Ottmarsheim Ein ganzes Dorf feiert seinen Pionier

Von Gabriele Szczegulski
Katrin Held, die die Veranstaltungsreihe zum 200. Geburtstag von Christian Friedrich Hermann organisiert, vor dem Gasthaus Adler in Ottmarsheim. Foto: /Martin Kalb

Am 16. Januar begeht Ottmarsheim den 200. Geburtstag des Adlerwirts Christian Friedrich Hermann mit einer Veranstaltungsreihe um diesen Tag. 

Einen Tausendsassa in vielen Bereichen, der auf vielen Hochzeiten wie Gastronomie, Landwirtschaft, Obst-, Hopfen- und Weinbau, Imkerei, Viehzucht oder Jagd tanzte, nennt die Ottmarsheimer Wein- und Erlebnisführerin Katrin Held den Adlerwirt Christian Friedrich Hermann.

Held hat wie keine Zweite über ihn geforscht, gelesen und für sein Andenken gekämpft. So kämpfte sie auch dafür, dass der Grabstein des Ottmarsheimer Landwirts erhalten wurde. Und nun ist am 16. Januar 2025 der 200. Geburtstag von Hermann. „Mir war klar, das muss gefeiert werden“, sagt sie.

Viele Ottmarsheimer sind am Fest beteiligt

Sie zog alle „Strippen“ wie sie sagt, sodass im Januar eine richtige Festreihe für den Adlerwirt veranstaltet werden kann. „Ganz viele Ottmarsheimer machen mit, haben sich eingebracht, sodass wir Veranstaltungen machen können, die die Bereiche, in denen Hermann gewirkt hat, präsentieren könnten“, sagt sie. Übrigens sind alle Veranstaltungen kostenfrei, nur das Essen sollte bezahlt werden. „Wir wollten, dass jeder mitfeiern kann, der will, so ist das Fest konzipiert“, so Held. Mit ihrer bekannten Marmeladenbörse legte sie einen Grundstein für die Unkosten der Festivitäten.

Samstag, 11. Januar, 18.30 Uhr: Der Veranstaltungsreigen beginnt mit der Verkostung des Christian-Friedrich-Hermann-Bieres (die BZ berichtete). Die Besigheimer Braubruderschaft hat ein Bier für den ehemaligen Ottmarsheimer Bierbrauer kreiert, das im Glückaufkeller in der Pfarrgasse 14 verkostet werden kann und mit Ottmarsheimer Hopfen gebraut wurde. Christian Friedrich Hermann hat sich große Verdienste um den Hopfenanbau in Württemberg gemacht, die mit dem eigens für ihn gebrauten Bier gewürdigt werden sollen.

Donnerstag, 16. Januar, 14 Uhr: An seinem Geburtstag selbst zeigt Katrin Held die Stätten des Wirkens von Christian Friedrich Hermann bei einer „Geburtstags-Glühwein-Wanderung“ durch Ottmarsheim, Treffpunkt ist am Dorfplatz. Dann geht es von der Adlerstraße und dem Gasthaus Adler zum Friedhof, zu Hermanns Grab.

Von dort führt Held zur Mundelsheimer Weinkanzel, in deren Nähe Hermann seine Weinberge hatte. Die Weinführerin hat in langen Recherchen im Grundbucharchiv in Kornwestheim herausgefunden, welche Weinberge dies sind, wo er seinen berühmten Rotwein „Käsberger“ anbaute.

Freitag, 17. Januar, 18.30 Uhr: Im Gemeindehauskeller in Ottmarsheim werden vier Weine des Mundelsheimer Käsbergkellers verkostet, darunter der Festwein. Die Weinprobe kostet 29 Euro. Hier wird ebenfalls eine Verbindung zum Weinbau-Pionier gezogen, denn es werden zwei „Zukunftsweine“ der Kellerei vorgestellt.

Samstag, 18. Januar, 19 Uhr: In der Ottmarsheimer Gemeindehalle findet das Geburtstagsfest statt. Es spielen zwei Brassbands, es gibt Brotzeit und Bier.

