Prozess: Schüsse in Asperg Zeuge stellt Täter als friedliebend dar

Von Petra Häussermann
Die Polizei am Tatort im vergangenen Jahr in Asperg. Foto: /Martin Kalb

Erneut wurden am Montag am Landgericht Stuttgart Zeugen gehört im Fall um den erschossenen 18-Jährigen aus Asperg. 

Als eine friedliebende Jungsgruppe haben Zeugen vor Gericht die drei Angeklagten und sich selbst im Asperger Totschlag-Prozess bezeichnet. „Wir waren immer alle für Pazifismus“, erklärte ein 18-jähriger Schüler aus Möglingen stolz am Montag vor der Jugendkammer des Landgerichts Stuttgart. Die Nebenklägerin und Mutter des getöteten gleichaltrigen Opfers schlug fassungslos die Hände vors Gesicht.

Halbzeit des Verfahrens

Zur Halbzeit des Verfahrens gegen drei junge Männer, die laut Anklage an Ostern 2023 in Asperg mit zahlreichen Schüssen einen 18-Jährigen getötet und einen zweiten schwer verletzt hatten, herrschte unter den Verfahrensbeteiligten eine einmütige Einschätzung über die bisherigen Zeugen: mal mehr, mal weniger glaubhaft, ohne hilfreiche neue Erkenntnisse in der Hauptverhandlung, dafür mit teilweise erheblichen Erinnerungslücken.

Unklar ist auch nach neun Verhandlungstagen, welches Motiv der Todesschütze für die schreckliche Tat gehabt haben soll. Von Streit, von Lästern, von Mädchen ist die Rede – „eben so Kindergartenscheißdreck“, wie es der Zeuge bei der Polizei zu Protokoll gegeben hatte. Auch der zweite Zeuge an diesem Vormittag zeichnete ein Bild der Friedfertigkeit. „Ab und zu gab es Streitigkeiten mit denen aus Asperg, ganz normale Sachen, das wurde verbal geklärt.“

Zeuge berichtet vom Erlebten

Der junge Mann, der gerade einen Freiwilligendienst in einer Schule für behinderte Menschen absolviert und mit dem jüngsten Angeklagten eng befreundet ist, berichtete von seinen Informationen aus der Tatnacht. Er war gegen 1.20 Uhr in Möglingen unterwegs gewesen, als er dem Freund zusammen mit einem Kumpel und Namensvetter auf der Straße begegnete. „Ich habe ihren Gesichtern schon angesehen, dass etwas passiert ist, die waren ganz blass und sahen ängstlich aus.“

Deren Schilderungen nach waren sie bei einem Bekannten zuhause gewesen, als die anderen beiden Angeklagten ins Zimmer stürzten. Einer boxte gegen die Wände und schrie ‚ich habe einen Menschen umgebracht‘, eine halbautomatische Waffe wurde aufs Bett geworfen. „Ich konnte das nicht glauben, es hörte sich an wie ein Film“, so der Zeuge. Noch in der Nacht habe er das Gerücht gehört, der Schütze sei weg, ein paar Tage später hieß es, er sei wohl schon außer Landes.

Kein gemeinsamer Tatplan

Diese Zeugenaussage werteten die Verteidiger aller drei Angeklagten als eindeutigen Hinweis darauf, dass „ein gemeinschaftlicher Tatplan nicht ersichtlich“ sei. Vielmehr seien die beiden älteren Angeklagten nach der Tat völlig aufgelöst in die Wohnung gegangen, der eine bekannte sich zur Tat, der andere stritt mit diesem. „Hätte es zuvor einen Tatplan oder eine Absprache gegeben, hätte man sich mit dem Auftauchen in einer Wohnung nicht noch zusätzliche Zeugen geschaffen, die dann in Wellen alles nach draußen tragen würden“, erklärte Rechtsanwalt Dr. Markus Bessler, der den 21 Jahre alten Schützen verteidigt, der sich vor Gericht zu der Tat unter erheblichem Kokain- und Alkoholkonsum bekannt hat.

In einer Erklärung rügte die Verteidigung des zweiten Angeklagten, der nur Fahrer gewesen sein will, dass die unterstellte angeblich getroffene Absprache eine „rein rechtlich nicht zulässige Vermutung“ der Kammer sei. Aus ihrer Sicht ist die Tat „ein tragischer Vorgang, entstanden im Drogenexzess“.

 
 
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