrian

Das obere Stockwerk der Galerie ist den Themenfeldern Konstruktivismus, einer Untergruppe von De Ploeg, der Landschaft, Bauernhäusern und Gehöften sowie dem modernen Leben gewidmet.

Die Ausstellung zeigt, dass Avantgarde in den Niederlanden nicht nur die Bewegung De Stijl mit Pieter Mondrian oder Theo von Doesburg mit ihrer geometrischen Abstraktion ist und dass Expressionismus, die so wichtige Kunstbewegung, auch hier existierte. Sie zeigt, was Künstler bewegen müssen, um Anerkennung, Beachtung und auch das Geld für den Lebensunterhalt zu bekommen. Die schlaue Hängung in der Galerie und die gewählten Themenfelder machen sie zudem noch aussagekräftiger. Dass die Ausstellung, die Lanfermann kreierte, noch in weiteren deutschen Städten zu sehen ist, wird den Künstlern und ihren Werken durchaus gerecht.

Ausstellungseröffnung

Die Ausstellung
„Avantgarde in den Niederlanden – Die expressionistische Künstlergruppe De Ploeg“ wird am Freitag, 28. Oktober, 19 Uhr, eröffnet und wird bis zum 26. Februar in der Städtischen Galerie Bietigheim-Bissingen gezeigt.

 
 
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