Er erzählt kurz von den hinter ihm liegenden langen Drehtagen, sagt, dass er dennoch gerne in der Gerlinger Matthäuskirche gekommen sei und wirbt für seine nächste TV-Sendung. Damit sei man dann quitt. Mit diesen Worten begrüßt am Sonntag Kabarettist Christoph Sonntag die Gläubigen. Es folgt noch die ein oder andere humorvolle Bemerkung, eine Anekdote, auch ein Witz, das Publikum lacht – ehe Sonntag zum Kern seiner Predigt kommt. „Selig sind die Friedfertigen“ zitiert er aus der Bergpredigt Jesu. Sonntag spricht von der Gemeinschaft der Gläubigen, entwirft das Bild von der „Kultur des Himmels unter uns“, die vom Miteinander, der Achtsamkeit und Wertschätzung geprägt ist. „Vergib’ schnell und teile, was du hast“, ruft er der Gemeinde zu, die er bewusst mit „Liebe Brüder und Schwestern“ anredet.
Prominenz in Gerlingen Wie der Kabarettist Christoph Sonntag über ein Auto aus Augsburg predigt
Was hat das Fahrzeug mit dem auswärtigen Kennzeichen mit der Bibel zu tun? Ein Kabarettist predigte in Gerlingen anlässlich des Reformationsgottesdienstes.
Eine Tradition in Gerlingen
In der Matthäuskirche hat die Laienpredigt am Reformationstag Tradition. „Es mag Neugier auf die Person des Predigers und seine Stellung zum Glauben sein, was die Menschen dabei in die Kirche treibe, schrieb der Unternehmer Berthold Leibinger einst im Grußwort des Büchleins, das die Matthäusgemeinde, Leibingers Gemeinde, vor einigen Jahren mit den Kanzelreden aus zwei Jahrzehnten herausgegeben hatte. Weiter schrieb Leibinger im Grußwort: „Aber die Kirche ist jeweils voll. Und das ist gut, denn eine volle Kirche ist eine schöne Kirche“.
Auch in diesem Jahr war das Gotteshaus voll und „fast zu klein“ , wie es Ursula Ripp-Hilt, Schuldekanin im Ruhestand formulierte. Viele Gäste hatten in der Vergangenheit etwas zum Reformationstag zu sagen: 2015 war es Matthias Berg aus Esslingen, Jurist, ehemaliger Vize-Landrat, Musiker und Paralympics-Teilnehmer. Auch Eberhard Stilz, einst Präsident der Stiftung Weltethos, Hans-Peter von Kirchbach, ehemals Generalinspekteur der Bundeswehr sowie Politiker und Unternehmer wie Herta Däubler-Gmelin, Johannes Kärcher, Nicola Leibinger-Kammüller und Rezzo Schlauch zählten dazu. Meist sind es direkte persönliche Kontakte aus der Gemeinde, über die die Prominenten angefragt werden. In diesem Jahr ist es also Christoph Sonntag.
Der Kabarettist erinnert wenige Tage vor dem Martinstag an den heiligen Samariter, um weiter über die Brüder und Schwestern nachzudenken, über jene Menschen, die einem nahestünden. Der Nächste sei jener, der die Barmherzigkeit habe. Nur die Liebe mache uns zu Brüdern, so Sonntag, der im weiteren Verlauf mehrfach aus der Bibel zitiert um dann auf die Frage zu kommen, wie man all das im Alltag umsetzen könne, um die Kultur des Himmels unter uns Realität werden zu lassen.
Dafür erzählt der Kabarettist eine Begebenheit aus seinem Leben. Er fährt nach Hause, ist genervt. „Ich komme von einer Show und da steht einer vor meiner Garage. Was für ein Idiot“, gibt Sonntag wider, was er in dem Moment gedacht habe. Was sollte der Auswärtige, als den das Autokennzeichen den Fremden auswies, auf seinem Parkplatz? Als Sonntag in sein Haus kommt, wird er dort von einem Freund aus Augsburg begrüßt. Die Freude ist groß, natürlich. Aber welch ein Widerspruch der Emotionen! „Erst ärgere ich mich und zehn Minuten später freue ich mich darüber“. Der Gedanke, den der gebürtige Waiblinger den Gläubigen mit auf den Weg gibt, ist damit formuliert: „Wie wäre es, wenn wir es schaffen würden, die Begebenheit von der Garage im Leben zu übernehmen?“ Wenn Neid und Missgunst aufhörten. Im Anblick des anderen „nicht zu sagen: das steht mir zu. Sondern: das schenke ich ihm.“
