Prozess wegen Brandstiftung in Bönnigheim Gutachter bestätigt bipolare Störung

Von Petra Häussermann
Die 65-jährige Angeklagte (links) soll in der Nacht zum 1. April die Mietwohnung in Bönnigheim in Brand gesetzt haben, in die sie erst wenige Stunden zuvor eingezogen war. Foto: /Mario Berger

In der Verhandlung vor dem Landgericht, in der einer 65-jährige aus Bönnigheim Brandstiftung vorgeworfen wird, hatten die Gutachter das Wort.

Freundlich, höflich, aber uneinsichtig, was ihre Krankheit angeht: So beschrieben mehrere Fachärzte für Psychiatrie die Angeklagte im Prozess um eine besonders schwere Brandstiftung in einem Mietshaus in Bönnigheim im April 2021. Am Donnerstag, dem vierten Verhandlungstag, hatten frühere behandelnde Ärzte aus verschiedenen ambulanten und stationären Einrichtungen für psychische Krankheiten das Wort.

Angeklagte sieht sich als Opfer

„Am Anfang zeigte sie sich kooperativ, doch ihre Therapietreue und ihr Behandlungswille waren immer wieder ein Thema “, erläuterte eine Psychiaterin aus Weinsberg den Prozessbeteiligten. Die 65-Jährige hat sich der Expertin zufolge oft als Opfer der äußeren Umstände gesehen und die Einsicht, psychisch krank zu sein, vermissen lassen. So hat sich die Angeklagte etwa im Oktober 2021 an die Ärztin mit der Bitte gewandt, eine Bescheinigung auszustellen, dass sie lediglich an einer Schilddrüsenerkrankung leidet. Einen anderen Arzt bat sie, eine positive Stellungnahme zu schreiben, damit sie ihren Führerschein zurückbekomme.

Die Staatsanwaltschaft wirft der Rentnerin vor, in der Nacht zum 1. April 2021 absichtlich einen Brand in ihrer gerade erst bezogenen Mietwohnung in Bönnigheim verursacht zu haben, indem sie eine Herdplatte nicht ausschaltete und leicht brennbare Gegenstände darauf ablegte. Sie selbst verließ die Wohnung und informierte den ebenfalls im Haus wohnenden Vermieter zeitverzögert. Für besonders schwere Brandstiftung sieht das Strafgesetz eine Mindeststrafe von fünf Jahren vor.

„Konkrete Lebensgefahr“

Zwar konnten die übrigen Bewohner das Gebäude rechtzeitig verlassen, es entstand ein Sachschaden von über 400 000 Euro. Doch für vier über der Angeklagten wohnende Menschen bestand laut einem Brandsachverständigen des Landeskriminalamtes „konkrete Lebensgefahr“, da im Haus viel Holz verbaut und das Kohlenmonoxid durch dieses Material hindurch nach oben gestiegen war. Die Angeklagte brach im Gericht kurz in Tränen aus, schlug die Hände vors Gesicht und murmelte, „das habe ich nicht gewusst“.

Die bipolare Störung, an der die Angeklagte seit Jahren leidet, ist nicht heilbar, aber mit entsprechenden Medikamenten schafften es die meisten dieser Patienten, ausgeglichener Stimmung zu sein und ein unauffälliges Leben zu führen, erläuterte die Medizinerin weiter. Leider hätten gerade psychisch kranke Menschen oft einen Widerwillen gegen die Einnahmen von Medikamenten und setzten diese eigenmächtig ab.

Frühere Fachärzte berichteten zudem von psychotischen Zuständen bei der Frau. So hatte sie etwa 2012 über den Notruf einen Großeinsatz von Feuerwehr und Polizei ausgelöst, weil angeblich ihr Mann und ihr Sohn bei einem Autounfall schwer verletzt und eingeklemmt seien. Sieben Jahre später rief sie die Polizei wegen eines vermeintlichen Einbruchs. Stattdessen entdeckten die Beamten einen Brandfleck auf dem Küchentisch und, dass alle Rauchmelder abmontiert waren.

Auf Nachfrage der Vorsitzenden Richterin erklärten alle gehörten Ärzte übereinstimmend, dass weder das Datum der Tat noch Feuer oder Brand jemals ein Thema in den Therapiegesprächen gewesen seien. Immerhin hatte die Angeklagte exakt zwei Jahre zuvor ebenfalls in der Nacht zum 1. April einen Brand in einer früheren Wohnung verursacht.

Der Prozess wird am 29. November fortgesetzt.

 
 
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