Sachsenheim Frontalunterricht ade – neue Lernformen sind im Kommen

Von Michaela Glemser
Testeten neue Lernformen anhand des Themas „Börse“ (von links): Julia Glemser, Amelie Weller, Lehrer Albrecht Schächterle, Mathilda Hertweck und Paul Bauer vom Lichtenstern-Gymnasium. Foto: /artin Kalb

Neunte Klassen des Lichtenstern-Gymnasiums sind im Profilfach Ökonomie für den Würth-Bildungspreis nominiert.

Frontalunterricht, bei dem die Schüler dem Vortrag des Lehrers mit detailliert aufbereitetem Wissen zuhören, war gestern. Der Zukunft gehören neue Formen des Lernens, mit denen die jungen Menschen auf die künftige Lebens- und Arbeitswelt vorbereitet werden sollen. Wie Lernen im Jahr 2040 aussehen kann, erproben gerade Schüler des Profilfachs Ökonomie in den neunten Klassen des Evangelischen Lichtenstern Gymnasiums.

Selbstständigkeit ist gefragt

„Lernen in der Zukunft wird bedeuten, dass sich die Schüler Wissen und Kompetenzen selbstständig aus den unterschiedlichsten, oft digitalen Quellen generieren müssen. So haben unsere Schüler zum Oberthema Börse selbstständig verschiedene Aspekte erarbeitet“, erklärt Lehrer Albrecht Schächterle.

Die Jugendlichen haben im Internet nach geeigneten Wissensquellen und Büchern recherchiert, um das Thema „Börse“ aus vielfältigen Perspektiven wie etwa einem nachhaltigen Investment, dem mathematischen Blickwinkel oder aus historischer Sicht beleuchten zu können.

Doch dieser selbstständig erarbeitete Lernstoff soll nicht mehr länger nur schulischer Selbstzweck bleiben, sondern als unternehmerisches Projekt und als gesellschaftlich relevantes Endprodukt auch einen sozialen Mehrwert stiften und die Schule nach außen öffnen.

„Wir arbeiten an diesem Thema ‚Börse‘ wie in einer kleinen Schülerfirma mit viel unternehmerischem Denken und bereiten eine Ausstellung vor, bei der die Schüler das selbst erarbeitete Wissen der Öffentlichkeit präsentieren“, sagt Schächterle. Die Vernissage soll am Mittwoch, 31. Januar, ab 19.30 Uhr im Lichtenstern-Gymnasium sein. Die Schüler werden dabei auch die Bewirtung selbst organisieren. Das Schülerunternehmen soll jedoch keinen Gewinn erzielen, sondern nur weitgehend die Kosten einspielen.

Anschließend wird die Ausstellung weiterziehen, damit möglichst unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen von der Arbeit der Schüler profitieren. Unter anderem soll sie auch im benachbarten Pflegeheim „Sonnenfeld“ zu sehen sein.

Bildungspreis im Visier

Zudem ist dieses innovative Lernprojekt für den angesehenen Würth-Bildungspreis nominiert, für den in diesem Schuljahr sechs Schulen aus ganz Baden-Württemberg ausgewählt wurden.

„Uns kommt es beim Würth-Bildungspreis vor allem auf die Förderung der ökonomischen Bildung der Schüler an ebenso wie auf ihre aktive Beteiligung, die Projektplanung, den Transfer und die Nachhaltigkeit sowie die Evaluation und das Qualitätsmanagement“, sagt Sonja Vasquez von der MTO Psychologischen Forschung und Beratungs GmbH aus Tübingen, die den nominierten Schulen als externe Beraterin zur Verfügung steht. Vasquez wird die Schüler des Lichtenstern-Gymnasiums das Schuljahr über bis zur Abschlusspräsentation im Juni kommenden Jahres begleiten, bevor im Juli die Würth-Bildungspreise verliehen werden.

In diesem Schuljahr sind neben dem Lichtenstern Gymnasium noch zwei weitere Gymnasien, zwei Gemeinschaftsschulen und ein Sonderpädagogisches Beratungszentrum (SBZ) nominiert.

„Bei Erfolg wollen wir dieses projekt-basierte Lernen als unternehmerisches Projekt auch in den folgenden Schuljahren und in anderen Fächern anwenden. Dies kann auch interdisziplinär aus unterschiedlichen fachlichen Blickwinkeln sinnvoll sein“, sagt Lehrer Schächterle.

Schüler sind begeistert

Seine Schüler jedenfalls sind bis jetzt sehr angetan. „Es macht Spaß, Themen selbst zu recherchieren und sich zu erarbeiten“, erzählt Chiara Brunnberg. Und ihre Mitschülerin Mathilda Hertweck ergänzt: „Wenn mich ein bestimmter Themenbereich sehr interessiert, kann ich dabei auch tiefer einsteigen. Die Motivation zum Lernen ist dabei sehr viel größer.“

Dies bestätigt auch Amelie Weller, die darauf verweist, dass jeder Schüler in seinem eigenen Tempo sich den Lernstoff für ihn verständlich erarbeiten könne. Ihr Mitschüler Leander Dobler gesteht ein, dass es zunächst auch eine Umstellung war, kein Lehrbuch oder keine Arbeitsblätter mehr vom Lehrer zu erhalten, sondern sich alles selbst erarbeiten zu müssen.

Doch Lehrer Schächterle betont, dass dies eine gute Vorbereitung auf die Arbeitswelt oder das Studium sei. Er will auch datenschutzkonform die künstliche Intelligenz „Chat GPT“ im Unterricht zum Einsatz bringen. Schächterle stützt sich beim Gesamtprojekt auf die vielfältig wissenschaftlich dokumentierten Erfahrungen mit dem sogenannten „Project Based Learning“ in den USA.

 
 
- Anzeige -