RKH-Krankenhaus Bietigheim-Vaihingen Wenn im Klinikum der Strom ausfällt

Von Heidi Vogelhuber
Musa Acar, der Sachgebietsleiter Elektro, kontrolliert die Funktionsweise des Notstromaggregats, das mit Diesel betrieben wird und den Krankenhausbetrieb drei Tage lang aufrecht halten kann. Foto: /Oliver Bürkle

Ob alle System auch im Falle eines Blackouts funktionieren, wurde am Donnerstag im Bietigheimer Krankenhaus getestet. Die Techniker simulierten einen Stromausfall. Welche Abläufe dann greifen, warum die Steckdosen unterschiedliche Farben und wie lange die Klinik den Strom selbst herstellen können, zeigt die BZ.

Was wäre wenn. Einrichtungen, die für das Allgemeinwohl wichtig sind, müssen auf alle Ernstfälle vorbereitet sein, insbesondere wenn es um die Gesundheit geht. Aus diesem Grund führte das Krankenhaus Bietigheim-Vaihingen am Donnerstag eine Simulation durch: Was wäre wenn der Strom ausfällt – die BZ begleitete die Übung.

„Am wichtigsten ist es, Ruhe zu bewahren“, sagt Yvonne Gagg. Die Energie- und Wärmetechnik-Ingenieurin ist seit vier Jahren bei der Regionalen Kliniken Holding (RKH) Leiterin für Bau und Technik. Mit Sven Wollschläger von der Gebäudetechnik und den Männern um Sachgebietsleiter Musa Acar, die im Bietigheimer Krankenhaus für die Elektrotechnik zuständig sind, bildet Gagg die Task-Force der Simulation.

Beginn der Simulation

„Alle bereit? Wie spät ist es?“ Pünktlich um 8.30 Uhr soll es losgehen. Außen am Krankenhausgebäude befindet sich einerseits der Raum mit dem Transformator, der das Klinikum mit stabiler Mittelspannung versorgt und andererseits das Notstromaggregat, das im Falle eines Stromausfalls anspringt und mit Diesel betrieben wird. Dafür stehen zwei 3000-Liter-Tanks Diesel zur Verfügung. „Je nach Verbrauch reicht das ohne nachzufüllen für drei Tage aus“, erklärt Musa Acar. Der Verbrauch des Aggregats liegt bei gut 25 Litern pro Stunde.

Nur qualifizierte Elektrotechniker haben eine Schaltberechtigung für den Trafo, erklärt Gagg. Derjenige, der den Schalter umlegt, trägt einen sogenannten Schaltmantel, der aus Leder und einer speziellen Gummimasse besteht sowie Spezialhandschuhe. Noch dazu einen Helm mit Visier. Die Schutzausrüstung ist wichtig, schließlich haben es die Männer hier mit 20 000 Volt zu tun. Ein letzter Blick auf die Uhr: Punkt 8.30 Uhr. Die Simulation beginnt.

„Klack“ – der Schalter ist umgelegt, das Licht im Strom-Raum geht aus und damit der Strom im gesamten Krankenhaus. Wenig später hört man einen Rumms und ein blechernes Geräusch setzt ein, es steigt dichter, schwarzer Rauch aus dem außerhalb befindlichen Rohr des Aggregats auf. Der anfängliche Krach und der Qualm pegeln sich nach kurzer Zeit nach unten ein. Das Klinikum wird nun mit Notstrom versorgt. Das Dieselaggregat selbst werde jeden Monat auf seine Funktion geprüft, erklärt Gagg, jedoch ohne Last. Bei dieser Simulation läuft die Notstromversorgung drei Stunden lang. Denn nicht nur die Technik muss im Ernstfall funktionieren, auch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen müssen geschult werden, damit alles einwandfrei funktionieren kann.

OP ist krisenfest konstruiert

Da es sich beim Stromausfall am Donnerstag um eine Übungssituation handelt, seien keine geplanten Operationen angesetzt worden. Die Notfallversorgung müsse aber natürlich durchgehend gewährleistet werden, sagt Dr. Christian Schlottke, Ärztlicher Direktor für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie. „Der OP ist so konstruiert, dass selbst bei einem Stromausfall operiert werden kann“, erklärt er. Es gibt eine Priorisierung der Stromversorgung, die durch farbige Steckdosen markiert ist. Orangene Steckdosen sind für die wichtigen Geräte, etwa Beatmungsmaschinen. Die grünen Steckdosen hängen zwar auch am Notstrom, gehen jedoch mit 30 Minuten Verzögerung ans Netz. Das reiche beispielsweise für Bildschirme, Computersysteme und verschiedene Spritzenpumpen zur automatischen Medikamentenabgabe.

Die Stromversorgung der grünen Steckdosen und auch der OP-Beleuchtung jedoch, müsse unterbrechungsfrei sein. Ein Flackern des OP-Lichts kann bereits tödlich enden, erklärt Schlottke. Sollte auch der Notstrom ausfallen, seien zusätzlich Akkus in den Notfallgeräten verbaut, die ungefähr eine Stunde überbrücken könnten. „Die Medizin wird immer techniklastiger. Wir sind abhängig davon, dass sie funktioniert“, sagt er. Jedoch sei jedes Gerät so ausgelegt, dass es eine Notebene gibt. Beispielsweise hängt an jedem Beatmungsgerät auch ein Handbeutel.

Seit 20 Jahren übt Christian Schlottke seinen Beruf aus und nur ein Mal sei der Strom ausgefallen – abgesehen von den regelmäßigen Tests. „Stromausfälle sind an sich sehr selten, Schwankungen im Netz werden ja europaweit ausgeglichen“, sagt er, gibt aber zu bedenken, dass sich gerade in letzter Zeit viele Menschen aus Angst vor Gasmangel elektrische Radiatoren gekauft hätten. Die dadurch erzeugten Stromspitzen könnten das Netz durchaus belasten.

Die Geräte werden einzeln von Medizintechnikern überprüft. Zusätzlich war auch ein Mitarbeiter der Firma Honeywell, die sich im Krankenhaus um die Gebäudetechnik kümmert, am Donnerstag vor Ort. Auf einem Computer konnte er die Geräte zentral überwachen und steuern, sich Sollwerte, Temperaturen und Störungen in Echtzeit anzeigen lassen.

Auswertung der Übung

„Ich bekomme aus allen Abteilungen Rückmeldung und werte die Simulation aus. Jeder Test wird uns Neues lehren“, sagt Yvonne Gagg, die sich zufrieden zeigt mit dem simulierten Stromausfall in Bietigheim-Bissingen. Was möglicherweise noch verbessert werden kann, wird sie in den nächsten Wochen erörtern.

Bereits letzte Woche wurden drei RKH-Kliniken (unter anderem Ludwigsburg) geprüft, nächste Woche folgen zwei weitere.

 
 
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