Sachsenheim Feintool: Zwischen Hoffnung und Kampfbereitschaft

Von Jörg Palitzsch
Betriebsversammlung bei Feintool Markus Linnow von der IG Metall Ludwigsburg im Gespräch mit der Belegschaft aus Sachsenheim. Foto: /Oliver Bürkle

Im Hasenheim haben die IG Metall und der Betriebsrat die Beschäftigten von Feintool auf schwierige Zeiten eingestimmt.

Für Andreas Ivenz, Betriebsrat von Feintool in Sachsenheim, gibt es eine klare Zielrichtung. Die Beschäftigten werden um den Erhalt des Standortes kämpfen, „wir sind im Aktionsmodus.“ Und dies könne auch in der Schweiz nicht unbemerkt bleiben. Der Schweizer Konzern Feintool hat erst vor drei Jahren Kienle + Spiess übernommen. Es gibt Beschäftigte, die schon in der dritten Generation am Standort sind. Erst vor kurzem gab es noch 40-jährige Betriebsjubiläen, so Ivenz. Nachdem das Unternehmen aber verkündet hat, rund 200 der 450 Arbeitsplätze abbauen zu wollen und die Produktion bis 2027 ganz einzustellen, ist die Unruhe in der Belegschaft groß. Mittlerweile wurden auch, wie berichtet, die Gewerkschaftspläne für eine Aufrechterhaltung des Standortes von Arbeitgeberseite zurückgewiesen. „Bis vor kurzem haben alle noch an diese Alternative geglaubt, jetzt sind alle frustriert“, beschreibt Ivenz die Stimmung im Betrieb. Aber wenn nicht weiterverhandelt wird, werde man mit der Resthoffnung nach vorne gehen.

Auf Aktionen eingestimmt

Wenn der Arbeitgeber die Tür zuschlägt, werde man kämpfen, ergänzt Markus Linnow, Gewerkschaftssekretär der IG Metall Ludwigsburg, der im Sachsenheimer Hasenheim am Samstag die Beschäftigten auf unterschiedliche Aktionen einstimmte. Ziel sei es, die Sachsenheimer Bevölkerung einzubinden. Linnows abgelehnte Alternative zur Schließung sieht eine Integration der Verwaltung und des Technischen Services in das Hauptwerk vor. Der Vorteil: So könnten Teile des Gebäudes verkauft und der Erhalt doch noch abgesichert werden.

Ein Augenmerk legt der Sekretär auf den weiteren Ausbau der Technologiekompetenz. Etwa mit „Glulock“, eine punktgenaue Verklebung dünner Bleche, und auch der „Spaltanlage“, wo Bleche unterschiedlichster Abmessung bearbeitet werden und man auf Kundenwünsche kurzfristig und schnell reagieren könne. Im Gespräch ist ebenso eine Verlagerung von Arbeitsplätzen nach Vaihingen, wobei man um die schweren Entscheidungen wisse, denen man sich nicht verwehre, so Linnow. Komme der Alternativvorschlag zum Zug, würden allerdings immer noch 100 Arbeitsplätze auf der Kippe stehen. Und dies im Unternehmen, das seinen Angaben zufolge monatlich mit einem niedrigen siebenstelligen Betrag ins Minus rutscht.

Allerdings scheint eine Lösung in weitere Ferne, nachdem der Verwaltungsrat des Konzerns mitgeteilt hat, dass eine Zukunft für den Standort Sachsenheim vom Tisch sei.

So hat Linnow auch schon jene Zeit im Blick, in der das Werk tatsächlich geschlossen werden könnte. Dann müsste es Verhandlungen geben über einen Sozialplan, einen Rentenplan, Vorruhestandsregelungen und Abfindungen. „Um dies kommt Feintool nicht herum.“ Betriebsrat Ivenz macht darauf aufmerksam, dass es nicht nur hoch qualifizierte Mitarbeiter im Betrieb gebe, für die weniger qualifizierten müsste eine Auffanggesellschaft sorgen. Man wolle jedoch so viele Arbeitsplätze wie mögliche retten.

„Wer nicht kämpft, hat verloren“

Nachdem er im Kampf um Unterstützung Bürgermeister Holger Albrich gebeten hatte, bei seinem nächsten Besuch auch den Weg zum Betriebsrat zu finden, gibt es nun kurzfristig ein Gespräch. „Wer nicht kämpft, hat schon verloren“, sagt Andreas Ivenz.

Unterdessen lässt das Unternehmen Feintool keinen Zweifel an seinen Plänen, wie im aktuellen Geschäftsbericht vermerkt ist. In Europa, dem größten Markt für Feintool, sei die Nachfrage nach Elektroblechkomponenten, die in E-Fahrzeugen genutzt werden, eingebrochen.

Verlagerung nach Ungarn geplant

Bei Industrieanwendungen sei die Nachfrage auf einem sehr niedrigen Niveau geblieben. Zur nachhaltigen Verbesserung der Profitabilität werde die Serienfertigung am Standort Lyss in der Schweiz nach Most in die Tschechischen Republik verlagert. Zudem sei geplant, die Produktion vom Standort Sachsenheim nach Tokod in Ungarn zu verlegen. Die erwarteten Kosteneinsparungen belaufen sich nach Umsetzung der geplanten Maßnahmen nach Angaben des Unternehmens auf 20 bis 25 Millionen Schweizer Franken pro Jahr. „Die europäischen Restrukturierungsprogramme werden im Zeitraum 2025 bis 2026 umgesetzt“, heißt es entschlossen im Geschäftsbericht.

 
 
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