Oberriexingen Kleine Stadt, große Hilfsbereitschaft

Von Bigna Fink
Auch um Freizeitaktivitäten für Geflüchtete kümmert sich der Arbeitskreis Asyl Oberriexingen. Unter anderem stand schon ein Besuch im Blühenden Barock auf dem Programm. Foto: Arbeitskreis Asyl

In Oberriexingen leben 41 Geflüchtete aus der Ukraine und 13 aus anderen Ländern. Um die Integration kümmert sich der Arbeitskreis Asyl.

Der Krieg in der Ukraine hält länger an als erwartet – Menschen fliehen weiterhin aus dem osteuropäischen Land und zurück möchten viele auf ungewisse Zeit nicht mehr.

Seit Juni 2022 sind bisher keine weiteren Geflüchteten in Oberriexingen angekommen, heißt es von der Verwaltung. Doch die Stadt rechnet damit, kurzfristig neue Familien aufzunehmen. Aktuell wird auf der Webseite ganz konkret nach privatem Wohnraum für eine alleinstehende Frau, eine Mutter mit Schulkind und eine Mutter mit zwei Schulkindern, alle aus der Ukraine, gesucht.

„Anfangs sind die Geflüchteten aus der Ukraine hauptsächlich bei Verwandten untergekommen“, berichtet Karin Großkopf, Vorsitzende des Asylkreises Oberriexingen, der sich unter dem Dach der Evangelischen Kirchengemeinde zusammengeschlossen hat. „Auch einige Privatleute haben die Menschen aufgenommen, in leer stehenden Zimmern oder Anliegerwohnungen.“

Kapazitäten langsam erschöpft

Doch langsam seien die Kapazitäten erschöpft, auch weil sich der Krieg so ungewiss lange hinziehe und man nicht wisse, für welchen Zeitraum der Wohnraum benötigt werde. Jetzt werden dringend private Vermietungen von Wohnungen für Geflüchtete gesucht.

Kürzlich konnte eine ukrainische Familie in eine private Wohnung vermittelt werden, dadurch wurden zwei Zimmer in der städtischen Unterkunft in der Ringstraße für maximal sieben Personen frei. Dies ist auch die Kapazität, die die Stadt momentan für weitere Flüchtlinge besitzt und dem Landratsamt gemeldet hat, berichtet Bettina Klepper, stellvertretende Leiterin des Hauptamtes der Stadt Oberriexingen. Dass Menschen in Sporthallen untergebracht werden müssen, stehe aktuell nicht zur Debatte, „aber wir müssen sehr kurzfristig reagieren“, sagt Klepper.

In enger Kooperation mit der Stadtverwaltung engagiert sich der Asylkreis Oberriexingen dafür, dass den geflüchteten Menschen gleich welcher Herkunft geholfen wird und sie hier Fuß fassen können. 26 ehrenamtliche Aktive zählt der Asylkreis, dazu kommen zehn Helfer auf Abruf, erzählt Karin Großkopf. Durch Alltagspaten werden Menschen ganz individuell bei der Integration unterstützt. Den Asylkreis gibt es seit 2014, als viele Menschen aus Syrien geflohen sind. „Auch beim Krieg in Syrien dachte man nicht, dass der so lange dauert. Teilweise leben Menschen aus Syrien hier seit acht Jahren“, sagt die 51-Jährige. „Die große Herausforderung neben dem Wohnraum ist der bürokratische Aufwand, den Geflüchtete hier bewältigen müssen: darunter Aufenthaltsstatus, Schulbesuch, Integrationskurse.“ Vor allem bei dieser „Papierflut“ sind die Geflüchteten auf die Hilfe der Ehrenamtlichen angewiesen.

Schwierig sei aber schon, dass den Geflüchteten aus anderen Ländern – in Oberriexingen sind es Familien aus Syrien, Eritrea und Nigeria, insgesamt 13 Menschen – , es schwerer gemacht werde als den ukrainischen Geflüchteten: „Die Geflüchteten aus der Ukraine haben im Vergleich zu den anderen Geflüchteten große Vorteile. So müssen sie etwa keinen Asylantrag stellen und können direkt mit Integrations- und Deutschkursen starten. Auch eine Arbeitserlaubnis haben sie im Gegensatz zu Geflüchteten aus anderen Ländern sofort“, sagt Großkopf.

Deutschkurs organisiert

Einen Deutschkurs hat der Asylkreis nun ein halbes Jahr ehrenamtlich für alle Geflüchteten in Oberriexingen ermöglicht, bis Ende Oktober läuft der Kurs: Zwei Lehrerinnen in Rente unterrichten die Menschen, währenddessen wechseln sich sechs Frauen mit der Kinderbetreuung ab und vier Köchinnen und Köche sorgen abwechselnd für ein warmes Mittagessen.

Auch um Freizeitaktivitäten für Geflüchtete kümmert sich der Arbeitskreis Asyl Oberriexingen.

So machten die Ehrenamtlichen mit den geflüchteten Familien im Sommer einen Ausflug ins Blühende Barock: „Das war einmal etwas anderes, besonders schön auch für die Kinder im Märchengarten“, erzählt Karin Großkopf. Sie schwärmt von dem Sommerfest, das der Asylkreis mit den Geflüchteten auf einem Grundstück einer Ehrenamtlichen gefeiert haben. „Die Menschen haben Essen aus ihren Herkunftsländern zubereitet. So gab es ukrainische, eritreische, nigerianische und syrische Speisen.“ Wie groß das Engagement einzelner Ehrenamtlicher ist, zeigt auch ein Beispiel eines Nigerianers, der eine Ausbildung zum Pfleger in Bietigheim macht. Da er um 7 Uhr morgens mit der Arbeit beginnen muss, und so früh noch keine Busse fahren, wird er von Asylkreis-Aktiven auch sonntags zur Arbeitsstelle gebracht.

Schicksal der Menschen bewegt

„Mich bewegt das Schicksal der Menschen, die nichts dafür können, dass in ihrem Land Krieg und Verfolgung herrschen,“ sagt die Vorsitzende Großkopf über die Beweggründe ihres Engagements für die Geflüchteten. „Wir möchten von unserem Wohlstand etwas abgeben.“ Die asylrechtlichen Erleichterungen für die ukrainischen Geflüchteten seien gut, fügt sie hinzu. „Aber ich wünsche mir, dass alle anderen Geflüchteten dieselbe Unterstützung erhalten.“

Info

Durch die laufende Geldspendeaktion der Stadt Oberriexingen und des Asylkreises kamen bisher laut Bettina Klepper vom Hauptamt 17 253,68 Euro in die Spendenkasse. Daraus konnte unter anderem die Erstausstattung für Geflüchtete und Unterrichtsmaterialien für den Deutschkurs des Asylkreises finanziert werden. Acht Ehrenamtliche des Arbeitskreises Asyl betreiben einen kleinen Laden, den Kleider- und Haushaltswaren-Basar in der Friedrichstraße 16. Der ist montags von 17 bis 19 Uhr für alle Bedürftigen geöffnet.

 

 
 
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