Wir sind alle sehr betroffen“, sagt Claudia Volk, Ortsvorsteherin des Sachsenheimer Teilorts Häfnerhaslach. Auch ihr ist die Bestürzung über das Geschehene anzuhören. Es ist Samstagabend, als das Unglück über den 650-Einwohner-Ort im Naturpark Stromberg-Heuchelberg hereinbricht.
Sachsenheim 58-Jähriger erschlagen: Häfnerhaslach unter Schock
Vor einer städtischen Unterkunft kommt es zwischen einem Bewohner und einem Nachbarn zum Streit. Am Ende ist einer der Männer tot.
Viel Natur gibt es hier, altes Fachwerk. Ein ländliches Idyll, zwischen dem sich neben dem Gelände der Freiwilligen Feuerwehr ein paar Wohncontainer verlieren. Die Stadt Sachsenheim bringt dort sei 2009 Obdachlose und Flüchtlinge unter. Zuletzt wohnte dort nur noch ein einzelner obdachloser Mann. Er soll am Samstagabend einen Dorfbewohner getötet haben.
Widerstandslos festgenommen
Bei dem Tatverdächtigen handelt es sich nach Polizeiangaben um einen 45 Jahre alten Mann mit deutscher Staatsbürgerschaft. Sein Opfer ist der 58 Jahre alte Volker H., der gegenüber der Feuerwehr wohnte. Laut Polizei ging der Tat am Samstag ein Streit voraus, in dessen Verlauf der 45-Jährige auf Volker H. einschlug und ihn dabei lebensgefährlich verletzte. Er starb noch am Tatort.
Nachdem gegen 18.50 Uhr der erste von mehreren Notrufen bei der Polizei eingegangen war, trafen schon wenige Minuten später Beamte vor Ort ein. Sie fanden den 45-Jährigen in Tatortnähe; dieser ließ sich widerstandslos festnehmen und wurde Sonntagmittag einem Haftrichter beim Amtsgericht Heilbronn vorgeführt, der einen Haftbefehl wegen des Verdachts auf Totschlag erließ. Die Ermittlungen der Kriminalpolizei dauern an.
Täter war polizeibekannt
Sicher ist hingegen schon, dass der Tatverdächtige bereits polizeibekannt war. Nähere Angaben macht die Polizei aus personenschutzrechtlichen Gründen derzeit nicht. Auch über eine angeblich kürzlich verbüßte Haftstrafe gibt die Polizei keine Auskunft.
Im Ort galt der Mann als gewaltbereit, wie Ortsvorsteherin Claudia Volk berichtet. „Er soll immer wieder Leute angepöbelt und eingeschüchtert haben“, sagt sie. Ein Freund des Opfers, der ungenannt bleiben möchte, berichtet, dass der Mann einen Familienvater aus Häfnerhaslach mit einer abgebrochenen Flasche bedroht haben soll. Auch einen Mitbewohner der städtischen Wohncontainer soll der Mann mit einem Messer angegangen sein. Dieser habe daraufhin Häfnerhaslach verlassen. Seitdem habe der 45-Jährige dort alleine gelebt.
Auch zwischen Volker H. und dem Tatverdächtigen sei es wiederholt zu Reibereien gekommen. Immer wieder soll dieser Steinchen gegen die Fenster von Volker H.s Haus geworfen oder ihn an der Grundstücksgrenze provoziert haben. So auch an diesem Samstagabend.
Demnach sei Volker H. dann aus dem Haus zu dem 45-Jährigen gegangen. H.s Lebensgefährtin habe die Nachbarn verständigt und einen Bekannten angerufen und um Unterstützung gebeten. Die Situation zwischen dem 45-Jährigen und Volker H. sei aber schnell eskaliert. Dieser soll mit einem stumpfen Gegenstand auf Volker H.s Kopf eingeschlagen und ihn tödlich verletzt haben. Die Polizei macht zu Tathergang und -waffe bislang keine Angaben.
Bürger fordern Aufklärung
Offene Fragen hätten auch viele Häfnerhaslacher, sagt Ortsvorsteherin Claudia Volk. Etwa, warum der Tatverdächtige ausgerechnet in Häfnerhaslach einquartiert und sich selbst überlassen wurde. „Hier gibt es keine Sozialarbeiter oder andere Betreuung“, sagt Claudia Volk. Bei einer spontanen Mahnwache am Sonntagabend sei auch der Verdacht geäußert worden, die Stadt Sachsenheim habe den obdachlosen Mann praktisch in den abgelegenen Ortsteil abgeschoben.
Auf BZ-Anfrage teilte die Stadt Sachsenheim mit, dass der Mann seit 2018 in Sachsenheim untergebracht war, seit 2019 im Ortsteil Häfnerhaslach: „Dies erschien aufgrund seines Wohnverhaltens sinnvoll.“ Aufgrund der begrenzten Möglichkeiten sei dies nur in Häfnerhaslach möglich gewesen.
In seiner vorherigen Unterkunft sei der Mann unter anderem durch extremes Müllsammeln aufgefallen. Die Stadt habe deswegen von der Kreispolizeibehörde die Prüfung einer zwangsweisen Unterbringung oder zumindest Betreuung angefordert. Diese habe aber mit Verweis auf fehlende Voraussetzungen abgelehnt. Auch „eine grundsätzliche Gewaltbereitschaft“ konnte in seiner früheren Unterkunft nicht festgestellt werden.“ Bezüglich späterer Vorfälle im Häfnerhaslach gehe die Stadtverwaltung inzwischen davon aus, dass nicht alle gemeldet wurden.
Als Reaktion auf den Vorfall hatte Sachsenheims Bürgermeister Holger Albrich bereits bei der Mahnwache am Sonntag angekündigt, dass die Wohncontainer, wie von verschiedenen Bürgern gefordert, abgebaut werden sollen.
Am heutigen Dienstag soll es zudem um 18 Uhr ein ökumenisches Gedenken am Tatort mit Vertretern der evangelischen und katholischen Kirche sowie Bürgermeister Albrich und Ortsvorsteherin Claudia Volk geben. Volker H. war ein geselliger und hilfsbereiter Typ, so Claudia Volk. „Hier kennt jeder jeden. Wenn jemand so aus dem Leben gerissen wird, ist das so, als sei ein Mitglied der eigenen Familie.“