Podiumsdiskussion in Bietigheim-Bissingen Von Frauenquote bis Migration

Von Uwe Mollenkopf
Diskutierten in der Aula der Ellentalgymnasien über Zukunftsängste, von links: Charlotte Ludewig, Madeleine Bond, Konrad Ott (Linke), Macit Karaahmetoglu (MdB, SPD), Tayfun Tok (MdL, Grüne), Marcel Distl (FDP) und Fabian Gramling (MdB, CDU). Foto: /Martin Kalb

Politiker aus dem Kreis diskutierten am Dienstag mit Schülern der Ellentalgymnasien unter der Überschrift „Zukunftsängste“. Der AfD-Vertreter hatte abgesagt.

Fabian Gramling, CDU-Bundestagsabgeordneter aus dem Wahlkreis Neckar-Zaber, blickt zuversichtlich in die Zukunft. Marcel Distl, stellvertretender FDP-Kreisvorsitzender, stellt sich die Frage, wie der Wohlstand im Land gesichert werden kann. Tayfun Tok, Landtagsabgeordneter der Grünen im Wahlkreis Bietigheim-Bissingen, findet es bedenklich, dass sich alle nur noch in ihrer Blase bewegen, und Konrad Ott (Linke) ist besorgt über eine soziale Spaltung und kriegerische Auseinandersetzungen in der Welt. So antworteten die Politiker bei der Podiumsdiskussion am Dienstag in der Aula der Ellentalgymnasien vor Schülern der Oberstufe über Zukunftsängste auf die Abschlussfrage der Moderatoren, welche Zukunftsängste sie selbst haben. Macit Karaahmetoglu, SPD-Bundestagsabgeordneter des Wahlkreises Ludwigsburg, hatte etwas früher gehen müssen, Martin Hess, AfD-Bundestagsabgeordneter des Kreises Ludwigsburg, hatte kurzfristig krankheitsbedingt abgesagt.

Mehr politische Bildung

Sie wollten mehr politische Bildung in die Schule bringen, erzählen die Moderatorinnen Madeleine Bond und Charlotte Ludewig, beide seit letztem Jahr bei den Jungen Grünen engagiert, über die Idee, eine Diskussionsrunde zu organisieren. Mit Unterstützung der Schulleitung und von Gemeinschaftskundelehrern wurde das Vorhaben dann in die Tat umgesetzt. Dabei ging es nicht nur um Zukunftsängste, sondern eine breite Palette politischer Themen wurde angesprochen.

Etwa die Gleichberechtigung. Auf die Frage der Moderatorinnen an die – ausschließlich männlichen – Politiker, wie es damit in ihren Parteien stehe, verwiesen Ott, Karaahmetoglu und Tok auf Quoten und „Reißverschlusssysteme“ (Mann/Frau) bei der Listenaufstellung. Letzteres sei nach der Wahlrechtsänderung nun auch in Baden-Württemberg möglich. Distl räumte ein, dass die FDP nur 21 Prozent Frauen in ihren Reihen habe, versprach aber: „Wir arbeiten daran.“ Gramling sagte, er halte nichts von Quoten, und setze stattdessen auf Frauen in Führungspositionen als Vorbilder.

Den ebenfalls angesprochenen Fachkräftemangel will Ott unter anderem mit mehr Ausbildung und einer Ausbildungsabgabe bekämpfen. Karaahmetoglu, Tok und Distl brachten neben besserer Bildung mehr Einwanderung ins Spiel. Man brauche jedes Jahr 400 000 Zuwanderer, sagte der SPD-Politiker. Gramling erwiderte, dazu müsse erst einmal die illegale Migration geregelt werden, denn so landeten zwei Drittel der Migranten in der Arbeitslosigkeit. Auch stelle sich die Frage der Unterbringung in Wohnraum.

Beim Thema Bafög gab es keine großen Kontroversen, außer dass Ott für Gebührenfreiheit schon von der Kita aufwärts eintrat. Toks Ankündigung, die Studiengebühren für ausländische Studenten in Baden-Württemberg abschaffen zu wollen, führte zu kritischen Nachfragen von Schüler-Seite. Befürchtet wurde ein Ansturm auf die Unis. Distl sah es als ein Element der Entwicklungshilfe.

Auf die Frage, was sie persönlich in Sachen Klimaschutz und Nachhaltigkeit tun, verriet Gramling, dass er den Fleisch- und Wurstverzehr reduziert habe. Distl fährt zwar einen alten Euro-5-Diesel, nutzt aber wo es geht E-Bike oder Bahn. Letzteres tun auch Tok und Karaahmetoglu.

Politiker essen weniger Fleisch

Letzterer isst ebenfalls weniger Fleisch und spart Plastikmüll ein, Tok kauft gerne im Unverpackt-Laden ein. Ott fährt ein Hybridauto. Inlandsflüge verbieten wollte indes niemand, sondern stattdessen die Bahn attraktiver machen, so die Antworten auf eine Frage aus dem Publikum.

Ein Schüler wollte wissen, warum Flüchtlinge aus der Ukraine finanziell besser gestellt seien als solche aus anderen Ländern. Tok sagte, er kämpfe innerhalb seiner Partei dafür, dass es keine Unterschiede gebe, Ott meinte, dies sei einer Demokratie unangemessen. Gramling warnte hingegen vor zu großen finanziellen Anreizen und verwies darauf, dass Baden-Württemberg mehr Ukraine-Flüchtlinge aufgenommen habe als ganz Frankreich.

Kontrovers ging’s auch bei der Klimapolitik zu. Gramling verwies darauf, dass Deutschland nur für zwei Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes zuständig sei und kritisierte die Heizungsaustausch-Pläne des grünen Wirtschaftsministers, Tok sprach von einer billigen Ausrede und gab sich optimistisch, dass die Energiewende gelinge.

Schulleiterin Nicole Stockmann lobte abschließend das Engagement der Schüler wie auch die Bereitschaft der Politiker zu der Diskussion.

 
 
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