Neuer Anlauf für Bönnigheimer Bürgerwindrad Frischer Wind am Rotenberg

Von Christian Kempf und Jürgen Kunz
Dieter Ackermann und seine Mitstreiter Joachim Taxis und Hermann Lang (von links) von der Bönnigheimer Bürgerwindrat-Initiative haben für das Areal beim Rotenberg in Bönnigheim große Pläne. Foto: /Simon Granville

Eine Initiative um Dieter Ackermann, Joachim Taxis und Hermann Lang wollte schon vor zehn Jahren am Rotenberg Windkraftanlagen bauen. Doch ob daraus jetzt Realität wird, ist offen.

Wie groß die Euphorie gewesen sein muss, kann man schon aus einer einzigen Zahl herauslesen: Rund 350 Bürger haben sich im April 2013 an der Finanzierung von zwei Windrädern im Bereich des Rotenbergs bei Bönnigheim beteiligt. Zudem stand eine Energiegenossenschaft (EG) vor der Gründung, die sich um den Betrieb der Anlagen kümmern wollte. Doch die Begeisterung verflog schon wenige Monate später, als der Standort entgegen der anfänglichen Überlegungen nicht als Vorranggebiet für Windkraft im Regionalplan ausgewiesen wurde. Nun will die Initiative aber einen zweiten Anlauf für ein Bönnigheimer Bürgerwindrad unternehmen.

Befeuert werden die aktuellen Gedankenspiele dadurch, dass im Land fast zwei Prozent der Fläche für Windräder freigehalten werden sollen. Der Verband Region Stuttgart (VRS) startete also einen neuen Suchlauf und forderte die Kommunen auf, Standorte zu melden. Der Bönnigheimer Bürgermeister Albrecht Dautel sei daraufhin auf die EG zugegangen, sagt Dieter Ackermann, Interimsvorsitzender der EG. Man habe der Stadt Daten zu dem schon 2013 in der Diskussion stehenden Areal geliefert sowie „die Information, dass wir den Bau von zwei Windrädern auf dieser Fläche anstreben“. „Wir haben den Suchlauf für einen Standort in Bönnigheim bereits 2009 begleitet“, sagt Dautel gegenüber der BZ. Jetzt habe die Stadt den Regionalplan an die Region weitergeleitet und um Vorprüfung gebeten.

Rechnerisch Strom für alle Bönnigheimer

Beim Bereich Rotenberg/Großer Saukopf handelt es sich um eine Anhöhe, die sich vor den Toren der Kommune am Waldrand ausbreitet. Wie Dautel auf Nachfrage der BZ dazu erklärte, gebe es dort städtische Grundstücke, und „die könnten zur Verfügung gestellt werden“. Der Gemeinderat habe vor knapp zehn Jahren dem Standort zugestimmt. Der Bönnigheimer Rathauschef geht davon aus, dass sich das Gremium auch beim anstehenden Verfahren zur Regionalplananpassung in Sachen Windkraft wohlwollend zu dem Standort auf eigener Gemarkung äußert.

Die Fläche liege quasi brach, der Sandsteinboden eigne sich eher schlecht als recht für einen Forst, erklärt Ackermann. „Im Hinblick auf die Effizienz von möglichen Windkraftanlagen übererfüllt der Standort aber sogar die aktuellen Vorgaben“, betont Ackermann, dem Anlagen der neuesten Generation mit einer Höhe von rund 260 Metern bis zur Flügelspitze vorschweben. „Damit könnten rechnerisch alle Haushalte in Bönnigheim mit Strom aus einer nachhaltigen Quelle versorgt werden“, konstatiert er. Man stehe mit einem Projektierer in Kontakt, der derzeit Details zu dem Projekt prüfe und mit dem man bei der Umsetzung kooperieren wolle. Mit einem Ergebnis werde in den nächsten Wochen gerechnet. Bürger könnten sich finanziell bei dem Vorhaben einbringen.

Region bietet frühzeitige Abklärung an

Ob das dann auch für die in der Frage höchste Instanz, den VRS gilt, muss sich zeigen. Eine konkrete Einschätzung zu den Chancen für die Fläche könne er noch nicht abgeben, erklärt der Technische Direktor Thomas Kiwitt. „Dazu wäre ein konkreter Standort und eine konkrete Anlagenkonstellation erforderlich“, konstatiert er. Grundsätzlich stehe man aber für frühzeitige Abklärung gerne zur Verfügung. Bei Bedarf sei man „auch rasch in der Lage, die notwendige Entscheidung des zuständigen Gremiums herbeizuführen“.

Weitere mögliche Standorte im Landkreis

Aussagen, die sich auch auf den Fleckenwald in Vaihingen münzen lassen, an dem sich die örtliche Energiegenossenschaft ebenfalls den Bau von Windrädern vorstellen könnte. Eine Mehrheit der Fraktionen im Gemeinderat unterstütze es, den Standort auf dem Höhenzug bei der Deponie Horrheim bei der Region anzumelden, sagt die EG-Vorsitzende Susanne Schwarz-Zeeb. Drei Anlagen schweben der EG dort vor. Der Maschinenbauer Romai in Horrheim wolle den Strom von einem der Windräder abnehmen, sagt Schwarz-Zeeb.