Sonntag, 19. Januar, 10 Uhr: In der Gemeindehalle wird ein ökumenischer Gottesdienst gefeiert, danach gibt es Frühschoppen, wie es im Gasthaus Adler auch immer üblich war. Danach eröffnet Weinprinzessin Anna mit der Besigheimer Schultesgruppe den gemütlichen Teil, bei dem der Liederkranz Ottmarsheim und Schul- und Kindergartenkinder auftreten.

Jäger bereitet Wildbratwürste an Püree und Soße zu

Die Festrede hält Dr. Konrad Rühl aus dem baden-württembergischen Landwirtschaftsministerium. Der TSV Ottmarsheim organisiert das Fest. Der Ottmarsheimer Jäger Julian Herrmann (nicht verwandt) wird Wildbratwürste an Püree und Soße zubereiten, um an den Jäger Hermann zu erinnern.

„Uns ist wichtig, dass alle Ottmarsheimer, die wollen, mitfeiern können, so wie Hermann die Dorfgemeinschaft auch immer wichtig war und er sie unterstützte, wo er konnte“, sagt Katrin Held.

Die Ottmarsheimer wollen damit auch ein Zeichen setzen, wie wichtig es gerade heutzutage sei, den Zusammenhalt im Dorf zu fördern. „Teilen war sein Motto“, sagt Katrin Held.

Christian Friedrich Hermann aus Ottmarsheim

„In der Galerie bedeutenden Männer des Amtes Marbach, die sich um die Entwicklung der Landwirtschaft ins jeglicher Beziehung ungemein verdient gemacht haben, und deren Andenken heute noch in hohen Ehren steht, gehört unstreitig der Gutsbesitzer und Adlerwirt Christian Friedrich Hermann von Ottmarsheim“, stand am 15. Februar 1933 in der Beilage „Die Heimat“ zur Marbacher Zeitung. Schon damals galt der Ottmarsheimer als Pionier des Hopfen-, Obst- und Weinbaus.

„Und in jedem Zweige leistete er Hervorragendes“, heißt es in der Marbacher Zeitung weiter.  Das machte auch den damaligen König Wilhelm I auf ihn aufmerksam, der gerade dabei war, die landwirtschaftliche Unterricht-, Versuchs- und Musteranstalt Hohenheim aufzubauen. Hermann bekam Besuch von Landwirten aus Deutschland und Österreich, die sich über seine neuesten Erkenntnisse und Maschinen, die er entwickelte, kundig machten. Für Bauern in Ottmarsheim und Umgebung war gerne bereit, seine Maschinen auszuleihen und sie mit seinen Erkenntnissen zu unterstützen.

Für den Hopfenbau entwickelte er die Hermannsche Drahtanlage, ein niedriges Hopfengerüst, mit dem man leichter ernten konnte. Hermann war aber auch Pomologe und Önologe, da er sich Gedanken darüber machte, wie man Obst- und Weinanbau im Land fördern kann. Für seinen Rotwein „Käsberger“ wurde er 1867 bei einer internationalen Messe in Paris ausgezeichnet. Er schrieb über verbesserte Erziehungsarten des Weinstocks und erfand ein Eisengerüst, das bis heute im Weinbau benutzt wird. Hermann war aber auch Imker und Bienenzüchter. Als Jäger war er größter Pächter der Wald- und Feldjagd Ottmarsheim. Er war Mitglied des Gemeinderats, Mitglied des Landwirtschaftlichen Bezirksvereins Marbach, war Landtagskandidat.

Hermann hielt Hunderte von Vorträgen auf Fachversammlungen in ganz Deutschland, schrieb Artikel für viele Fachorgane, um seine Erfahrungen zu teilen Im Gasthaus Adler schenkte er seine berühmten Weine aus. Gäste kamen aus ganz Württemberg, aber auch aus Bayern. Zu seiner Zeit war der Adler bekannt über alle Grenzen.

 
 
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