Ortsnamen Spielberg hat mehr Einwohner als Sachsenheim

Von Martin Hein
Die Musikkapelle Sachsenheim/Gössenheim beim Festzug des Heimatfestes 1980. Foto: /Willi Fechner

Auch im Spessart und in Österreich gibt es Orte namens Sachsenheim. Eine Farm in Afrika, eine Gastwirtschaft in den USA und in Waiblingen heißen ebenfalls so.

S

achsenheim ist zweifelsohne einzigartig. Dennoch gibt es auch einige andere Orte mit dem gleichen Namen – und zum Teil sogar überraschende Verbindungen und Ähnlichkeiten zwischen den verschiedenen Sachsenheim.

Tatsächlich existierten in Deutschland über Jahrhunderte hinweg zwei Orte namens Sachsenheim relativ nahe beieinander, ohne dass sie ernsthaft voneinander Notiz nahmen. Gemeint ist Sachsenheim im Spessart, heute ein Ortsteil von Gössenheim. Erst vor rund 50 Jahren kam es zu einer ersten, zaghaften Kontaktaufnahme.

Irrläufer in den Spessart

Durch die Gemeindereform und nach dem Zusammenschluss von Groß- und Kleinsachsenheim zur Stadt Sachsenheim landete bei fehlender Postleitzahl gelegentlich Post, die eigentlich für das schwäbische Sachsenheim bestimmt war, als Irrläufer in Sachsenheim im Spessart.

Letzteres, 1277 erstmals urkundlich erwähnt, wurde zum 1. Januar 1972 als Ortsteil in die Gemeinde Gössenheim eingegliedert. Als man in Sachsenheim im Spessart vom schwäbischen Sachsenheim Notiz nahm, kam es zu ersten „halboffiziellen“ Kontakten ins Ländle.

Bürgermeister Karl-Heinz Lüth zeigte sich von Anfang an aufgeschlossen: Er könne sich eine Kontaktaufnahme gut vorstellen, die Stadt Sachsenheim begrüße jede Form von Städtefreundschaft.

Tatsächlich nahm die Sachsenheimer Feuerwehr mit der Feuerwehr im Spessart Kontakt auf. Es folgten etliche Besuche und Gegenbesuche. So nahm beispielsweise die Musikkapelle Sachsenheim/Gössenheim am Festzug des Heimatfests 1980 teil. Auch die Feuerwehren besuchten sich mehrfach gegenseitig. Zwischenzeitlich ist der Kontakt jedoch etwas „eingeschlafen“.

Sachsenheim/Gössenheim zählte laut Stand von 2017 genau 330 Einwohner und liegt knapp 160 Kilometer von Sachsenheim entfernt. Somit hat dieses Sachsenheim weniger Einwohner als Spielberg im Kirbachtal.

Sachsenheimer in Österreich

Das österreichische Sachsenheim ist Teil der Gemeinde Elixhausen im Bezirk Salzburg-Umgebung. Dort waren Siebenbürger Sachsen die Namensgeber und Gründer. Nach dem Zweiten Weltkrieg kauften 1954 einige Geflüchtete aus dem Ort Botsch, im heutigen Rumänien gelegen, in Elixhausen ein größeres Areal. Auf diesem Gelände errichteten sie mehrere Mehrfamilienhäuser.

Zunächst siedelten dort 21 Botscher Familien, denen sich rasch weitere Siebenbürger Sachsen anschlossen. Schließlich erfolgte am 26. Mai 1955 der Spatenstich für den Bau der Siedlung Sachsenheim. Die Neusiedler packten bei dem Bauprojekt selbst mit an, und im März 1958 konnte die Siedlung Sachsenheim eingeweiht werden. 1961 wurde die Kirche fertiggestellt. Die evangelische Pfarrkirche der heute etwa 500 Mitglieder zählenden Kirchengemeinde gilt als Sehenswürdigkeit.

Von Sachsenheim nach Sachsenheim (Elixhausen) in Österreich sind es rund 420 Kilometer.

Im Übrigen gibt es in Österreich nicht nur ein Sachsenheim, sondern auch ein Spielberg. Die Stadtgemeinde Spielberg im Murtal in der Steiermark hat 5349 Einwohner.