Bei Ensinger Mineral-Quellen in Vaihingen-Horrheim hat man ähnliche Absichten. „Im Zuge des Umbaus der Stromversorgung unseres Unternehmens hin zu 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien haben wir großes Interesse daran, Strom aus diesen Windkraftanlagen direkt zu beziehen“, so Geschäftsführer Frank Lehmann.

Das von der EG ins Auge gefasste Terrain ist aber nur ein möglicher Standort für Windräder in Vaihingen. „Der Verband Region Stuttgart hat uns neben dem Fleckenwald mehr als zehn so genannte Suchräume – also Flächen mit mehreren möglichen Anlagen-Standorten – im Norden und Süden der Gemarkung vorgeschlagen, die wir nun prüfen müssen“, erklärt Pressesprecher Mario Steigleder. Diskutiert werde das Thema Anfang 2023 im Gemeinderat.

Zahlreiche Rückmeldungen an die Region

Was den neuerlichen Suchlauf allgemein anbelangt, so scheint die Region einen Nerv getroffen zu haben. „Die frühzeitige Information der Kommunen hat zu zahlreichen Rückläufen geführt, die wir gerade aufbereiten“, berichtet Kiwitt. „Ich gehe davon aus, dass wir früh im kommenden Jahr mit den Beratungen zu konkreten Vorranggebieten beginnen können“, erläutert Kiwitt.

Die Möglichkeit scheint wegen der Höhe auf der Hand zu liegen, doch das Landratsamt Ludwigsburg stellt klar: Auf der ehemaligen Deponie am Lemberg zwischen Affalterbach und Poppenweiler wird kein Windrad gebaut. Der Abstand zur Wohnbebauung sei gering. Außerdem liege der Standort im Wald, weshalb es zu Turbulenzen und verringerten Windgeschwindigkeiten komme. Vor allem aber wäre die Standsicherheit „erheblich beeinträchtigt“, da der Zersetzungsprozess des Hausmülls nicht abgeschlossen sei, folglich kontinuierlich Setzungen einträten.

Dagegen könnten auf Schwieberdinger Gemarkung zwei Windräder realisiert werden. Die Firma Bosch arbeitet hier mit einem Projektierer zusammen, würde den Strom der Anlagen dann selbst verwenden. Mehrfach Interesse an einem zweiten Windrad hat überdies die Energiegenossenschaft Ingersheim bekundet, die aktuell die einzige Anlage im Landkreis Ludwigsburg betreibt.

Im April 2013 schon einen Schritt weiter

Um ein oder zwei Windräter zu bauen, ging die Bürgerwindrad-Initiative von Bönnigheim im April 2013 unbeirrt ihren Weg. Wie die BZ in ihrer Ausgabe vom 16. April 2013 berichtete, wurde, obwohl der Standort am Rotenberg noch nicht gesichert war, am 9. April eine Genossenschaft gegründet.

„Jetzt ist die Initiativgruppe einen wichtigen Schritt weitergekommen“, sagte Hermann Lang damals gegenüber unserer Zeitung. Mit der Unterstützung von Dr. Michael Roth, Gründungsberater des Genossenschaftsverband Baden-Württemberg, ging das Bürgerwindrad Bönnigheim und Umgebung i in die Gründungsphase. In der Gründungsversammlung am 9. April in Bönnigheim wurde die Satzung der Genossenschaft beschlossen und von den neun Mitgliedern unterzeichnet. Diese wurde zur Prüfung dem Genossenschaftsverband vorgelegt. Zudem wurden drei Vorstände berufen und die Aufsichtsräte gewählt. Die Geschäftsführung der neuen Genossenschaft übernahmen die Vorstände Dr. Ing. Dieter Ackermann, Verwaltungsfachwirt Jürgen Bothner und Hermann Lang (Lehrer i.R.). Unter dem Vorsitz von Joachim Taxis waren im Aufsichtsrat Heinrich Blasenbrei-Wurtz, Jürgen Carstens, Ralf Grannemann, Klaus Hamm und Gerhard Hepperle.

Damit war der erste Schritt zur handlungsfähigen Genossenschaft Bürgerwindrad Bönnigheim und Umgebung gemacht. Nach erfolgter positiver Prüfung durch den Genossenschaftsverband sollte das Bürgerwindrad Bönnigheim und Umgebung in das Genossenschaftsregister beim Amtsgericht Stuttgart eingetragen und ist dann voll geschäftsfähig. „Vorrangiges Ziel der Energiegenossenschaft ist die Erstellung von einem oder mehrerer Windrädern auf Gemarkung Bönnigheim oder daran angrenzend“, erklärte Vorstandsmitglied Lang. Die Genossenschaft hatte den Anspruch alle Möglichkeiten nutzen, „damit Ende des Jahres 2013 die Genehmigung für den Bau eines Windrades erteilt wird.“ Der Plan war, dass danach Genossenschaftsanteile in einer Stückelung von 1500 Euro ausgegeben werden.

2013 hatten sich beim Bürgerwindrad Bönnigheim, so die Auskunft von Hermann Lang, etwa 300 interessierte Anleger aus Bönnigheim und Umgebung auf eine Warteliste setzen lassen.

 
 
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