Realschule Bissingen Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne

Von Gabriele Szczegulski
Die Bissinger Realschüler mit den beiden Autoren Olaf Nägele und Susanne Glanzner (Zweite und Dritter von rechts vorne) in der Städtischen Galerie Bietigheim-Bissingen. Foto: /Foto: Richard Dannenmann

Die ganzjährige Schreibwerkstatt der Realschule Bissingen, die von der Bundesinitiative „Kultur macht stark“ gefördert wird, steht unter dem Thema „In jedem Anfang steckt ein Anfang“.

Die ersten Sätze eines Buches stecken voller Magie. Denn sie sollen den Leser in das Buch ziehen. Der beste Buchanfang der Literaturgeschichte ist wohl, so wählten Tausende von Lesern weltweit, „Gestern Nacht träumte mir, ich sei wieder in Manderley“ aus dem Buch „Rebecca“ von Daphne du Maurier. In der deutschsprachigen Literatur sei es „Ilsebill salzte nach“ aus Günther Grass’ „Der Butt“. Und auch im Kinder- und Jugendbuchbereich gibt es einen gewählten schönsten ersten Satz: „In der Mottengasse elf, oben unter dem Dach hinter dem siebten Balken in dem Haus, wo der alte Eisenbahnsignalvorsteher Herr Gleisenagel wohnt, steht eine sehr geheimnisvolle Kiste.“ Dieser ist der Anfang von Janoschs Text „Lari Fari Mogelzahn“.

Außerschulisches Projekt

Der erste Satz ist wichtig und schwierig und lässt sich oft nicht auf Anhieb schreiben. Das wissen die beiden Autoren Olaf Nägele und Susanne Glanzner. Deshalb setzen sie das Motto „In jedem Anfang steckt ein Anfang“ über ihre Schreibwerkstätten in der Realschule Bissingen. „Wir wollen auf verschiedenste Weise den Anfang für unsere Geschichten finden“, sagt Nägele, der Projektinitiator. Ein ganzes Jahr, 15-mal, werden Sechst- und Siebtklässler bei Glanzner und Acht- und Neuntklässler bei ihm das literarische Schreiben „mit vielen Werkzeugen“ ausprobieren.

„Wenn der Anfang mal gefunden ist, schreibt sich die Geschichte wie von selbst“, meint Nägele, der sich als schwäbischer Buchautor einen Namen gemacht hat. Dass das Projekt an der Realschule Bissingen stattfinden kann, ist nicht nur ein Glücksfall, wie die betreuende Lehrerin Kathrin Stötter sagt. „Schon bei dem Schreibprojekt Deutsch geht gut haben wir mit Olaf Nägele zusammengearbeitet, seit 2018 machen wir es in Eigenregie.“

Deutsch geht gut fand 20 Jahre lang in allen Haupt-, Werkreal- und Realschulen in Bietigheim-Bissingen statt, seit dem Corona-Lockdown und dem Weggang von Bietigheim-Bissingens Bürgermeister Joachim Kölz, der sich sehr dafür einsetzte, gibt es das Projekt nicht mehr. „Wir an der Realschule Bissingen finden aber, dass dieses außerschulische Projekt sehr wichtig ist. Die Kinder können ihre Gedanken zu Geschichten formen, ohne dass sie den schulischen Druck haben, sie können erzählen, was durch ihre Köpfe geht“, so Stötter. Und auch die Schüler und Schülerinnen sind sehr an den Schreibwerkstätten interessiert.

So kamen 22 Kinder zusammen, um sich anzuhören, was Olaf Nägele und Susanne Glanzner über die Schreibwerkstätten sagten, teilweise waren Kinder bei der Auftaktveranstaltung dabei, die schon letztes Jahr beim Projekt mitmachten. Diese fand an einem ungewöhnlichen Ort statt: In der Städtischen Galerie Bietigheim-Bissingen, denn diese ist Kooperationspartner des Projektes, stellt ihre Räumlichkeiten zur Verfügung.

22 Kinder nehmen teil

Während des Kurses werden die Kinder anhand von Kunstwerken aus dem Depot der Galerie lernen, wie man anhand eines Motivs eine Geschichte spinnt. „Wir sind begeistert, dass wir über eine längere Zeit mit einer Schule in dieser Weise zusammenarbeiten können“, sagt Mitarbeiterin Jasmin Hönig. Schon anlässlich der Japonismus-Ausstellung hat sie mit den Realschülern zusammen Haikus geschrieben, „da lag es nahe, dass wir auch für die Schreibwerkstätten die Galerie als Kooperationspartner mit ins Boot holten“, sagt Stötter.

Der Andrang für die Anmeldung sei immer sehr groß an ihrer Schule. Die 22 Kinder werden in zwei Schreibwerkstätten aufgeteilt. „Aber wir werden unsere Kurzgeschichtenanfänge untereinander tauschen und auch Recherchebesuche gemeinsam machen“, sagt Nägele.

„Wir wollen den Kindern ermöglichen, dass sie im besten Fall vier Schuljahre lang eine Schreibwerkstatt besuchen können“, sagt Nägele. Doch das Angebot einer Schreibwerkstatt ist auch immer eine Frage des Geldes. Nägele stellte einen Förderantrag bei „Kultur macht stark“, einer Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, das genau ein Projekt in Baden-Württemberg für ein ganzes Jahr lang fördert – und zwar die Schreibwerkstatt an der Realschule Bissingen. Deshalb ist es möglich, dass diese über zwei Schuljahre hinweg laufen kann. Zudem sollen alle Texte der Schüler am Ende in einem Buch gesammelt werden.

Die Kosten der Buchproduktion sind in dem Fördergeld enthalten und Teil des förderwürdigen Konzepts mit Schreibwerkstätten, Ausflügen in die Galerie und die Otto-Rombach-Bücherei. Zudem gibt es am 12. Dezember eine öffentliche Abschlussveranstaltung an der Realschule, bei der der Schulchor singt, das Buch vorgestellt wird und sowohl die Teilnehmer an den Schreibwerkstätten als auch die Schreibdozenten lesen werden.

 
 
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