Sachsenheim Erfindung aus der Schulwerkstatt

Von Jennifer Stahl
Ferdinand Horn (links) und Julian Schenker gewannen mit ihrer Erfindung für Blinde die Goldmedaille beim „iENA Junior Award“. Der Prototyp soll in ungefähr vier Wochen fertig sein. Foto: /Martin Kalb

Ferdinand Horn und Julian Schenker nahmen mit ihrer Wahrnehmungshilfe für Blinde „blind Sonar“ an zahlreichen Wettbewerben teil und haben weiterhin große Pläne.

Anderen Leuten würden wir raten: Wenn euch eine Idee im Kopf herumschwirrt, probiert sie einfach aus – irgendwann schafft man, was man sich vornimmt.“ Ferdinand Horn aus Bissingen und Julian Schenker aus Erligheim sind beide 17 und haben schon an einigen Wettbewerben teilgenommen. „Nach der Anmeldung des Patents im Februar waren wir bei Jugend forscht, einmal regional in Pforzheim und einmal beim Landeswettbewerb in Karlsruhe“, sagt Schenker. Auch bei „Bits and Pretzels“ und der „Rehab Exhibition“ waren sie vor Ort. „Bei ,StartupTeens’ haben wir 10 000 Euro gewonnen, beim ,iENA Junior Award’, das ist eine internationale Erfindermesse, fuhren wir mit der Goldmedaille heim“, sagt Schenker.

Wie ein Parkassistent für Blinde

Doch von vorne: „blind Sonar“ nennt sich die Erfindung der beiden Schüler. „Man kann sich das Ganze wie einen Parkassistenten für Blinde vorstellen“, führt Schenker aus. Eine Art Stirnband wird um den Kopf getragen, Sensoren erkennen Gegenstände und Wände um einen herum, und „blind Sonar“ übt an der Stelle am Kopf einen leichten Druck aus, an der sich einem Hindernis genähert wird. „Wenn eine blinde Person durch einen engen Flur läuft, spürt sie jeweils links und rechts am Kopf Druck. Wenn sie vorwärts gegen eine Wand stoßen würde, kann ‚blind Sonar’ rechtzeitig vor der Gefahr warnen“, sagt Schenker.

Die Idee zur Alltagshilfe für Blinde kam den beiden Ende letztes Jahres am Lichtenstern-Gymnasium, an dem sie im kommenden Jahr ihr Abitur machen werden. „Wir kennen uns seit der fünften Klasse. Im Fach Naturwissenschaft und Technik (NwT) haben wir Zugang zu einer Werkstatt, in der uns alles mögliche zur Verfügung steht, vom 3D-Drucker zur computerunterstützten Maschinensteuerung“, sagt Horn. Die Idee zu „blind Sonar“ konnten die beiden im und nach dem Unterricht konkretisieren. „Einer unserer Lehrer, Hans Bader, ist auch unser Mentor, er begleitet uns auf den Wettbewerben, so lange wir noch nicht volljährig sind“, sagt Horn.

Aufgefallen sei ihnen, dass Autos mittlerweile autonom fahren können, während Blinde noch immer auf den Blindenstock angewiesen sind. „Wir fanden das unfair, und so kamen wir darauf, eine Wahrnehmungshilfe für Blinde zu planen“, sagt Schenker.

Austausch mit Blindenschulen

Die beiden seien stets mit verschiedenen Unternehmen und Blindenschulen in Kontakt. „Aktuell muss vor allem der rechtliche Teil abgedeckt werden, sobald möglich möchten wir eine Firma gründen“, sagt Schenker. Die Wahrnehmungshilfe soll dann einmal in Blindenschulen, Blindenshops und von Krankenkassen angeboten werden.

Auch das Team soll zu einem späteren Zeitpunkt erweitert werden, gerade in Sachen Finanzen sei das sinnvoll. „Aktuell machen wir das alles zu zweit. Wir haben auch unsere Website selbst erstellt, da waren wir gemeinsam im Urlaub“, sagt Schenker.

Vor einem Jahr wurde das Projekt ins Leben gerufen, heute arbeiten sie rund 20 Stunden pro Woche daran. „Vor Wettbewerben ist das noch einmal mehr, da werden wir auch häufig beurlaubt. Generell bekommen wir viel Unterstützung von der Schule“, erklärt Horn. Für die meisten der Wettbewerbe haben sie sich beworben, mittlerweile erhalten sie sogar Anfragen zur Teilnahme. Vor einem Wettbewerb müsse eine Dokumentation über das Projekt abgegeben werden. „Dabei muss alles Technische erklärt und der wirtschaftliche Markt analysiert werden“, sagt Horn. Aus der Einsendung des Dokuments werden dann die Teams ausgewählt, die ihre Erfindung vor Ort präsentieren dürfen.

Große Erfinder kennenlernen

Der Abend im Axel-Springer-Hochhaus bei „StartupTeens“ in diesem Sommer ist beiden besonders gut im Gedächtnis geblieben. „Wir wurden in die Journalistenlounge eingeladen, das war eine tolle Erfahrung, weil viele Konkurrenten und die Axel-Springer-Vorstände da waren. Dann saß man auch irgendwann entspannt neben einem der Gründer von ,GetYourGuide’ und war in kurzer Hose per du“, erinnert sich Schenker.

Technisch interessiert waren sie schon immer, nach dem Abitur soll es auch für beide in diese Richtung gehen; Horn möchte Industriedesign und Schenker Maschinenbau studieren. Weitere Projekte seien zum aktuellen Stand noch nicht geplant: „Es wird nicht das letzte Projekt sein, aber jetzt gerade haben wir noch alle Hände voll mit ‚blind Sonar’ zu tun“, sagt Schenker. „Uns geht es einfach darum, Menschen zu helfen. In vier Wochen halten wir hoffentlich den fertigen Protypen in den Händen. Wir wollen dann noch ein paar mehr produzieren und uns damit Feedback von Blinden einholen“, ergänzt Horn.

Beide sind sich einig, dass das Endziel noch lange nicht erreicht ist und es noch einiges zu tun gibt. Trotzdem: „Noch vor einem Jahr hätten wir nicht ahnen können, wie weit wir zum jetzigen Zeitpunkt gekommen sind“, sagt Schenker abschließend.

 
 
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