Pferdemarkt Bietigheim-Bissingen Wie aus dem Bilderbuch

Von John Patrick Mikisch
Lebendige Tradition: Der Festumzug gehört zu Bietigheim-Bissingen wie das Festbier zum Göggele. Angeführt wurde der Pferdemarkt-Zug von einer achtköpfigen Abteilung der Stuttgarter Polizeireiterstaffel. Foto: /Martin Kalb

Der 88. Festumzug zum Pferdemarkt sorgte in diesem Jahr für viel gute Laune bei Zuschauern und teilnehmenden Gruppen.

Fröhliche Gesichter, Pferde und dichtes Gedränge auf den Bürgersteigen an einem Montagmittag, dafür kann es in Bietigheim-Bissingen nur einen Grund geben: den traditionellen Festumzug zum Pferdemarkt natürlich. Und was für einer in diesem Jahr. Bei strahlendem Sonnenschein zogen diesmal 59 Gruppen durch die Stadt zum Festplatz, um dort die prämierten Pferde zu präsentieren. Die Vierbeiner, denen die Stadt das Volksfest verdankt, waren bereits morgens um 9 Uhr von den Preisrichtern ausgezeichnet worden.

Pferde und römische Legionäre

Zum Beispiel Michaela Adelhelms Stute Birma. Kleiner Wermutstropfen: „Wir sind voll in das Gewitter gekommen“, erzählt die Reiterin, während sie mit anderen Zwei- und Vierbeinigen aus dem Reitstall Umbach in Erligheim in der Talstraße Aufstellung nimmt.

„Wir sind zum ersten Mal dabei“, erzählt Stallkollegin Michaela Kroll. „Mit 16 Läufern und acht Pferden.“ Ringsherum herrscht reges Treiben: Auf dem Parkplatz vor Intersport Gauder fachsimpeln Trecker- und Oldtimerfans mit den Bulldog- und Schlepperfreunden Württemberg, die traditionell mit ihren historischen Zugmaschinen mitmachen. Nebenan tummeln sich die römischen Legionäre der 5. Centurie der 3. Kohorte der 7. Legion „Felix Gladius“ vom Robinsonspielplatz (siehe dazu: Seite 11), hier und da spielt sich ein Musiker warm.

Solchen Trubel sind Pferde nicht unbedingt gewohnt. „Wir haben deswegen besonders verlässliche und ruhige Pferde ausgewählt“, erzählt Kroll. Direkt vorm Kronenzentrum steht Kurz Koch mit seinem Haflingergespann. „Ich mach das schon 20, 25 Jahre“, erzählt der Güglinger. Ein Routinier – und genau so einen hat er auch vor seine Zweispänner-Kutsche gespannt: Der 28-jährige Haflingerwallach kennt den Festumzug aus dem Effeff und soll seinem Nebenpferd, dem 14-jährigen Wildfang, Sicherheit vermitteln.

Gute Laune bei den Wahlverlierern

Die reitet im Festzug gleich vorne mit, angeführt wird er nämlich von einer Abordnung der Polizeireiterstaffel Stuttgart. Und auch die Kutsche mit dem Bietigheim-Bissinger Oberbürgermeister Jürgen Kessing (SPD) hat diesmal mehr oder weniger auffälligen Personenschutz. Der Grund: Im Fonds fährt Grünen-Spitzenpolitiker und Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir mit.

Und das trotz der Wahlergebnisse der Parteien der beiden Politiker in Thüringen und Sachsen. Özdemir und Kessing sind sichtlich gut gelaunt. Offenbar färbt die fröhliche Stimmung von den Zuschauern auf die Teilnehmer des Umzugs ab und umgekehrt – und zwar vom Start weg.

Das liegt vielleicht auch daran, dass sich beide Seiten oft kennen, aus einem der Vereine, die mitmachen etwa. Oder von der Freiwilligen Feuerwehr, wie Jochen Mühlstrasse. „Der Festumzug ist einfach ein Muss“, sagt er. „Entweder als Teilnehmer mit der Feuerwehr oder privat.“

Heute steht er ohne Uniform mit Tochter Luisa in der Talstraße und schaut dem Zug zu. Der gefallen vor allem die vielen Ponys, die dabei sind – und natürlich die kleinen Geschenke, die verteilt werden. Süßigkeiten waren aber noch nicht dabei. „Nur ein Luftballon und ein Sticker“, sagt Luisa, aber der Zug ist ja noch lang.

Für Erwachsene gibt es zwar ab und an auch kleine Probeweine von einer der Winzervereinigungen im Zug. Viele haben allerdings selbst vorgesorgt: Manche stehen mit dem Wegbier in der Hand auf dem Bürgersteig, andere haben es sich mit einem Wein in der Beletage der Altstadt am Marktplatz gemütlich gemacht, um dem Umzug zuzuschauen.

Festbier und Göggeles

Hans-Peter Hirschle und Dieter Schuster heben sich den Drink aber für später auf. Die beiden Mitarbeiter der Stadtwerke freuen sich auf das Festbier und die Göggeles im Festzelt, die ihnen das städtische Unternehmen später spendiert. „Das gehört bei vielen Firmen in Bietigheim-Bissingen am Pferdemarktmontag einfach dazu“, sagt Hirschle. Am Umzug gefällt ihm außerdem die große Vielfalt. „Da machen ja auch viele Nachbarorte mit“, sagt er.

Manche haben sogar noch viel weitere Wege: Veronika und Siegfried Knispel stehen mit Tochter Marina Schnieke und den drei Enkeln an der Hauptstraße. Die Rentner kommen aus Hannover und sind auf Familienbesuch in Bietigheim-Bissingen. Den Festumzug sehen sie zum ersten Mal- „Vor allem die Vielfalt der Gruppen gefällt uns“, sagt Veronika Knispel. Die Enkel quietschen vergnügt. Eben ist der historische Spritzenwagen der Freiwilligen Feuerwehr vorbei gefahren und hat allen eine kurze, aber willkommene Dusche zur Abkühlung verpasst.

Auch Knispels Tochter Marina Schnieke ist begeistert. Sie wohnt zwar schon etwas länger in der Stadt, aber auch für sie ist es der erste Umzug. „Ich finde es schön, dass man Leute im Zug kennt“, sagt sie. Und die Kinder sind sowieso Feuer und Flamme: „Die Mädchen wegen der Pferde und der Sohn wegen der Trecker.“

Die PS mit Hufen und Reifen ziehen derweil gemeinsam weiter zum Festplatz, zur Preisverteilung für die Festwagen. Am Dienstag klingt der Pferdemarkt dann mit dem traditionellen Kindermarkt aus, bis es im nächsten Jahr wieder losgeht mit fünf Tagen Feiern, Pferde und Festumzug.

 
 
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