Während sich Europa noch mitten im Fußball-EM-Fieber befindet, bahnt sich bereits die nächste Großveranstaltung des Sportsommers an: die olympischen Spiele in Paris ab 26. Juli. Für Annette Hofmann, Abteilungsleiterin Sport an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg (PH) Grund genug, im Rahmen des Olympic Study Day ein Seminar über Olympia und seine pädagogischen Inhalte mit internationalen Gästen für ihre Studenten zu organisieren.
Olympic Study Day an der PH Der olympische Gedanke: Werte des Sports und die Pädagogik
Die Ludwigsburger Sportgespräche an der Pädagogischen Hochschule standen ganz im Zeichen der olympischen Idee.
Pierre-Olaf Schut von der Gustave-Eiffel-Université in Paris sprach über das Vermächtnis der Spiele. Ein wichtiger Aspekt der nachhaltigen Planung der Austragung sei demnach die Nutzung der Sportanlagen nach dem Großereignis. So soll etwa der künstlich angelegte Fluss für die Ruderwettkämpfe als Trainingsstätte oder für Touristen zum Rafting genutzt werden. Das olympische Dorf, das während der Spiele rund 9000 Athleten beherbergen wird, werde im Anschluss zu Wohnungen umfunktioniert.
Wenn alle an einem Strang ziehen
Großereignisse wie Olympia hätten generell einen Vorteil: Alle Interessensgruppen seien gezwungen, sich an einen Tisch zu setzen und an einem Strang zu ziehen. Projekte, die sonst unmöglich erscheinen, werden plötzlich denkbar. So seien etwa Jahrzehnte alte Planungen, die Seine zu säubern, erst jetzt zur Umsetzung gekommen.
Karin Volkwein-Caplan von der West Chester University of Pennsylvania referierte über die Werte des Sports. Dieser stehe gemeinhin für die Entwicklung von Frieden, Deeskalation und eine allgemein positive Werteentwicklung. „Ein Wert ist nie neutral. Menschen assoziieren Werte immer mit positiven oder negativen Gefühlen“, erklärt Die Professorin. Die Werte des Sports haben sich laut Volkwein-Caplan dabei durch die Globalisierung verändert, vorangetrieben von westlicher Wirtschaft und Politik. Heute seien andere Debatten zu führen. Dazu zählt die Betrachtung des Sports als internationales Business, die Beteiligung von Frauen und älteren Athleten, Diskriminierung von unter anderem Trans-Athleten, der Erfolgsdruck, Doping, Gehälter, illegale Sportwetten oder auch der Einfluss der Medien auf die Wahrnehmung. Während die Werte des Sports – harte Arbeit, Wettkampf, Erfolg, Respekt – noch immer positiv konnotiert seien, sei jedoch immer mehr der Einfluss von Geld und Politik festzustellen. Für Volkwein-Caplan ein Paradoxon: „Sport kann zu Veränderungen beitragen, ist aber limitiert.“
Prof. Dr. Michael Krüger von der Universität Münster ergänzte, Ziel sei zwar die Erziehung zu Fairness und Frieden, dennoch diene der Sport immer wieder auch als Anlass für Gewalt. Dass es auch anders gehe zeige die „Verbrüderung“ (so Krüger) der deutschen und schottischen Fans während der Fußball-Europameisterschaft.
Olympia im Unterricht
Daniel Barbist ist Lehrer in Leinfelden-Echterdingen, besitzt die größte private Sammlung an originalen olympischen Fackeln, ist Mitverfasser der Schulmaterialien „Olympia ruft“ und wirkte an diversen Olympia-Bewerbungen mit. Er zeigte auf, wie sich Olympia in den Unterricht integrieren lasse, sei es durch Exkursionen in die Olympiaparks in München oder Berlin, indem der Zusammenhang des Sports und der Politik erarbeitet werde oder indem die Kritik an Olympia thematisiert werde. So könne man auch der abgeflachten Euphorie für Olympia in Deutschland entgegentreten.
Die PH-Studentin und 14-fache Deutsche Meisterin im Hochsprung Marie-Laurence Jungfleisch, die 2016 in Rio de Janeiro den siebten und 2021 in Tokio den zehnten Platz erreichte, berichtete von der Bedeutung Olympias für die Athleten. „Das hat einen sehr großen Stellenwert. Für mich war Olympia das Größte“, sagte sie. Vor allem die Abschlussfeier 2016 in Rio de Janeiro sei für sie ein Highlight gewesen. Der olympische Gedanke finde sich jedoch am meisten in der Mensa im olympischen Dorf wieder, wo Athleten aus aller Welt zusammenkommen, so Jungfleisch.