Sachsenheim Der Papageienpapa von Ochsenbach

Von Martin Kalb
Unzertrennlich: Gelbbrustara Richie begleitet Hubert Kuhn auch beim Einkauf auf der Schulter. Foto: /Martin Kalb

Herbert Kuhn hat einen Vogel. Nicht etwa einen kleinen blauen Coco, den weitverbreiteten Wellensittich, sondern einen großen bunten Richie. Der Papagei begleitet ihn überall hin.

Der Gelbbrustara, eine südamerikanische Papageienart, ist in Ochsenbach ein vertrauter Anblick. Hubert Kuhn, der seit 1988 in der Kirbachtalgemeinde wohnt, hat sich den Exoten ins Haus geholt und ist mit dem Ara eine besondere Beziehung eingegangen.

Bekannt wie ein bunter Hund

„Bis vor zwei Jahren hat mich kaum jemand gekannt“ erzählt der 79-jährige, frühere katholische Pfarrer aus Nagold im Nordschwarzwald. Doch wenn er mit seinem Richie im Ort spazieren geht, fällt das ungewöhnliche Paar auf. „Die Leute werden neugierig, bleiben stehen, fragen, zücken das Handy und sind angetan von Richie, der mir all die Zuneigung schenkt, die sich Menschen sonst von ihren Partnern wünschen würden“, sinniert der lebensfrohe, weit gereiste Mann.

„Der Papagei küsst mich, in der Vogelsprache würde das Schnäbeln heißen, pfeift nach mir, wartet auf mich und ist ohne mich nicht glücklich“, sagt Kuhn. Beide scheinen ihr Lebensglück gefunden zu haben. Doch wie sieht das der Artenschutz?

„Das Regierungspräsidium in Stuttgart hat in meinem Fall grünes Licht gegeben“, so Hubert Kuhn. Normalerweise müssen die Exoten paarweise in einer Voliere gehalten werden. In Ochsenbach hat die Behörde eine Ausnahme gemacht. Kuhn konnte nachweisen, dass er sich rund um die Uhr um den aus einer Zucht stammenden dreieinhalbjährigen Vogel kümmert.

Das ist wörtlich zu nehmen. „Er sitzt meistens auf meiner Schulter oder meinem Arm, nur abends geht er drei Stunden in seinen Käfig“, berichtet der Pfarrer von seinem Leben mit Richie. Dann nimmt sich Hubert Kuhn eine Auszeit von seinem Zögling. Dem passt das zwar nicht immer, aber wenn er zur Schlafenszeit wieder heraus darf, dann bedanke sich der Vogel mit einem krächzenden: „Gute Nacht, Schatz“.

Süchtig nach Schokolade

Geht Hubert Kuhn mittags zum Kochen in die Küche ist Richie hellwach. Es ertönt oft: „Da gibt’s noch was“ aus Richies Kehle. Der Ara spekuliert dann auf ein besonderes Leckerli: Schokolade. Aber die ist in menschlichen Portionen giftig für den gefiederten Freund. „Er bekommt nur manchmal ein winzig kleines Stückchen.“

Große Stücke hält der Ara auf ausgedehnte Ausflüge. Allerdings an einer zwei Meter langen Leine. In einem Kindergarten zum Beispiel, ist er zur Freude der Kids über deren Köpfe geflattert.

Wenn es ans Einkaufen geht, ist Richie immer mit von der Partie. Da es in Ochsenbach keinen Laden mehr gibt, fahren die beiden Bus. In Sachsenheim beim Getränke Edeka sind sie gern gesehene Kunden. Anders in Lebensmittelgeschäften, da darf der Vogel aus hygienischen Gründen meist nicht hinein.

Auf dem Kirbachhof sieht man das allerdings entspannter. Dorthin radelt Pfarrer Kuhn mit seinem Vogel auf der Schulter auf einem Fat-E-Bike, einem Rad mit den dicken Reifen. Angeschnallt, oder anders ausgedrückt angeleint, sei der Papagei aber nicht, betont Hubert Kuhn. Bei einem Unfall könne die Leine dem Tier sonst zum Verhängnis werden. Ein Ara kann bis zu 60 Jahre alt werden. Deshalb hat Kuhn vorgesorgt: Nach ihm wird Richie ein neues Zuhause haben. Mit einem anderen Ara in einer Voliere.

Richies Verwandte kommen aus Südamerika

Gelbbrustaras stehen nicht auf der Liste gefährdeter Tiere. Doch ihre Population in den südamerikanischen Regenwäldern nimmt ständig ab.

Rodung und Wilderei sind die Gründe für den Rückgang. Nach dem Washingtoner Artenschutzabkommen brauchen Exoten „Cites Papiere“, die ihre Herkunft belegen, dass sie eben nicht aus Wilderei stammen, sondern Nachzuchten sind.

Papageien sind sehr soziale Tiere. Wachsen sie bei einem Menschen auf, wird er zur Bezugsperson und so plappern sie ihm nach. Wobei sie, auch wenn es manchmal den Eindruck macht, natürlich nicht die einzelnen Wörter verstehen. Die Zoologische Gesellschaft für Arten- und Populationsschutz hat den Ara 2023 zum „Zootier des Jahres“ ernannt. 

 
 
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