Die ehemalige Sachsenheimer Museumsleiterin Diana Finkele ist für die 117. und somit jüngste Ausgabe der Schriftenreihe des Vereins für Heimatgeschichte Sachsenheim „Die Mörin“ tief in die Historie hinabgestiegen, um auf insgesamt 43 Seiten „Die fabelhafte Welt des Hermann von Sachsenheim“ in Erinnerung zu rufen.
Sachsenheim Die fabelhafte „Mörin“ im Fokus
Diana Finkele stellt das Hauptwerk der Vogts und Dichters Hermann von Sachsenheim vor.
Hauptwerk entstand erst kurz dem Tod des Autors
Das reich illustrierte und aufwendig recherchierte Werk der heutigen Leiterin des Kultur- und Bildungsbetriebs der Stadt Moers in Nordrhein-Westfalen befasst sich primär mit dem Hauptwerk des spätmittelalterlichen Minnesängers, eben der „Mörin“. Hermann von Sachsenheim verfasste es 1453 im vorgerückten Alter von fast 90 Jahren. 1512 ging es erstmals in Druck.
Der belesene einstige stolze Ritter, Politiker, Dichter und Roman-Autor Hermann von Sachsenheim wurde um 1366/69 vermutlich in Kleinsachsenheim geboren und trat 1419 in den Dienst des Hauses von Württemberg ein. Er wurde bedeutender Vogt und hinterließ als späterer Dichter insgesamt acht Werke. In manchen kritisierte er mit spitzer Feder durchaus auch den Zeitgeist beziehungsweise betuchte Möchtegerne. Diana Finkele: „Mit über 6000 Versen ist die ,Mörin‘ das umfangreichste Werk Hermanns von Sachsenheim. Entstanden ist es 1453. Hermann hat sie Mechthild von der Pfalz und ihrem Bruder Friedrich dem Siegreichen, Pfalzgraf bei Rhein, gewidmet.“ Der Freund des Exotischen lässt, so die Autorin, die „Mörin“ an einem Ort mit orientalischem Ambiente spielen.
Zeitgenössische Themen unterhaltsam verpackt
Kurz skizziert geht es, so Frau Finkele, um einen Minne-Prozess: Ein adliger Ritter wird angeklagt, Königin Venus einen Treueeid gebrochen zu haben. Der Sachsenheimer setzt sich dabei kritisch mit der Minne – gemeint ist die verehrende, dienende Liebe eines höfischen Ritters zu einer meist verheirateten, höhergestellten Frau – auseinander und sorgt sich dabei um Dienstbeflissenheit, Religion und den Verlust an alter Gesellschaftsordnung. Selbst die türkisch-osmanische Ausbreitung lässt er nicht außen vor.
„So hat es Hermann geschickt verstanden, seine Zuhörer mit politischen, religiösen und moralischen Themen zu unterhalten. Hermanns Publikum dürfte dem hohen Adel Württembergs angehört haben. Die süddeutschen Höfe in Stuttgart, Heidelberg und Rottenburg waren ebenso seine Bühne wie Adelssitze in München oder Innsbruck. Aber auch an kleineren Höfen, wie beispielsweise in Sachsenheim, fand Hermanns ,Mörin‘ eine Plattform“, weiß Diana Finkele.
Sie erläutert in der besagten Schriftenreihe kompetent auch die problematische Anfertigung von Abschriften, die Relevanz von Holzschnitten, den Bezug zu Wagners Oper „Der Tannhäuser“ und sie schildert kurzweilig den eigentlichen Verlauf des fabelhaften Minne-Prozesses.
Hermann von Sachsenheim starb 1458 und wurde in der Stiftskirche in Stuttgart begraben. Er hat übrigens auch seine Grabinschrift mit Humor selbst verfasst: „Zuvor war ich ein Ritter; jetzt liegt mir das Haus (die Grabplatte) auf der Nase“. „Dieses Haus“ sei viel zu kurz und zu eng für ihn und er klagt: „Überall nagen die Würmer an mir“. Walter Christ