Sachsenheim Fehlende Schilder, zu viel Schotter und zu wenige Radwege

Von Bigna Fink
Für Fahrradfahrer kommt es auf der relativ engen und stark von Autos befahrenen Hauptstraße in Großsachsenheim oft zu gefährlichen Situationen. Foto: Martin Kalb

Fahrradfahren ist in der Stadt an vielen Stellen zu gefährlich. Das sieht auch die Rathausspitze so. Stadtrat Günter Dick fordert einen Masterplan. 

Sachsenheims Bürgermeister Holger Albrich macht es und der neue Fachbereichsleiter für Stadtentwicklung und Nachhaltigkeit, Michael Ilk, hat es nach gesundheitlicher Besserung vor: Wann immer es geht mit dem Fahrrad von zu Hause in Ludwigsburg ins Sachsenheimer Rathaus zu pendeln. Seit der Energiekrise ruft selbst der ADAC für Kurzstrecken zum Radfahren als Autoalternative auf.

Wie ist die Situation für Radfahrer in Sachsenheim, was soll besser werden? Das hat die BZ drei Radfahrer der Stadtpolitik gefragt und dabei fürs Erste hauptsächlich auf den Innenstadtbereich geschaut.

Bürgermeister Albrich will Radwegenetz ausbauen

„So lange es organisatorisch möglich ist, fahre ich mit dem Rad zur Arbeit“, sagt Holger Albrich. Eine knappe Stunde brauche er für die gesamte Strecke mit seinem Rad ohne Elektroantrieb.

Im Bietigheimer Wohngebiet Kreuzäcker angekommen fährt der Schultes den asphaltierten Feldweg bis zum Leonhardshof, der Abschnitt gehört zum touristischen Stromberg-Murrtal-Radweg. „Das ist mein Ausgleich. Im Alltag finde ich ansonsten kaum Zeit für Sport“, sagt der 52-Jährige. Albrich plant das Radwegenetz seiner Stadt auszubauen und setzt dabei auch auf die Unterstützung des Kompetenznetzes Klima Mobil. Über die aktuelle Lage meint er: „Die Wege innerhalb der Stadt sollten besser für Radfahrer ausgewiesen sein.“

Duschen und Abstellanlagen für eine gute Fahrrad-Infrastruktur

Sachsenheim sei weit davon entfernt, eine perfekte Stadt für Fahrradfahrer zu sein, meint Michael Ilk mit Blick auf die wenigen Fahrradwege. Was für den 59-Jährigen im Sachsenheimer Rathaus sehr positiv sei: „Es gibt Duschen, Umkleiden, Spinden. So kann man erfrischt in den Arbeitsmodus starten.“ Um eine gute Fahrrad-Infrastruktur zu gewährleisten, sollten örtliche Arbeitgeber für Duschen am Arbeitsplatz und sichere Abstellanlagen sorgen, meint Ilk.

Seit September ist Ilk im Amt.. Unter seiner Leitung als Ludwigsburger Baubürgermeister entstand 2019 der etwa zwei Kilometer lange Radweg in der Marbacher Straße in Ludwigsburg. Der Radweg sei zuerst sehr umstritten gewesen, werde nun von Anwohnern und Verkehrsteilnehmern aber sehr gut angenommen,

„Für kleinere Strecken müssen wir auch in Sachsenheim vom Auto wegkommen“, meint der Verwaltungsfachmann. Dafür sei es wichtig, vor allem Pendler zu erreichen, die auf das Rad umsteigen. „Fahrradpendler brauchen Wege mit gutem Untergrund, um schnell von A nach B zu gelangen“, sagt Ilk und sieht aufgrund vieler Schotterwege im Gebiet Sachsenheim Verbesserungsbedarf. Es fehle noch an einer sicheren Radwege-Infrastruktur.

Welche Radwege geplant sind

Aktuell seien Radwege zwischen dem Gewerbepark Eichwald und Unterriexingen, zum Neubaugebiet in Kleinsachsenheim Birkenfeld sowie zwischen Häfnerhaslach und Kirbachhof geplant. „Dafür sind öffentliche Mittel bereitgestellt worden“, bestätigt Bürgermeister Albrich und fügt hinzu: „Mit diesen konkreten Planungen möchten wir das Radwegenetz auch außerhalb der Innenstadt und zwischen den Teilorten verbessern und vervollständigen.“

Stadtrat Günter Dick ist unzufrieden: „Es gibt keinen expliziten Haushaltsposten für Fahrradwege in Sachsenheim.“ Das sei in Kommunen mittlerweile üblich, um konkrete Investitionen pro Jahr dafür zu ermöglichen.

