Photovoltaik-Ausbau in Bietigheim-Bissingen „Innenstadt kann nicht tabu sein“

Von um
Der Blick auf die Dächer der Bietigheimer Altstadt. „Schokoladenseiten“ sollen bei der Installation von PV-Anlagen auch in Zukunft geschützt werden, die Altstadt soll aber nicht tabu sein, so die Überlegungen der Stadtverwaltung. Foto: Martin Kalb

2022 wurde in der Stadt ein Programm für Photovoltaik auf Schuldächern gestartet. Aus dem Gemeinderat wünscht man sich weitere Schritte in diese Richtung.

Der Ausbau der Solarenergie steht derzeit in Bietigheim-Bissingen ganz hoch im Kurs. Im vergangenen Jahr hat die Stadt mit den Stadtwerken (SWBB) ein Programm für städtische Liegenschaften gestartet, bei dem als erster Schritt Photovoltaikanlagen (PV) auf vier Schuldächern installiert wurden. Die Anlagen auf der Schillerschule in Bissingen, der Gustav-Schönleber-Schule im Weimarer Weg, der Waldschule in der Panoramastraße sowie der Buchschule in der Breslauer Straße umfassen insgesamt 750 Module mit einer Leistung von knapp 250 Kilowattpeak (kWp). Weitere Anlagen in einer Größenordnung von rund 250 kWp pro Jahr sollen folgen, bis eine Leistung von 1000 kWp erreicht ist. Wie sich bei der zurückliegenden Haushaltsberatung zeigte, gehen den Fraktionen die Anstrengungen in Sachen Photovoltaik aber noch lange nicht weit genug.

So forderte die CDU eine Untersuchung durch die Stadtwerke, inwieweit weitere private und öffentliche Dachflächen für Solarmodule angemietet werden können. „Auf diesen Flächen sollen dann Photovoltaik-Anlagen durch die SWBB erstellt und betrieben werden. Der erzeugte Strom soll ins Netz eingespeist werden“, so die CDU angesichts „der aktuellen, sehr angespannten Lage auf dem Energiemarkt“ und der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen.

Förderprogramm wird geprüft

Darüber hinaus regte die CDU-Fraktion an, finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten für Gebäudeeigentümer, Mieter und Pächter beim Ausbau der Solarenergie zu schaffen. „Förderfähig könnten etwa notwendige Handwerkerarbeiten oder auch die Anschlusskosten bei so genannten steckerfertigen Balkonmodulen sein“, heißt es in einem Antrag. Auch das Errichten von Stromspeichern im Zusammenhang mit neu gebauten Anlagen oder die Schaffung einer vorgelagerten Elektro-Ladeinfrastruktur könnten nach den Vorstellungen der CDU zuschussfähig sein. Da es derzeit im Land keine zielgerichtete Förderung zur Errichtung von Photovoltaikanlagen gebe, müssten sich die Kommunen stärker einbringen.

Oberbürgermeister Jürgen Kessing verwies im Gemeinderat auf das bestehende städtische Programm. Dieses werde derzeit fortgeschrieben, auch unter Berücksichtigung geeigneter privater Dachflächen. Die Stadt werde bis Sommer 2023 auch ein mögliches kommunales Förderprogramm zur Unterstützung privater Vorhabenträger für den Ausbau von PV-Anlagen prüfen und dies dem Gemeinderat zur Beratung vorlegen, versprach er.

Ein Thema wird dabei auch der Denkmalschutz sein, der die Photovoltaik in der Altstadt und den Ortskernen der Stadtteile einschränkt. Es sei eine Abwägung, bei der das Bemühen, die Photovoltaik voranzubringen, auf der einen Seite stehe, Aspekte wie Heimatgefühl oder Tourismus auf der andern Seite, sagt Baubürgermeister Michael Wolf. „Wir sind mit der Landschaftspflege im Gespräch“, berichtet er. Die Photovoltaik genieße Vorrang, deshalb könne nicht die gesamte Innenstadt tabu sein. Es gelte aber, bestimmte „Schokoladen-Ansichten“ zu schützen, so der Bürgermeister zu den Überlegungen.

Drei bis vier Hektar

Eine Ergänzung zu Modulen auf dem Dach könnten solche in der Fläche sein. Deshalb werde auch darüber diskutiert, sagt Wolf. Denn hier gelte es auf Verspiegelung und die Interessen der Landwirtschaft zu achten.

Für die GAL-Fraktion hat diesbezüglich Sprecherin Traute Theurer in ihrer Haushaltsrede gefordert, Flächen von mindestens drei bis vier Hektar oder auch mehr auf der Bietigheim-Bissinger Markungsfläche oder in den Zweckverbänden in den Blick zu nehmen. „Denn wir brauchen Hektar und keine Quadratmeter“, so Theurer.

Sie nannte auch schon das Gewann Wolfskehle als mögliche Fläche, die geprüft werden solle. Letztere liegt entlang der Landesstraße 1125 nach Großsachsenheim im Bereich der Mühlsteige. Der Energieatlas für Baden-Württemberg weist weiteres geeignetes oder bedingt geeignetes Freiflächenpotenzial entlang dieser Straße aus. Daneben ist darin im Übrigen als großes Areal auch noch der ehemalige Steinbruch Fink verzeichnet – wohlgemerkt nur als Potenzialfläche.

OB Kessing sagte bei der Beratung zu, dass es einen solchen Suchlauf für Photovoltaik in der Fläche geben werde.

40 Prozent mit Batteriespeicher

Weil die Stromproduktion
mit Solarenergie schwankend ist, spielen Speicher eine Rolle. Laut Sprecherin Ute Grothe haben die Stadtwerke Bietigheim-Bissingen im Jahr 2022 rund 46 PV-Anlagen bei Privat- und Gewerbekunden in Bietigheim-Bissingen installiert. „Dabei wurden rund 40 Prozent mit Batteriespeichern ausgestattet.“ Die jeweilige Speichergröße werde individuell aufgrund der installierten PV-Leistung und der Abnahmeleistungen ermittelt.

Im Zuge
der weiteren Errichtung von PV-Anlagen auf städtischen Liegenschaften in den Folgejahren mit rund 250 kWp pro Jahr würden entsprechende Speicherkapazitäten bei den einzelnen Objekten projektspezifisch geprüft und je nach Eignung berücksichtigt beziehungsweise installiert, so Grothe. 

 
 
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