Im Gegensatz zu majestätischen Domen, imposanten Orgeln oder etwa virtuosen sakralen Wandmalereien rücken Kleinode nicht unbedingt sofort oder immer wieder in den Fokus von Betrachtern religiöser Werke. Und doch sind gerade sie es hier und dort, die eigentlich eines schärferen Blickes wert sind. Beispielsweise das Kruzifix in der evangelischen Kirche im Sachsenheimer Stadtteil Ochsenbach.
Sachsenheim Geschichtsträchtiges Sinnbild
Paul Schmid stellt in der „Mörin“ das Kruzifix der evangelischen Kirche Ochsenbach vor.
Rund zwei Jahre lang recherchiert
Paul Schmid hat dort explizit das getan: genau hingeschaut. Der bekannte, geschichtlich interessierte Verfasser von bisher 17 Beiträgen in der „Mörin“ und in anderen Publikationen hat rund zwei Jahre lang in Archiven und weiteren Stellen recherchiert, um nun das Sinnbild des Gekreuzigten im Gotteshaus seines Geburtsortes Ochsenbach der Öffentlichkeit vorstellen zu können.
Das Kruzifix steht, nach einem gewissen Standort-Hin-und-Her, direkt hinter dem Altar im Mittelpunkt der Kirche. Es zeigt den gekreuzigten Christus, der das Martyrium überstanden hat und gestorben ist. Das Werk, dessen Corpus in anatomischer Genauigkeit dargestellt ist, gehört zum Dreinageltypus, wie es seit der Gotik und Renaissance auch im Barock üblich gewesen ist.
Bemerkenswert ist die vielseitige Geschichte, die hinter diesem christlichen Symbol steckt und die erst nach schwieriger Recherche zutage trat. Ging man bisher davon aus, dass die Kirchengemeinde das testamentarische Vermächtnis des 1671 verstorbenen Katholiken Frantz Klingler zur Anschaffung eines Kruzifixes nicht annehmen durfte, ergaben die Nachforschungen, dass der Nachlass des ohne Angehörige verstorbenen Erblassers der Gnädigen Herrschaft zugefallen war.
Der Pfarrer gab 1681 in Erwartung des Legats das Kruzifix in Auftrag, musste es aber vorfinanzieren, weil sich die Herzogliche Regierung mit der Erstattung der aufgewendeten zwölf Gulden bis zum Jahr 1687 Zeit ließ.
Herstellung im Jahr 1684
Der Bönnigheimer Schreinermeister Schramm hatte den Corpus der Christusfigur wohl aus einer darauf spezialisierten Werkstatt bezogen und damit das Gesamtkunstwerk 1684 hergestellt. Der Orgelbauer Friedrich Philipp Wiegleb, der bis Juni 1744 die neue Orgel erstellt hatte, stammte ebenfalls aus Bönnigheim.
Paul Schmid, der ehemalige Notar aus Bietigheim-Bissingen, hat seine Darstellung des Kunstwerks in der auf etwa 1290 datierten Kirche unter besonderer Berücksichtigung der Geschichte des Gotteshauses ansehnlich bebildert – auch darum lohnt sich die intensive Betrachtung seiner Arbeit.
Die Kirche war ursprünglich Maria geweiht und wird deshalb in neuerer Zeit auch als „Liebfrauenkirche“ bezeichnet; allerdings erscheint dieser Name in den Annalen an keiner Stelle.
Ein Segment dieser Ausgabe der „Mörin“ erinnert an das wertvolle Wirken von Sachsenheims Ehrenbürger Hermann Albrecht im Verein für Heimatgeschichte Sachsenheim, konkret für die Zeitschrift. In 17 Jahren hat er, wie von der BZ berichtet, als Schriftleiter 70 historische Hefte gemeistert und nun das Amt Anfang des Jahres 2025 abgegeben.
Walter Christ
Wo es die Zeitschrift zu kaufen gibt
Historie
Die „Mörin“ gibt es bei Schreibwaren Bader sowie im Sachsenheimer Stadtmuseum. Das Heft kostet vier Euro.