Ottmarsheim „Vielfalt muss gelebt werden“

Von Michael Soltys
Wegen der „Kooperative Organisationsform“ werden an der Kreuzäcker-Grundschule in Ottmarsheim nun sechs Schüler der Förderschule Paul-Aldinger-Schule in Kleinbottwar unterrichtet. Foto: /Oliver Bürkle

Sechs Kinder der Paul-Aldinger-Schule besuchen die Kreuzäcker-Grundschule in Ottmarsheim.

An der Kreuzäcker-Grundschule in Ottmarsheim gibt es seit dem Sommer eine ganz besondere Art des Unterrichts: Sechs geistig behinderte Kinder gehen dort zusammen mit anderen Kindern gemeinsam zur Schule. Das funktioniert ganz hervorragend, berichtete Burga Burgel, die Leiterin der Grundschule, im Verwaltungsausschuss der Stadt Besigheim. „Die Kinder bereichern das Schulleben“, sagte sie. Ihre Stammschule ist die Paul-Aldinger-Schule in Kleinbottwar, eine Förderschule.

Im Sommer eingeschult

Gemeinsam mit 21 anderen Kindern aus Ottmarsheim wurden die „Paulis“, wie die sechs Kinder von Mitschülern und Lehrern genannt werden, im Sommer eingeschult. „Es sind Kinder, die sehr gerne in die Schule gehen“, berichtete Burgel. Sie nehmen in vollem Umfang am Schulleben in Ottmarsheim teil und haben dort einen eigenen Klassenraum. „Kooperative Organisationsform“ nennt sich diese gesetzlich geregelte Zusammenarbeit zwischen einem Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentrum, wie Förderschulen offiziell genannt werden, und einer allgemeinen Schule. Die Schulträger müssen ihr ebenso zustimmen wie das Schulamt und die Gesamtlehrerkonferenz beider Schulen.

Die Anfrage zu der Zusammenarbeit kam aus Kleinbottwar und stieß in Ottmarsheim auf offene Ohren. In der kleinen Schule mit aktuell 89 Schülern in vier Klassen gibt es genügend Räumlichkeiten. Und sie ist laut Burgel personell so gut ausgestattet, dass sie die Schüler optimal betreuen kann. „Wir sind eine kleine Schule mit vielen Ansprechpartnern.“

Gemeinsame Grundschulzeit

Die Kinder sollen die gesamte Grundschulzeit miteinander verbringen. In der ersten Klasse werden sie noch fast in allen Fächern gemeinsam unterrichtet, nicht nur in Sport in Musik, wo das einfach zu handhaben sei, sondern auch in Rechnen und Deutsch. Auf jedes Kind könne individuell eingegangen werden. Mindestens eine Lehrerin und eine Lernbegleiterin ist zugegen, bei manchen Unterrichtsinhalten doppelt so viel.

In späteren Klassen, wenn die Inhalte schwerer zu vermitteln sind, dürften die Kinder häufiger getrennt unterrichtet werden. SPD-Stadtrat Christian Herbst, selbst Lehrer an einer Realschule, betonte deshalb: „Die kooperative Organisationsform ist nicht inklusiv.“ Damit reagierte er auf Bedenken und Fragen, die geistig behinderten Kinder könnten ihre Klassenkameraden im Lernfortschritt aufhalten. Danach hatte Stadtrat Herbert Tröster von der BMU-Fraktion gefragt. In Ottmarsheim gebe es genügend Platz für diese Unterrichtsform, während es in der Paul-Aldinger-Schule sehr eng zugeht, sagte Herbst. Die „Paulis“, allesamt Jungs, kommen aus Gemmrigheim, Ingersheim, Bönnigheim und Großbottwar.

Schulfeste, Veranstaltungen, die Pausen, Ausflüge – das alles unternehmen die Kinder gemeinsam. Schnell haben sich Lehrer, Eltern und Kinder an diese Form der Normalität gewöhnt, betonte Burgel. „Für die Kinder ist das überhaupt kein Problem“, sagte sie. „Vielfalt muss gelebt werden.“ Sie haben verstanden und akzeptiert, dass es normal sei, verschieden zu sein. Die Eltern der geistig behinderten Kinder sind Mitglieder im Elternbeirat, wenn auch ohne Stimmrecht. Die Kinder selbst gehören offiziell weiterhin der Paul-Aldinger-Schule an.

 Michael Soltys

 
 
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