Auch in den Vereinigten Staaten von Amerika gibt es ein Sachsenheim. Allerdings handelt es sich dabei nicht um eine Siedlung, sondern um eine Gastwirtschaft: die Sachsenheim Hall in Cleveland. Auch hier gibt es eine Gemeinsamkeit mit dem schwäbischen und dem österreichischen Sachsenheim – Siebenbürger Sachsen haben in Cleveland eine neue Heimat gefunden.

Bereits 1895 siedelte sich eine größere Gruppe Siebenbürger Sachsen in Cleveland an. 1907 kauften sie ein großes Gebäude in der Denison Avenue. Ziel der Auswanderer war es, mit „The Sachsenheim“, wie das Gebäude genannt wurde, einen Ort zu schaffen, an dem sich die Siebenbürger Sachsen treffen und ihre Kultur pflegen konnten.

So hielt dort beispielsweise seit den 1920er-Jahren der Gesangverein Eintracht Hermania seine Gesangsstunden ab. Aus diesem Verein wurde später der Eintracht-Saxonia-Sachsenchor.

„German Beer“ und Tacos

Die Sachsenheim Hall erfreute sich immer größerer Beliebtheit und wurde mehrfach umgebaut und vergrößert. 1967 gründete sich dort die „Deutsche Musikschule Sachsenheim, Cleveland, Ohio“ – eine knapp 40 Mitglieder starke Musikkapelle. Bis zum heutigen Tag trifft sich die Siebenbürger Landsmannschaft dort zu allerlei gesellschaftlichen Anlässen. Ansonsten ist „The Sachsenheim“ eine sehr beliebte Gastwirtschaft mit einem beeindruckend großen Ballsaal und bekannt für „German Beer“ und Tacos. Weine aus dem württembergischen Sachsenheim sind (noch) nicht auf der Getränkekarte zu finden.

Auch in Deutschland – genauer gesagt im „Ländle“ – gibt es eine Kultkneipe mit dem schönen Namen „Sachsenheimer“. Die „Café Bar Sachsenheimer“ in Waiblingen hat tatsächlich etwas mit dem württembergischen Sachsenheim zu tun. 1995 wurde diese Kultkneipe an der ehemaligen Sachsenheimer Gasse eröffnet und hat sich rasch als beliebter Szene-Treffpunkt etabliert.

Adliger Namensgeber

Die Namensgebung ist rasch mit dem Standort der Café Bar erklärt: Hans von Sachsenheim (1394 – 1433) war ein hoher württembergischer Verwaltungsbeamter und Vormund der Prinzen Ludwig und Ulrich, den Söhnen des verstorbenen Grafen Eberhard IV, die 1412 und 1413 im Waiblinger Schloss geboren wurden. Wahrscheinlich wohnte ein Teil der Familie von Sachsenheim um diese Zeit in jener Gasse, die 1898 den Namen Sachsenheimer Gasse erhielt.

Inzwischen heißt die Gasse offiziell Marktgasse. Zwei Schilder erinnern jedoch heute noch an die frühere Bezeichnung. Ältere Waiblinger sprechen immer noch vom „Sachsenheimer Gässle“.

Von Sachsenheim zur Safari

Wer von Sachsenheim zu einer Safari aufbrechen möchte – kein Problem. Unmittelbar am Etosha-Nationalpark in Namibia liegt die „Sachsenheim Guest Farm“. Dabei handelt es sich um ein Drei-Sterne-Hotel. Man möchte fast sagen, dass – wie bei Sachsenheim so oft – ein Mann namens Hermann eine Rolle spielt. 1946 kaufte ein gewisser Hermann Sachse dort eine Farm und taufte sie „Sachsenheim“ – quasi das Heim der Familie Sachse.

Die Sachsenheim Guest Farm wirbt mit kostenlosen Parkplätzen, einer Bar, Innenhof, Pool, Restaurant, Frühstücksbuffet und vielem mehr. Derzeit rangiert die Sachsenheim Guest Farm auf Platz 9 von 12 Campingplätzen im Etosha-Nationalpark. Dort wird neben Afrikaans und Englisch auch Deutsch gesprochen.

 
 
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