Riesen verlieren erstes Finalspiel gegen Alba mit 65:88 Berliner Machtdemonstration

Von Andreas Eberle
Hart umkämpftes Duell: Der Ludwigsburger Topscorer Nick Weiler-Babb (links) versucht dem Berliner Rokas Giedraitis den Ball zu entreißen. ⇥ Foto: Adam Pretty

Ohne den verletzten Knight haben die Riesen im ersten Finalspiel gegen Alba keine Chance. Nach dem 65:88 ist der Titeltraum schon fast geplatzt.

Die erste Hiobsbotschaft gab’s schon vor dem ersten Finalspiel gegen Alba Berlin um die deutsche Basketball-Krone: Ausgerechnet Marcos Knight, der Anführer, Topscorer und Star der MHP Riesen Ludwigsburg, saß am Freitagabend im Münchner Audi-Dome mit trauriger Miene in Zivil draußen. Der 30-jährige US-Amerikaner habe sich bereits im zweiten Gruppenspiel gegen Frankfurt am Fuß verletzt, sei immer wieder getaped worden und habe mit Schmerzmitteln gespielt. Und gegen Ulm habe er sich dann am Dienstag noch schwerer verletzt, klärte John Patrick kurz vor dem Anwurf auf. „Er konnte nach dem Spiel nicht mehr gehen“, so der Riesen-Trainer. „Das ist schade, denn er hat eine unglaublich wichtige Rolle in unserer Mannschaft.“

Ob’s mit Knight besser gelaufen wäre, ist eine müßige Frage. Das erste Kräftemessen mit Berlin verlor das Team aus der Barockstadt jedenfalls mit 65:88. Nun gehen die Riesen mit einem 23-Punkte-Handicap ins Rückspiel am Sonntag (15 Uhr/live auf Sport 1 und Magenta Sport). Es riecht stark nach der Vizemeisterschaft für Ludwigsburg.

Übermotiviert, unkonzentriert

„Wir haben unsere Konzentration verloren. Manche Spieler waren übermotiviert und wollten das Spiel selbst in die Hand nehmen, wie Marcos das manchmal macht. Aber das ist nicht unser Spiel“, analysierte Patrick nach der Demontage und deckte die Defizite seiner Truppe auf: „Wir hatten eine schlechte Ballbewegung, und das Rebounding war im zweiten und dritten Viertel eine Katastrophe.“ Versöhnlich stimmte den Coach immerhin das Schlussviertel, das mit 23:19 an Ludwigsburg ging: „Ich bin stolz, dass wir nicht aufgegeben haben.“

Als Ersatz für Knight hatte Patrick auf der Guard-Position Teyvon Myers auserkoren. Der aus Göttingen verpflichtete Neuzugang hatte bisher sportlich allerdings noch keine Bäume ausgerissen und war hauptsächlich durch Fouls und Ballverluste aufgefallen. Dafür gab Myers den Chef-Animateur im Team und war so mitverantwortlich für die euphorische Stimmung im Ludwigsburger Lager während der drei Wochen im Quarantäne-Hotel und in der Halle.

Doch weder Myers noch die anderen US-amerikanischen Leistungsträger der Riesen – Jaleen Smith, Thomas Wimbush und Nick Weiler-Babb – sprangen für Knight in die Bresche. Gerade die beiden Letztgenannten kamen in der ersten Hälfte gar nicht auf Touren: Sie mussten sich bis zur Pause mit je zwei Pünktchen begnügen. Wimbush misslang fast alles, weshalb er die zweite Hälfte auf der Bank verbrachte.

Dafür spielten sich die Youngsters ins Rampenlicht. Ihnen schenkte Patrick auch in diesem wichtigen Spiel wieder das Vertrauen. Sein 16-jähriger Sohn Jacob und Lukas Herzog (18) zeigten sich rotzfrech. Beide waren mit zwei Dreiern erfolgreich und hatten letztlich acht Punkte in der Statistik stehen – genauso wie Center-Talent Ariel Hukporti (18). Die Rolle des Ludwigsburger Topscorer teilten sich Kapitän Jonas Wohlfarth-Bottermann und Weiler-Babb mit je elf Zählern.

19 Ludwigsburger Ballverluste

Doch das reichte nicht, um den favorisierten Albatrossen ernsthaft Paroli zu bieten. Die Riesen erlaubten sich mit 19 ungewohnt viele Ballverluste, vom aggressiven und physischen John-Patrick-Stil war wenig zu sehen. Berlin nahm hingegen den Kampf an, verteidigte stark, spielte konzentriert, traf besser als der Gegner – und führte nach dem ersten Viertel verdient mit 19:13. Bis zur Pause erhöhte der Pokalsieger auf 46:29. Vor allem Schwedens Nationalspieler Marcus Eriksson war bis dahin nicht zu bremsen.

In der zweiten Halbfinalpartie gegen Ulm hatten die Riesen einen Rückstand zur Pause noch gedreht. Dazu waren sie gegen die Alba-Asse nicht in der Lage. Im Gegenteil: Die Schwaben wurden vollends zum Spielball der Berliner, die jetzt erst richtig aufdrehten. Beim 65:35 (27.) und 67:37 (28.) betrug ihr Vorsprung sogar schon 30 Punkte. Mit 23:13 entschieden die Hauptstädter den dritten Durchgang für sich. 69:42 hieß es nach 30 Minuten. Es war eine Machtdemonstration.

Längst ging es für den Underdog aus Ludwigsburg nur noch um Schadensbegrenzung – und darum, die Differenz noch so zu gestalten, dass im zweiten Duell zumindest noch eine klitzekleine Chance auf den Gesamtsieg bestehen würde. Doch die Resignation war den Mannen in den schwarzen Trikots deutlich in den Gesichtern abzulesen.

Hoffnung machte der letzte Spielabschnitt. Die Riesen rafften sich noch mal auf, verkürzten auf 18 Zähler (38.). Weiler-Babb steigerte sich und glänzte mit einem einhändigen Dunk. Dann verfehlte Zamal Nixon aber knapp einen Dreier und stoppte den Gegenzug mit einem technischen Foul. Die Aufholjagd war damit jäh unterbrochen. Am Ende betrug der Berliner Puffer noch 23 Zähler. Am Ende hatten gleich sieben Alba-Profis zweistellig gepunktet.

„Wenn wir immer so gespielt hätten wie heute, dann wären wir jetzt nicht im Finale“, sagte Patrick ernüchtert. „Wir haben in der ganzen Saison viel, viel besser gespielt – und ich hoffe, dass wir im nächsten Spiel wieder zu unserem Basketball finden.“ Ob mit oder ohne Knight wird dabei eine Schlüsselfrage sein.

 
 
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