Pfarrhaus in Bietigheim Ein Fresko zeigt das Ursprungsgebäude

Von Uwe Mollenkopf
Pfarrer Bernhard Ritter vor dem historischen Pfarrhaus in der Pfarrstraße. Foto: /Oliver Bürkle

In diesem Jahr wird das Pfarrhaus in Bietigheim 400 Jahre alt. Es diente ursprünglich als Wohnhaus des Vogtes.

Stadtpfarrer Bernhard Ritter zeigt in seinem Büro im Erdgeschoss des Pfarrhauses in der Pfarrstraße 3 auf ein teilweise erhaltenes Fresko an der Wand. Zu sehen ist ein offensichtlich imposantes Gebäude. „Es war ein wahnsinnig repräsentatives Haus“, sagt Ritter zu der Abbildung – und es stand genau da, wo sich heute das Pfarrhaus befindet. Der Vorgängerbau war vom damaligen Vogt Balthas Renner 1625 errichtet worden, womit sich die Geschichte des Gebäudes in diesem Jahr zum 400. Mal jährt. Ein Rückblick auf das Gebäude und seine Besitzer.

Bei Renovierung entdeckt

Die Wandmalerei wurde bei einer Renovierung entdeckt, berichtet Pfarrer Ritter. Wie und warum sie angefertigt wurde, sei unklar und gebe noch Rätsel auf. Was man jedoch weiß ist, dass der Vogt Renner Anfang des 17. Jahrhunderts das Haus für die damals ungeheure Summe von rund 13.000 Gulden erbauen ließ. Der „Rennersche Bau“ im Renaissance-Stil habe dem Hornmoldhaus gewiss in nichts nachgestanden, schreibt Stefan Benning im Buch „Bietigheim 789 – 1989“. Auch der erhaltene große Weinkeller, in den eine steile Treppe hinabführt, stammt aus dieser Zeit.

Während des Dreißigjährigen Krieges (1618 bis 1648), von dem Bietigheim schwer getroffen wurde, kam es zu mehreren Besitzerwechseln. 1658 übernahm die Stadt das Haus, später, nach einer vorangegangenen aufwendigen Renovierung, verkaufte sie es an die evangelische Kirche als Sitz des Dekans. Dieser heiße auch „Spezial“, daher stamme die Bezeichnung „Spezialat“ für das Haus, erläutert Ritter.

Dann, 1721, geschah die Katastrophe, die dafür sorgte, dass man den früheren Zustand des Gebäudes nur noch anhand des Freskos erahnen kann: Beim großen Stadtbrand wurde das Haus ein Opfer der Flammen und brannte bis auf das Erdgeschoss und das Hoftor ab.

Wiederaufbau nach Brand

Wann es wieder aufgebaut wurde und mit wessen Hilfe, ist am Türsturz festgehalten: Dort stehen die Zahl 1722 und die Buchstaben E und L für Eberhard Ludwig, den damaligen württembergischen Herzog. Kennzeichen des Neubaus im barocken Stil sind unter anderem ein großer Einfahrtsbogen mit seitlicher Gehtür und sogenannte Neidköpfe, die Böses fernhalten sollten.

Die Dekanatszeit dauerte bis in die napoleonische Zeit. Im nun königlichen Württemberg wurde das Dekanat 1813 in die Oberamtsstadt Besigheim verlegt. Das Haus wurde stattdessen jetzt Amtssitz des Stadtpfarrers.

Eine weitere Änderung trat 1921 ein, berichtet Ritter, der dazu auf eine Abhandlung von Gerhard Müller über die Pfarrhäuser in der Stadt verweist. In diesem Jahr ließ Hermann Römer ein zweites Pfarrhaus in der Löchgauer Straße bauen, die sogenannte Römerburg. Der erste Stadtpfarrer wohnte jetzt dort, der zweite in der Pfarrstraße. 1994 gab es eine grundlegende Außenrenovierung.

Es sei das Verdienst seines Vorgängers, Pfarrer Ralf Drescher, gewesen, früh erkannt zu haben, dass in Zukunft der Erhalt von zwei Pfarrhäusern für die Kirche viel zu teuer werden würde, sagt Ritter. 2007 sei daher das Pfarrhaus in der „Römerburg“ verkauft worden, das Pfarrhaus in der Pfarrstraße wurde innen renoviert, inklusive eines Umbaus mit Büros im Erdgeschoss. Darüber im ersten Obergeschoss ist die Wohnung des Pfarrers – seit 2010 wohnen hier Bernhard Ritter und seine Frau Martina –, außerdem wird das Haus inzwischen für Flüchtlingsarbeit genutzt.

Alles zentral an einem Ort

Alles sei nun zentral an einem Ort, sagt Ritter: Kirche, Gemeindehaus und Pfarrhaus. Letzteres ist für ihn ein Ort, von dem Impulse ausgehen sollten – Stichwort der 1921 von Pfarrer Hans Voelter initiierte Bietigheimer Tag. Es sei aber auch eine Anlaufstelle, in der er schon viele Begegnungen gehabt habe – von Menschen, die aus Not das Gespräch mit dem Pfarrer suchten, bis zu Gesellen auf der Walz, die einen Ort zum Übernachten brauchten und beim Pfarrer klingelten. Dieser bot ihnen kurzerhand das Gemeindehaus zum Nächtigen an. Das Pfarrhaus sei ein Ort, der immer offen stehe, so Ritters Devise.

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