Ottmarsheim Herzensprojekt „Adler“

Von Gabriele Szczegulski
Roland Veit und seine Tochter Katharina Rang vor dem Großprojekt der Familie, dem ehemaligen Ottmarsheimer Gasthaus Adler, das sie restaurieren wollen. Foto: /Martin Kalb

Das verfallende Gebäude des einstigen Wirtshauses in Ottmarsheim war seit seiner Kindheit für Roland Veit ein Anziehungspunkt. Nun will er es restaurieren und neuen Zwecken zuführen.

Roland Veits Augen strahlen, wenn er das Gebäude des ehemaligen Gasthauses Adler in Ottmarsheim anschaut. Dabei ist das älteste Haus im Besigheimer Teilort derzeit kein Schmuckstück und so recht kann man sich auch nicht vorstellen, dass es mal wieder eines wird.

Doch davon ist der Ottmarsheimer Chef einer Immobilien- und Baufirma voll und ganz überzeugt. „Das Haus hat Potenzial“, so Veit. „Seit mehr als 40 Jahren steht das Haus quasi leer“, so Veit. Zeitweise habe hier zwar jemand „gehaust“, sagt er – und vor allem jede Menge Müll, alte Möbel und Unrat angesammelt und zurückgelassen. Fünf Container Müll hat Veit jetzt mit Hilfe seiner Mitarbeiter entfernt.

Der Gastraum im Erdgeschoss, die Wohnung im ersten Stock sowie der Tanzsaal wurden entbeint und aufgeräumt, genauso wie das Dachgeschoss, dass durch Balken geteilt ist. „Dieser Raum wurde wohl auch zum Tanzen genutzt“, sagt Veits Tochter Katharina Rang. Die ganze Familie unterstützt Roland Veit in seiner „Herzensangelegenheit“, wie er sagt. „Wir waren zuerst selbst überrascht, als mein Vater das Gebäude ersteigerte“, so ihr Bruder Matthias, „aber dem Haus wurde bescheinigt, dass es sanierungsfähig ist, also helfen wir“. Für 210 000 Euro hat Veit das Haus im September 2022 ersteigert.

Denn Roland Veit will die Fäden bei der Haussanierung in seiner Hand behalten und es so auch im Besitz der Familie halten. „Das ist ein ganz persönliches Projekt für mich, das gebe ich nicht aus der Hand“, sagt der Geschäftsführer von Wohnbau Veit. Allerdings, so Veit, bewege auch er sich auf Neuland, was die Sanierung eines alten, unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes betrifft. „Wir bauen neue Häuser“, sagt er. Deshalb hat er sich schon jetzt Fachleute an die Seite geholt. „Das Architekturbüro Weinreich aus Neckarsulm ist auf die Restaurierung alter Häuser spezialisiert und kennt sich auch mit eventuellen Förderungen aus“, sagt Veit. Und weiß auch um die Auflagen, die das Denkmalamt an solche geschützten Häuser stellt. Eine erste Schau durch die Landesdenkmalbehörde fand schon statt.

„Die Mitarbeiterin hat festgestellt, dass beispielsweise die Fensterläden noch aus dem Barock, also dem 17. Jahrhundert stammen“, sagt Katharina Rang, „die müssen dann erhalten bleiben“. Doch bevor das Denkmalamt entscheidet, welche Teile des Adlers restauriert werden müssen und erhalten bleiben sollen, muss das gesamte Gebäude genauestens vermessen werden. „Dann gibt es restauratorische Voruntersuchungen“, so Roland Veit. Alle Baustoffe, wie Außen- und Innenputz, Holz, Stein, Türen, Decken, Böden, Verkleidungen werden dann untersucht. „Die Holzverkleidungen in den Räumen sind noch gut erhalten“, sagt Katharina Rang, die würden ihr persönlich auch sehr gut gefallen. Und das Gasthofschild des Adlers liegt ihr am Herzen. Aber: „Es fehlt der Adler, er kam wohl irgendwann abhanden“, sagt sie. Und will einen Aufruf starten, ob jemand weiß, wo der Adler abgeblieben ist. „Wir zahlen auch Finderlohn“, sagt sie.

Als allererstes aber, so Veit, muss der Westgiebel des Hauses „schleunigst“ ausgebessert werden, deswegen hofft er bald auf eine Freigabe durch das Denkmalamt. „Die Standsicherheit ist in Gefahr, da kann einiges runterbrechen“, sagt er. Ansonsten sei das Haus, auch wenn der äußere Schein trüge, in einem Zustand, der sich restaurieren ließe, sagt sein Sohn. Denn das Dach sei dicht, so sei es zu keinen Wasserschäden gekommen.

Nach der Untersuchung durch das Denkmalamt wird es einen Maßnahmenkatalog geben, den das Architekturbüro Weinreich zusammenstellen wird. „Und erst dann kann ich dran denken, was genau aus dem Haus werden soll und die Aufbauarbeit kann starten“, sagt Veit. Ideen hat er allerdings schon: Er sammelt seit vielen Jahren Feuerversicherungsschilder aus Emaille und Blech, die würde er gerne in neuen Ausstellungsräumen im Adler präsentieren. „Eine Gastronomie kann ich mir auch gut vorstellen, damit der Adler wieder seine frühere Bestimmung zurückbekommt.“ Eigentumswohnungen sollen auf keinen Fall dort entstehen. „Vielleicht eine Wohnung im Obergeschoss“, sagt Veit.

Gewölbekeller mit zwei Ebenen

Seinem Sohn hat es der Gewölbekeller angetan, der unter der 1996 vollständig abgebrannten Scheune des Adlers liegt. „Ich bin reingeklettert, er hat zwei Ebenen, ist noch ganz gut intakt, aber halt sehr dunkel. Mal sehen, was sich daraus machen lässt“, so Bauingenieur Matthias Veit. Roland Veit freut sich, dass seine Kinder mittlerweile auch für den Adler brennen und ihm helfen, seinen Herzenswunsch in die Realität umzusetzen.

Geschichte des Ottmarsheimer Gasthauses Adler

Wann genau der Adler gebaut wurde, ist noch unklar. Wahrscheinlich aber Anfang des 18. Jahrhunderts. Bekannt wurde die Gaststätte, als Adlerwirt Christian Friedrich Hermann (1825 bis 1891) ihn im 19. Jahrhundert leitete. Hermann war ein Pionier der Landwirtschaft, des Wein- und Obstbaus, des Hopfenanbaus und der Imkerei. Christian Friedrich Hermann bewirtschaftete nicht nur das Gasthaus, er hatte eine große Landwirtschaft, Wein- und Obstbau und Hopfenfelder. In allen Gebieten hat er Neuerungen eingeführt, die nicht nur Interessenten aus Nah und Fern anlockten, sondern auch den württembergischen König, der sich für die Landwirtschaft in Hohenheim persönlich Anregungen holte und den Ottmarsheimer deshalb auch mit Auszeichnungen und Medaillen überhäufte. Auf dem Münchener Oktoberfest wurde Hermann ebenfalls mehrmals für seine Errungenschaften preisgekrönt.

Im September 1996 brannte das Scheunengebäude des Adlers vollständig ab. Bis dahin wurde dort noch Stroh und Maschinen von Ottmarsheimer Bauern gelagert. Brandnester im Stroh verhinderten, dass das Feuer eingedämmt werden konnte und die Scheune war nicht mehr zu retten. sz

 
 
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