Wegweiser für Fahrradfahrer fehlen

Der Grüne Lokalpolitiker Dick ist wie Bürgermeister Albrich und Abteilungsleiter Ilk begeisterter Radfahrer und zeigt der BZ den Innenstadtbereich Großsachsenheim per Rad. Die teils engen und stark von Autos befahrenen Straßen machen deutlich: Es fehlt nicht nur an Radwegen, sondern auch an Beschilderungen für die Fahrradfahrer.

Die Goethestraße soll als Pop-Up-Maßnahme im Rahmen des vom Land geförderten Programms Klima Mobil eine Fahrradstraße werden. „Ich finde die Maßnahme unnötig, da die Straße in einer nur mäßig mit Autoverkehr belasteten Tempo-30-Zone liegt.“ Die gemeinsame Nutzung von Auto und Fahrrad sei hier relativ ungefährlich, meint Dick.

Die Kreuzung Goethe-/Schloßgartenstraße sei gut mit Wegweisern ausgeschildert. Doch im Gebiet des stark frequentierten Verkehrsknotenpunkts Ludwigsburger-, Haupt- und Bissinger Straße fehlt jegliche Ausschilderung für Radfahrer. „Entlang dieser Ortsdurchfahrt gibt es weder Radweg noch sonst für Radfahrer vorbehaltene gesicherte Bereiche wie Radfahrstreifen“, zeigt Günter Dick.

Trotz Temporeduzierung auf 30 fühle er sich als Radler in der Hauptstraße sehr unsicher, „da der Autoverkehr zu stark ist und bei Überholvorgängen der vorgeschriebene Mindestabstand von 1,5 Metern nahezu nie eingehalten wird.“

Die Brunnenstraße ist aktuell als vorläufige Maßnahme des Projekts Klima mobil eine Einbahnstraße, doch fährt trotz Einfahrverbot ein Auto von der Haupt- in die Brunnenstraße. Das passiere häufig, so Dick, und führe zu Gefahrensituationen. Er schlägt Einfahrhindernisse für Autos vor, „damit präventiv die geänderte Verkehrsführung einbehalten wird.“

„Masterplan für Fahrradwege ist notwendig“

Auch in der Bahnhofstraße mit vielen parkenden Autos am Straßenrand fehlt es an gesicherten Radbereichen. Der Schloßgarten ist nur den Fußgängern vorbehalten, Radler müssen absteigen. „Eine zulässige Radnutzung hier wäre zur Entlastung der Hauptstraße eine sichere Verbindung in die Innenstadt“, schlägt Dick vor, der regelmäßig als Mitglied des Radtreffs Sachsenheim Touren in der Region Sachsenheim leitet.

„Anstatt immer nur Bruchstücke anzugehen,“ meint Dick über die Fahrradpolitik Sachsenheims, „ist eine jährliche Umsetzung anhand eines Masterplans am dringlichsten.“

Schülersprecher: Hauptstraße zu eng für Fahrradfahrer

Und wie empfinden Schüler die Situation für Fahrradfahrer in Sachsenheim? Ayham Hamaydeh ist Schülersprecher der Realschule Sachsenheim und gelegentlich mit dem Fahrrad unterwegs, jetzt gegen Winter aber meist zu Fuß oder mit einem E-Roller. Circa 120 Fahrräder stehen im Herbst durchschnittlich unter dem großen Fahrradständer vor der Schule, schätzt er. Der bald 15-Jährige findet, dass es mehr Fahrradwege in Sachsenheim bräuchte. Die Hauptstraße sei für Radfahrer eigentlich zu eng und auf dem Gehweg störten sie Fußgänger. Hamaydeh hält das Thema jedoch nicht für allzu dringend: „Sachsenheim ist eine schöne kleine Stadt, und es ist insgesamt schön, hier herumzufahren.“ Die Straßen seien nun einmal leider relativ schmal, auch für Autos. Deshalb verstehe er auch, dass die Autofahrer genug Platz bräuchten: „Die Leute müssen ja irgendwie zur Arbeit fahren.“

Beteiligung beim Fahrrad-Klima-Test 2022

Macht das Radfahren vor Ort Spaß oder ist es stressig?“ ist die Hauptfrage im Fahrradklima-Test des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC), dessen Online-Teilnahme noch bis heute, 30. November, möglich ist. „Es würde mich sehr freuen, wenn sich noch viele Radfahrende aus Sachsenheim beteiligen“, sagt Michael Ilk von der Stadtverwaltung.

Der vom Verkehrsministerium geförderte Test ist laut ADFC eine der weltweit größten Umfragen dieser Art und soll einen umfassenden Überblick zur Lage des Radverkehrs in den Kommunen geben. In Sachsenheim haben bisher 100 Menschen mitgemacht, immerhin pro 10000 Einwohner deutlich mehr als etwa in Bönnigheim oder Ludwigsburg.

 
 
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