Bei Feintool in Sachsenheim wurde am gestrigen Montag nicht gearbeitet. Schon um 9 Uhr morgens trafen sich die Mitarbeiter zu einer Betriebsversammlung, die erst am Nachmittag endete. Ihnen brennt ein Thema unter den Nägeln: die drohende Schließung des Standortes bis Anfang 2027. „Es herrscht Stillstand“, kommentierte Andreas Ivenz, der Vorsitzende des Betriebsrats, während einer Pause den Stand der Verhandlungen. „Wir treten auf der Stelle.“. Bislang haben sich die Geschäftsführung und die Aktionäre der in der Schweiz ansässigen Feintool-Zentrale nicht auf die alternativen Vorschläge von Betriebsrat und Gewerkschaft eingelassen.
Sachsenheim Feintool: „Das ist nicht irgendein Betrieb“
Im Kampf um die drohende Schließung des „Blechle“ setzen die Arbeitnehmer der Firma auf den öffentlichen Druck von Bevölkerung und Kommunalpolitik.
5000 Postkarten an die Bevölkerung verteilt
Vordergründig ging es bei der Betriebsversammlung im Sachsenheimer „Blechle“ um organisatorische Dinge. Vertreter des Arbeitsamts und der Rentenversicherung erläuterten gesetzliche Regelungen, der Betriebsrat und Markus Linnow, Sekretär der IG Metall, gaben ihren Tätigkeitsbericht ab. Doch den Vertretern der Arbeitnehmer ging es bei der Betriebsversammlung vor allem um die Außenwirkung, sie wollen öffentlich Druck ausüben.
Um sich den Rückhalt der Sachsenheimer Bevölkerung zu sichern, wurden 5000 Postkarten an die Haushalte verteilt. Rund 300 Rückläufer gingen ein.
Betriebsrat schreibt Brief an Hauptaktionär
An den Hauptaktionär von Feintool hat der Betriebsrat einen Brief geschrieben, der bei der Versammlung verlesen wurde. Der Feintool-Eigentümer wurde aufgefordert, sich selbst einen Eindruck von der Situation in Sachsenheim zu machen. Im September läuft die Kurzarbeit bei Feintool aus. Das Unternehmen hat vor allem mit der Flaute im Bereich der Elektromobilität zu kämpfen. Nachdem die Förderung für den Kauf von Elektroautos gestrichen wurde, blieben Aufträge aus oder wurden storniert.
Öffentlichen Druck auf Feintool erhoffen sich die Beschäftigten auch durch die Unterstützung von Fabian Gramling, Bundestagsabgeordneter der CDU. Ihm sei es wichtig, seine Solidarität für die Mitarbeiter auszudrücken, sagte Gramling im Gespräch mit der BZ am Rande der Versammlung. Er forderte die Geschäftsführung von Feintool auf, auf die Argumente der Arbeitnehmer-Seite einzugehen.
Es sei „nicht irgendein Betrieb“, der geschlossen werden soll, sagte Lars Weydt von der CDU, der im Namen des Sachsenheimer Gemeinderates sprach und mit seinen Gemeinderats-Kollegen Jutta Glöckle (SPD) und Matthias Werhan (WIR) gekommen war.
Das „Blechle“ sei vielmehr ein Unternehmen, das „über Jahrzehnte hinweg Arbeit, Perspektive und Zusammenhalt geschaffen hat“, betonte er. Weydt appellierte an die Unternehmensleitung „gemeinsam nach Lösungen zu suchen, die den Fortbestand dieses traditionsreichen Unternehmens sichern können“. Der Gemeinderat sei bereit, dazu seinen Beitrag zu leisten, um kreative und nachhaltige Lösungen zu finden.
Betriebsrat legte Vorschläge vor, die weniger Arbeitsplätze kosten
Die Gespräche zwischen den Beteiligten werden an diesem Mittwoch fortgesetzt. Vorerst geht es noch nicht um einen Sozialplan, sondern „um das Grundsätzliche“, sagte Betriebsratschef Ivenz. Die Arbeitnehmer haben Vorschläge vorgelegt, die im Maximalfall 96 Mitarbeiter den Arbeitsplatz kosten. Verwaltung und Kantine könnten verkauft werden, Sachsenheimer Betriebsteile im Vaihinger Werk integriert werden. Bei einer Schließung des Werkes droht dagegen der Verlust des Arbeitsplatzes für 200 der 450 Mitarbeiter an beiden Standorten. Feintool möchte Produktion nach Ungarn verlagern. Ivenz wies auf die Risiken einer Schließung des Sachsenheimer Werks hin. Dadurch ginge alle Unterstützung für das Werk in Ungarn verloren.